Freitag, Dezember 23, 2011

Eine (fast) perfekte Saison.

"Der Lauf startet in Bregenz. Angenehme Temperaturen herrschen an diesem Samstag im März. Die schnellsten Läufer aus dem Vorarlberg sind am Start, aber auch Teilnehmer aus Deutschland und der Schweiz. 32 Kilometer, den Bregenzerwald hoch bis nach Lingenau, 795 Höhenmeter gilt es zu bewältigen. Schnell integriere ich mich in der Spitzengruppe. Vorbei an kleinen Dörfern, entlang an kaum befahrenen Strassen. Alle paar Kilometer muss ein Läufer der hohen Geschwindigkeit Tribut zollen und lässt sich zurückfallen. Das Feld der Führenden wird immer kleiner. Als wir nur noch zu Fünft sind, denke ich an einen Platz unter den ersten Drei. Bei Kilometer 28 ist es nur noch eine Vierergruppe und schon bald fällt ein weiterer Läufer zurück. Ich wage einen Angriff, instinktiv, mit Mut, mit guten Beinen. Ich erreiche einen Kilomter Schnitt von 3.30min. Niemand kann mir Folgen. Vor mir nur das Spitzenfahrzeug. Ich gewinne mein erstes Rennen. Meine Familie empfängt mich am Ziel. Ein wunderschöner, unvergesslicher Moment."

Hatte das Jahr 2010 mit dem traumhaften London Marathon und dem Podestplatz (M30) beim Arlberg-Montafon Marathon schon einige Höhepunkte parat, sollte das folgende Jahr für mich noch besser werden. Da ich sozusagen nie eine Laufpause einlege konnte ich meine gute Form nahtlos ins neue Jahr mitnehmen. Die stark besetzte Crosslauf Serie in Lustenau verschaffte mir im Winter eine Tempohärte. Die mehreren Top-Platzierungen beim Laufcup steigerten zudem mein Selbstvertrauen. Die ersten Lorbeeren durfte ich beim Halbmarathon in Oberriet ernten. Ich konnte eine neue persönliche Bestzeit von 1h 16min erzielen. Danach sollte der erste Saisonhöhepunkt folgen. Der Linz Marathon in Niederösterreich. Eine Zeit zwischen 2h 40min-2h 45min war mein Ziel. Lag ich bei Rennhälfte noch auf Kurs für diese Endmarke, reichte es schliesslich "nur" zur neuen persönlichen Bestzeit von 2h47min. Im letzen Teil des Rennens durchlief ich eine Krise. Der Gegenwind und schwere Beine machten mir zu schaffen (lag es am schnellen Halbmarathon zwei Wochen zuvor?). Trotz allem begeisterten mich, einmal mehr, die netten Helfer und Zuschauer in Österreich. Schliesslich geht es ja nicht nur um Tempobolzerei. Ein gutes Essen am Vorabend des Marathon, ein feines Getränk nach dem Lauf, nette Gespräche mit anderen Leuten, neue oder bereits bekannte Städte laufend erleben. All dies gehört für mich zu einer Marathon Reise dazu.


Nach dem Rennen in Linz stand ein wahrer Klassiker an, die 20km de Lausanne galt es zu absolvieren. Ein Laufperle mit einem fantastischen Publikum. Die 20 Kilometer mit den vielen Steigungen in der Lausanner Altstadt haben es durchaus in sich. Mit dem 29. Rang unter 2847 Teilnehmern und dem 14. Rang in meiner Altersklasse war ich bei diesem stark besetzten Teilnehmerfeld überaus zufrieden. Nun stand die Berglauf Saison an. Nach dem "Gehetze" im Frühling freute ich mich nun auf neue Herausforderungen.

Die einzelnen Etappen des Rheintal-Walgau Berglaufcup und die Kreuzegg Classic bildeten meine Vorbereitung auf den LGT Alpin Marathon in Liechtenstein. Da ich überall persönliche Bestzeiten aufstellen konnte ging ich mit einem guten Gefühl an den Start des Berg-Marathon im Ländle. Ich erreichte einen Top Ten Platz und erlebte meinen zweiten Traumlauf der Saison. Schon 14 Tage später wartete der nächste Höhepunkt. Ich durfte anlässlich des Muttersberglauf den dritten Gesamtrang beim Rheintal-Walgau Berglaufcup feiern. Eine Flasche Grappa als „Preisgeld“ und eine grosse innere Zufriedenheit waren der Lohn dafür. Zusammen mit den Schwiegereltern und meiner Familie verbrachten wir einen gemütlichen Nachmittag in einer Berghütte oberhalb von Bludenz. Das war auch so ein unvergesslicher Moment im Laufjahr 2011.

Beim Hundwilerhöhelauf kurz vor den Sommerferien lief ich mit schweren Beinen auf den dritten Gesamtrang und gewann die Hauptklasse auf der Strecke Herisau-Hundwilerhöhe. Müde Beine und ein müder Kopf waren nun aber froh, um die erste Wettkampfpause der Saison. Nach dem Urlaub am Gardasee, wo ich meine Trainingsrunden in einem herrlichen Naturpark drehte, hiess mein nächstes Ziel Davos. Nach dem letztjährigen 78 Kilometer Ultra-Lauf sollten es dieses Jahr die 21 Kilometer von Klosters nach Davos sein. Der Lauf glückte mir nicht wunschgemäss. Ein Hungergefühl plagte mich bis zu Rennhälfte. Ich hatte mich wohl am Vormittag nicht ideal verpflegt, auch nach bald 10 Jahren Wettkampferfahrung lernt man nicht aus. Trotzdem reichte es auch bei diesem Lauf für den 2.Rang in meiner Altersklasse.

Nun kam der Lauf, mit dem ich seit dem Überqueren der Ziellinie eine Rechnung offen habe. Der Berglauf Klassiker Sierre-Zinal hat es in sich. Die extrem steilen ersten Kilometer schocken einen erstmaligen Teilnehmer. Selbst das Höhenprofil auf der Homepage kann einen Bergläufer nicht auf diese Qualen vorbereiten. Das erste Mal seit Jahren fühlte ich mich im Ziel körperlich am Ende, dies war nicht mal nach dem Ultra Marathon in Davos der Fall. Sierre-Zinal ich komme wieder!

Der Rütilauf, Etappenort des Züri Laufcup, bildete im September den Start zu meiner Herbsaison. Heisse Temperaturen, selbst im Wald sorgten für grosses Schwitzen und ich lief eine gute Zeit. Der Brunnen im Ziel entlohnte die Teilnehmer für die Strapazen. Meine Kinder freuten sich über den Ballonwettbewerb des Hauptsponsor. Später litt ich während des schlechten Gastspiel des FC Gossau in Rapperswil mehr, als während des Hitze-Lauf.

Mitte September startete ich beim Greifenseelauf. Fast alle, die irgendetwas mit Laufen am Hut haben, finden sich in Uster ein, vom übergewichtigen Gelegenheits-Jogger bis zu Viktor Röthlin. Wieso ich das auch noch Jahr für Jahr mache, kann ich mir auch nicht erklären? Ein mühsames Geschupfe und Gedränge am Start, eine Strecke dir mir nicht wirklich gefällt. Dazu meistens warme Temperaturen aufgrund der Startzeit am Nachmittag. Da kam es nicht überraschend, dass ich auch dieses Jahr die Zeit unter 1h 20min um eine Minute verfehlte. Trotzdem wäre es keine Überraschung, wenn man mich auch 2012 wieder auf der Startliste finden würde.

Nach dem Greifenseelauf kamen Zweifel an der Form, die ich aber zwei Wochen später wiederlegen konnte. Beim Halbmarathon anlässlich des 3-Länder Marathon in Lindau lief ich meinen dritten Traumlauf der Saison. Mit einer Zeit von 1h 17min erreichte ich den dritten Rang in meiner Alterskategorie. Im Ziel hatte ich zudem das Gefühl nicht wirklich ausgelaugt zu sein. Danach ging es zum Fischen, wobei sich dort der Erfolg nicht einstellen sollte. Zum Leidwesen meiner Tochter.
Eine Woche vor meinem grossen Herbst-Highlight lief ich dann beim Laufcup im Speicher ebenfalls wieder als Dritter über die Ziellinie.

Frankfurt Marathon! Zweitgrösster Marathon Lauf in Deutschland, eines der Teilnehmer stärksten Rennen in ganz Europa. Sehr akribisch bereitete ich mich auf dieses Abenteuer vor. Leider nervte ich damit manchmal meine Frau. Doch ich wollte nichts unversucht lassen, um endlich die Zeit unter 2h 45min zu erreichen. Da kann es entscheidend sein, ob es nun beim Mittagessen Pizza, oder eben doch besser Spaghetti gibt :-).
Die Stadt am Main hat den perfekten Marathon geliefert, besser kann man wohl so einen Anlass nicht organisieren. Trotz schnellem Kurs reichte es aber wieder "nur" zur neuen persönlichen Bestzeit. Nochmals 40 Sekunden schneller als in Linz. Der Einbruch kam wie in Linz zwischen Kilometer 34 und 37. Hier vergab ich mein Zeitziel. Wenn es in dieser Saison eine wirkliche Enttäuschung gab, war es das Verpassen dieser Marke. Trotzdem konnte ich meine Marathonbestzeit gegenüber dem Vorjahr um 5 Minuten verbessern. Darauf trank ich zufrieden ein "Äppelwoi" und freute mich auf die Zugfahrt zurück in die Schweiz.

Sozusagen als Schlusspunkt des Jahres kam der Frauenfelder Halbmarathon und damit auch ("Ole, Ole") der vierte Traumlauf der Saison. Das Ziel erreichte ich nach 1h14min27 Sekunden, ganz klare neue persönliche Bestzeit und der 11.Rang unter 841 Teilnehmern.
Eine Woche später, lief ich gesundheitlich bereits leicht angeschlagen, auf den dritten Rang beim Laufcup in Henau. Mein Husten machte mir nach dem Lauf Sorgen, völlig zu Recht wie sich herausstellen sollte.

Der Weihnachtslauf, mein Heimrennen, fand dieses Jahr nämlich ohne mich statt. Das erste Mal seit drei Jahren litt ich an einer Grippe. Sportlich hatte ich für diesen Lauf keine grossen Ziele, da die Streckenlänge nicht meinen Stärken entgegenkommt. Trotzdem war es Schade, diesen Lauf das erste Mal seit 10 Jahren zu verpassen.

Eine schöne Überraschung hatte der Dezember trotz der gesundheitlichen Probleme doch noch parat. Ich wurde für die Wahl zum Gossauer Sportler des Jahres nominiert. Eine Nomination, die mich unheimlich freut. Mein Wohnort liegt mir sehr am Herzen. Ich engagiere mich politisch in Gossau, bin Anhänger des lokalen Fussballvereins und lebe nun schon 25 Jahre hier. Ich freue mich sehr über die engagierte "Wahlwerbung" von Freunden, Familie, Bekannten und dem Laufverein.

Allgemein bin ich dankbar für die wertvollen Tipps von routinierten Laufkollegen, die harten Intervall-Trainigseinheiten mit meinem deutschen Trainigspartner, das Interesse und die motivierenden Worte von Familie, Freunden und Bekannten.
Vor 10 Jahren begann ich mit dem Laufen. Anfänglich mit Fussballtrikot, alten Hallenschuhen und sackschwacher Kondition. Ich war stolz auf mich, wenn ich 20 Minuten durchlaufen konnte. Im Jahr 2011 kann ich mir ein Leben ohne Sport nicht mehr vorstellen.

"Niemand kann mir Folgen. Vor mir nur das Spitzenfahrzeug. Ich gewinne mein erstes Rennen. Meine Familie empfängt mich am Ziel. Ein wunderschöner, unvergesslicher Moment."

Montag, November 21, 2011

TSV Fortitudo Gossau : TSV St.Otmar St.Gallen 38:24

Handball
NLA
1200 Zuschauer

Selten bis eigentlich gar nie sehe ich in letzter Zeit begeisternde Auftritte einer Gossauer Sport-Mannschaft. Zugegeben beschränken sich meine Besuche auf den örtlichen Fussballverein, darum ist diese Tatsache nicht weiter verwunderlich. Am letzten Freitag traute ich daher kaum meinen Augen und Ohren.

"Man könne das Spiel auch draussen schauen" meint ein stolzes Vereinsmitglied beim Turnhallen Eingang. Vor der Buechenwald Sporthalle steht eine Grossleinwand. Das Schweizer Sport Fernsehen überträgt das Ostschweizer Handball Derby in die nationalen Wohnstuben. 1'200 Zuschauer bevorzugen trotzdem das Live Erlebnisse in der Heimspielstätte von Fortitudo Gossau. Sie sollten ihren Entscheid nicht bereuen.

An der Reinlichkeit der Halle hat sich seit meiner Schulzeit nicht viel verändert. Auf der Tribüne dürfen auch im Jahre 2011 keine Getränke und Lebensmittel verzehrt werden. Dies obwohl die Turnhalle mittlerweile sanierungsbedürftig ist. Ansonsten ist der veranstaltende Handballverein um das Wohl seiner Gäste äusserst bemüht. Moderate Bierpreise und eine freundlicher Service im "Forti-Beizli". Selbst das Stehen auf den Zwischengängen der Tribüne wird nach einigem Hin und Her erlaubt.

Die Buechenwaldhalle ist rappelvoll, Sitzplätze sind ein rares Gut und die Nervosität steht den treusten Handballfans ins Gesicht geschrieben. "Hopp Gossau, Hopp Gossau" hallt es durch die Heimspielstätte von Fortitudo. Beinahe ein Fürstenländer Hexenkessel der sich an diesem Abend bildet. Eine ähnliche Stimmung hab ich in dieser Stadt zuletzt beim NLB-Fussballderby gegen den FC St.Gallen erlebt.

Fortitudo bedeutet Tapferkeit und Stärke, beides zeigt die Heimmanschaft an diesem Tag auf vorbildliche Art und Weise. Gegen den stärker eingestuften Gegner aus der Kantonshauptstadt wächst jeder Spieler über sich hinaus. In den ersten 30 Minuten gelingt dem Aussenseiter beinahe jeder Abschluss. Wäre hier nicht ein brisantes Kantonsderby im Gang, man hätte beinahe Mitleid mit dem St.Otmar Goalie. Ein Kollege, der anderen Sportarten deutlich näher steht als dem Handball, meint über den Spielverlauf: "da isch jo wie Playoff oder wie heisst da scho wieder? Powerplay glaubs, oder?"

Beigeistert klatscht die anwesende Gossauer Bevölkerung in die Hände, als die Gastgeber das Spielfeld zur Pause verlassen. Es steht 21:14. Die "Otmärler" wirken leicht konsterniert. Der Spielverlauf entspricht nicht ihren Vorstellungen. Ein langjähriges Fortitudo Vereinsmitglied bleibt trotz des klaren Resultat skeptisch. "Mol luege öps äm Schluss langed." meint er und nimmt einen Schluck lokalen Gerstensaft gegen die Nervosität.

Daniel Stahl, heisst die Deutsche Eiche bei Fortitudo Gossau. Beim blossen Anblick des germanischen Hünen würden Nicht-Handballer auf dem Feld schon das weite Suchen. Der Legionär trifft sieben Mal bei diesem Duell der Kantonsrivalen. "Diä Mannschaft spielt dän nöd immer so!" meint ein Dauergast des Gossauer NLA Vereins mit einem Augenzwinkern. In der Tat dominiert Fortitudo auch die zweite Hälfte nach Belieben. Als Handball-Laie geht der faszinierte Blick Richtung Spielfeld. Man ist verwundert, dass dieser Verein in der Tabelle nicht deutlich höher klassiert ist.

Das Schlussresultat von 38:24 ist ein klares Verdikt. Der kleinen Stadt gelingt gegen den grossen Nachbaren der erste Sieg in der Nationalliga A. Die Welle geht durch die Halle, ein für Gossauer Verhältnisse fast schon ekstatischer Gefühlsausbruch. Das Publikum liess sich am heutigen Tag von der Mannschaft mitreissen und sorgte für eine tolle Stimmung.

Im "Forti-Beizli" spricht man von einem denkwürdigen Abend. Ein lokaler Journalist und profunder Kenner der Handballszene führt mit fröhlichen Siegern und fairen Verlierern ein Interview. Die Stimmung ist beinahe ausgelassen, ausser natürlich bei den Anhängern der Gäste. Die siegreiche Mannschaft erscheint. Die über neunzigjährige Liselie klatscht Beifall. Die agile Gossauerin freut sich über die grossartige Leistung des Teams.

Beinahe wehmütig verlasse ich den Ort des Geschehen. Endlich sah ich wieder einen tollen Gossauer Auftritt. Leidenschaft, Willen, Einsatz und Können. Der lokalen Fussballmannschaft hätte ein Anschauungsunterricht sicherlich nicht geschadet.

Gästeblog: FC Gossau : SC YF Juventus Zürich 3:5

Gästeblog von Günther:

Gossau führte 3:1 und versaute das ganze innerhalb von 5 Minuten. 200 Zuschauer schütteln den Kopf. Bei den treusten Matchbesuchern besteht die akute Gefahr einer chronischen "Halscheri".

Mittwoch, November 16, 2011

Holland:Schweiz 0:0

Länderspiel
Amsterdam Arena
50'000 Zuschauer

Memphis ist der Geburtsort des Rock n'Roll. In Athen erfand man die Demokratie und in Neapel die Pizza und was stammt aus Amsterdam? Vielleicht kam ja ein Holländer auf die Idee benebelnde Substanzen in Coffeeshops anzubieten? Möglicherweise hatte ein Bewohner dieser Stadt auch den höchst fragwürdigen Einfall halbnackte Frauen in Schaufenstern auszustellen?

Eins steht aber ausser Frage. Das nicht wirklich hübsch anzusehende Kind namens "Moderner Fussball" kam in dieser Stadt zur Welt. Bereits in den Achtziger Jahren enstanden in der holländischen Metropole Pläne für ein hochmodernes Super-Stadion. 1996 war es dann soweit. Die Amsterdam Arena wurde eröffnet inkl. dem ganzen Pi-Pa-Po der heutigen Stadiongeneration. Aufladbare Geldkarten, verschliessbares Stadiondach und Sitzplätze allüberall.

An einem milden Novembertag duellierten sich in eben diesem Fussballtempel zwei ganz unterschiedliche Mannschaften. Der orange Vize-Weltmeister und die rot-weissen Eidgenossen. Letzgenannte hatten soeben in der EM-Qualifikation gegen die Grossmacht Montenegro den Kürzeren zogen. Aufgrund der konstant ideenlosen Darbietungen der "Nati" waren es nicht viele Schweizer, die den Weg in die Niederlande fanden. Das Publikum in den Pub's des Red Light District deutete jedenfalls nicht auf ein nahendes Fussballspiel der Schweizer Elite-Elf hin. Keine Kuhglocken um den Hals, keine Kuh-Hüte auf dem Kopf, keine Plastik Kuh-Euter am Hinteteil der Gäste.

Diese Tatsache stimmte unsere Reisegruppe nicht gerade unglücklich. Den Vorabend verbrachten wir, mitten unter der einheimischen Bevölkerung, in der Karaoke Bar eines holländischen Schlagerkönigs. Ernest sang seinen Hit "Alles is anders" ziemlich spät das letzte Mal in dieser Nacht. Das touristische Rahmenprogramm des nächsten Vormittag wurde daher aus Zeitmangel fallen gelassen.

Der Anblick der hübschen holländischen Grachten, nicht zu Verwechseln mit holländischen Trachten, verzückte uns daher erst am Nachmittag. Danach machten die einen dieses, und die anderen jenes lokale Kulturprogramm. Natürlich begeisterte vorallem der niederländische Künstler Rembrandt die intellektuelle Truppe, mit seinen grandiosen Werken aus der Barock Epoche.

Der Weg zum Stadion suchten die einen per Taxi, die anderen mit dem Zug. Gefunden haben ihn alle. Ein enstpannter Abend folgte. Die Schweizer Nati beisst nicht, sie lässt sich aber auch nicht Streicheln. Ein 0:0 war daher die fast logische Folge. Einzig die Raucher unter den Gäste-Fans echauffierten sich das eine oder andere Mal. Die Ordner machten Jagd auf ihr "Lungen-Brötchen". Eine ziemliche abstruse Doppelmoral bedenkt man doch, dass in der näheren Umgebung weiche Drogen legal konsumiert würden dürfen.

Ernest sang an diesem Abend nicht. Daher liess man die Nacht bei Bier und Automaten-Pommes Frites (ja, das gibt es tatsächlich) ausklingen. "Alles is anders" in Amsterdam.

Montag, November 14, 2011

Gästeblog: USV Eschen-Mauren:FC Gossau 3:1

Gästeblog von Voegtu:

USV Eschen-Mauren - FC Gossau
1.Liga
Sportpartk Eschen

Im Fussball gibt's keinen Konkjunktiv. Es ist immer alles möglich. Trotzdem: Die Hälfte der Meisterschaft war noch nicht gespielt und der Gegner vom Wochenende hatte schon drei mal so viele Punkte auf dem Konto als der FC Gossau.

Auf der anderthalbstündigen Hinfahrt ins liechtensteinische Eschen spekulierten wir also nur über die Höhe der sich abzeichnenden Niederlage.Umso erstaunter nahmen wir die ordentliche Leistung der Fürstenländer zur Kenntnis. Die einzigen guten Chancen wurden vom starken Adi Zürcher zunichte gemacht. Aber auch die Feldspieler spielten gut mit und erhielten noch in der ersten Halbzeit einen Elfmeter zugesprochen. Die 1-0 Führung, die bis zum Pausentee hielt, war nicht unverdient.

Weil wir in der Halbzeit Bier statt das englische Nationalgetränk konsumierten, hob sich die Stimmung und wir glaubten tatsächlich langsam an das Wunder vom Ländle. Ein Fehlentscheid eines Assis führte jedoch schon kurz nach Beginn des zweiten Durchgangs zu einem sehr unglücklichen Gegentor.

Unsere Zuversicht liess dennoch nicht nach, obwohl uns die Mannschaft in dieser Saison mehrheitlich enttäuschte. Ein Punkt wäre bis zu diesem Zeitpunkt verdient gewesen. Obwohl es seitens der Fürstenländer kaum mehr zu Offensivaktionen kam, war das Führungstor möglich. Aber die Chance wurde nicht genutzt. Im Gegenteil ging Eschen-Mauren mit einem astreinen Konter 2-1 in Front.Damit war der Kick gelaufen. Nach einem Frustfoul und einer überaus dämlichen roten Karte für Mehmeti gelang den Ländle-Spielern sogar noch das 3-1. Wirklich schade, weil Gossau mit dieser Leistung einen Punkt verdient gehabt hätte und mit dem Abstieg nichts zu tun hätte, wenn die Spieler immer so kämpfen würden. Leider gibt's den Konkjunktiv im Fussball offensichtlich doch.

Dienstag, November 01, 2011

Die Skyline vor Augen...(Frankfurt Marathon 2011)

Ich stehe vor dem Hotel und blicke auf die imposanten Wokenkratzer der Frankfurter Skyline. Gleichzeitig läuft eine heruntergekommene Frau an mir vorbei, nervöser Blick und Crack-Pfeiffe in der Hand. Für diese Gegensätze ist die 680'000 Einwohner Stadt bekannt. Banken-Hochhäuser und berüchtigtes Bahnhofsviertel liegen hier nur wenige Meter ausseinander. Die hessische Metropole ist eine Ort der Gegensätze.

Frankfurt ist aber vorallem auch eine Sportstadt. Sie beheimatet zwei Vereine der 2.Bundesliga. Der Deutsche Fussballbund (DFB) hat hier seinen Sitz. Ein grosser Fixpunkt im sportllichen Jahreskalender ist mittlerweile auch der Frankfurt Marathon. Dieser Anlass hat sich zu einer der grössten Marathon Veranstaltungen Europas entwickelt.

15'000 Teilnehmer nehmen an diesem Lauf-Wettbewerb teil. Viele Veranstalter erreichen solche Zahlen nur mit einem Halbmarathon im Programm. In "Mainhatten" liegt der Fokus aber deutlich auf den 42,195km. Neben der Volldistanz wird nur noch eine sehr begrenzte Anzahl an Staffelplätzen angeboten.

Der Anlass ist perfekt organisiert. Die freundlichen Helfer und der reibungslose Ablauf bei der Startnummernausgabe am Vortrag waren die Vorboten. Am Renntag ändert sich daran auch nichts mehr. Besser kann man einen Marathon schlichtweg nicht organisieren. Die kurzen Distanzen (Bahnhof/Messe/Startgelände/Zielbereich) sind für die Läufer geradezu ideal. Ambitionierte Marathonläufer sind schliesslich dafür bekannt, dass sie im unmittlerbaren Vorfeld eines Laufs jeden Schritt (zuviel) genau abwägen.

Dies gilt auch für mich, wohl kaum zuvor war ich so fokussiert auf ein Rennen. Die Vorbereitung absolvierte ich akribisch wie noch nie. Ich wollte an diesem grossen deutschen Herbst-Marathon eine Zeit von 2h 45 Minuten laufen. Meine Halbmarathon Resultate im Sommer zeigten mir, dass diese Endzeit an einem sehr guten Tag möglich ist.

Pärtel heisst der symphatische Läufer aus Estland, der mich kurz vor dem Start anspricht. Wir plaudern über unsere Pläne für dieses Rennen. Der Historiker aus Tallinn möchte unter 2h48min laufen. Die Bedingungen für Bestzeiten sind auf jeden Fall ideal. Knapp 10 Grad Aussentemperatur, der Himmel ist wolkenverhangen, aber kein Regen in Sicht. Im Spitzenfeld wird heute der Weltrekord angepeilt, mehrere deutsche Teilnehmer haben zudem das Olympialimit im Visier.

Der Startschuss erfolgt. Ich folge Pärtel, der einen guten Weg durch das Gedränge findet. Das Teilnehmerfeld läuft am Sitz der deutschen Bank vorbei. Vor dem riesigen Gebäude hat seit einigen Wochen die "Occupy Frankfurt" Bewegung ihren Standort. Am Vortag durfte ich hier einer "Slam Poetry" Veranstaltung beiwohnen. "Ihr spekuliert mit unserem Leben" steht auf einem Banner. Die Kapitalismuskritiker schauen dem Geschehen zu. "Was die wohl über die vorbeihetzenden Massen denken?" überlege ich kurz. Die tausenden Läufer rennen allerdings nicht den Problemen unseres wirtschaftlichen Systems davon. Nein, jeder von ihnen hat sein eigenes persönliches, sportliches Ziel. Ob Kapitalist oder Sozialist.

Die ersten Kilometer legen wir in der Frankfurter Innenstadt zurück. Begeisterte Massen feuern uns an. Hier dreht der Kurs einige Male. Ich versuche mich auf meinen anversierten Kilometer Schnitt zu konzentrieren. Bei einer Abzweigung nehmen einige Läufer ein paar Meter Abkürzung. Sie werden daraufhin (zu Recht) von einem Helfer beschimpft. Ich hingegen laufe freiwillig einige Meter mehr. Ein paar Euro pro Läufer werden gespendet, wenn man ein speziellen Torbogen der Caritas Stifung passiert. Bei allem Ehrgeiz, soviel Zeit muss sein.

Ich habe das Rennen im Vorfeld in gewisse Fixpunkte eingeteilt. Dies ist meine "Salami-Taktik". Mental ist es sicherlich ein Vorteil bei einem Marathon verschiedene Abschnitte "abzuhaken". Nach 13 Kilometern überqueren wir das erste Mal den Main, das erste Teilziel ist erreicht. Den Kilometerschnitt halte ich bis anhin mühelos. Ich muss eher darauf achten nicht zu schnell zu werden. Bei meinem Frühlings Marathon in Linz gelang mir dies nicht immer. Ich büsste damals auf den letzten Kilometern für den Anfangs Effort.

Die Läufer um mich herum laufen teilweise extrem unkonstant. Gerade bei einem solch grossen Marathon muss man so etwas völlig Ausblenden. Es geht nur um die eigene Zeit, es bringt nichts vorbeisprintenden Läufern nachzuhecheln. Der Lauf führt nun dem Main entlang, beinahe alles geradeaus. Schnell, schneller Frankfurt, die Strecke ist in der Tat etwas für Tempobolzer. Kinder strecken den Teilnehmern begeistert ihre Hände zum Abklatschen entgegen. Selbst bei einer Kirche sind Motivationssprüche für die Läufer angebracht.

Das zweite Etappenziel ist nun erreicht. Ich passiere die Halbmarathon Distanz in einer Zeit von 1h 22min. Ich lege also im Soll, dies stimmt mich aber nur bedingt optimistisch. Auf den letzten Kilometern fiel es mir schon schwieriger den Schnitt von 3.53km/min zu halten. Meine Erfahrung aus 16 Marathon Teilnahmen sagt eines ganz klar, Beine lügen nicht. Ich weiss innerlich also, dass es wohl nichts wird mit der Zeit unter 2h45min.

Nach 24 Kilometern überqueren wir das zweite Mal den Main. Eine Band spielt "über 7 Brücken musst du gehen, 600 Meter Weg überstehen."Wieso singen die 600 Meter, wären es doch wirklich nur noch 600 Meter!, denke ich. Auf dem Boden erblicke ich die tiefe Startnummer eines Spitzenläufer. Es steht der Name Jan drauf. Hoffentlich musste nicht Jan Fitschen aufgeben, geht es mir durch den Kopf. Die Homepage des 10'000 Meter Europameister hab ich im Vorfeld des Marathon mehrmals besucht. Sein lockere Art als TV-Experte beim Berlin Marathon hat mir Gefallen, zudem beschrieb er auf interessante Weise seine Vorbereitung zum Frankfurt Marathon.

Ich erreiche meine persönliche 3.Etappe dieses Rennens. Wir sind nun in Höchst. In diesem Stadteil wurde der älteste City Marathon Deutschlands geboren. Hier werden wir wiederum fantastisch angefeuert. Es sind jetzt noch 12 Kilometer ins Ziel. Ich verzehre meinen letzten Power Gel und erlebe zwei Kilometer später denoch einen Einbruch. Es sind noch sechs lange Kilometer bis zur Innenstadt. Eine lange, endlos lange gerade Strecke.
Zweifel an der Vorbereitung, Zweifel am Leistungsvermögen kommen auf. Dies sind die schwierigsten Phasen eines Marathons. Einige Läufer verlieren den Kampf gegen den inneren Schweinehund und fallen ins Schritttempo. Ich kämpfe weiter.

Endlich erreiche ich die Innenstadt, meine vorletzte Etappe. Mein nächstes Ziel heisst Festhalle Frankfurt, nur noch dort hin egal wie. 2h 45 Minuten vergiss es, persönliche Bestzeit vergiss es, einfach nur noch in diese Halle. Irgendwo aus meinem Körper hole ich die Reserven für die letzten Kilometer heraus. Erfreut stelle ich fest, dass meine Abschnitts Zeiten wieder besser werden. Das Zielbanner ist nun in Sichtweite. Ich höre bereits die Speaker-Stimme in der Festhalle. Eintauchen in diese Atmospähre. Schmerzen, Qualen, fantastische Ambiance...Herrlich.

Die Uhr zeigt 2h 47min 24 Sekunden an. Persönliche Bestzeit. 24 Sekunden schneller als beim Frühlings Marathon in Linz. Weiter vorne wurde der Weltrekord um ganze 4 Sekunden verpasst. Jan Fitschen reüssierte als bester Deutscher Läufer in einer sehr guten Zeit von 2h 15min 40 Sekunden. Er hat es also doch ins Ziel geschafft.

Pärtel gesellt sich zu mir. Der Este erreichte ebenfalls eine Zeit unter 2h 48min. Die Teilnahme war nicht selbsverständlich für ihn. Letztes Jahr wollte er den Pisa Marathon absolvieren. Wegen gefrorener Strasse wurde damals der Wettbewerb abgesagt. Was für ein Pech, aus Estland nach Italien gereist und dann passiert so etwas.

Wir trinken eine Cola zusammen. Wir tauschen uns über die magischen 42 Kilometer aus. Er schwärmt vom Tallinn Marathon, ich empfehle ihm den Jungfrau Marathon. Typisch für zwei Marathon Läufer. Trotz schmerzenden Muskeln und erlittenen Qualen werden schon neue Ziele definiert.

Bald schon sitze im Zug zurück in die Schweiz. Ein tolles Erlebnis liegt hinter mir. Zweieinhalb Minuten fehlten mir zum vollständigen Läuferglück. Die nächste Chance kommt bestimmt, in welcher Stadt auch immer.

Montag, Oktober 24, 2011

Von der Urne an die Sonne...

Abstimmungssonntag in der Schweiz. Wer als Ostschweizer Läufer die Wahl hatte war in Speicher am Besten aufgehoben. Knapp vor der Ortsgrenze strahlte die Sonne über dem dichten Hochnebel des Unterlands. Nur die Grünliberale Partei (GLP) und Bürgerlich Demokratische Partei (BDP) waren an diesem Tag von den äusseren Umständen annähernd so verwöhnt, wie die Wettkampfsportler.

23. Austragung des Laufcup. 10 Läufe in den Kantonen AR/SG/TG von Oktober bis Februar. Ganze CHF 2.-- pro Wettkampf zahlt jeder Teilnehmer und kriegt dazu sogar noch Kuchen und Tee am Ende des Rennens. Die symphatische Non-Profit Veranstaltung lockt Jahr für Jahr mehrere hundert Teilnehmer an.

"Wie lief deine Saison?", "Was für Läufe hast du gemacht?", "Gratulation zu deinem Top Resultat beim Marathon!" Fröhliches Wiedersehen und intensiver Austausch mit Laufkollegen. Einige sieht man öfters bei Laufveranstaltungen, andere nur hier beim Laufcup. Beim Einlaufen sind viele noch dick eingemummt. Am frühen Morgen zeigte das Aussen-Themometer nur 1 Grad Celisius an. Hier im sonnigen Appenzell-Ausserhoden kann man nun die Kappe und die Handschuhe getrost wieder im Rucksack verstauen.

352 Starter stehen bereit für den 11,1km langen Crosslauf. Jemand vom emsigen Organisationskomitee verkündet per Megafon, dass vier Kilometer vor Schluss ein "Kuhhag" auf uns warte. Wir sollen diesen nicht Öffnen, sondern unten durch Schlüpfen. Schliesslich seien wir ja hier, um uns zu bewegen, meint der Mann mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Der Startschuss erfolgt. Es wird kein horrendes Tempo angeschlagen. Trotzdem bildet sich schnell eine Vierergruppe an der Spitze. Die Seriensieger Martin Leemann und Matthias Rutishauser leisten Führungsarbeit. Ich bin froh, dass ich den Beiden ohne grosse Mühe folgen kann. Meine Beine fühlen sich gut an, einen möglichen Ausreissversuch breche ich aber schnell wieder ab. Meine beiden starken Konkurrenten würden mir problemlos folgen können, stelle ich nicht ganz Unüberrascht fest. Die Vierergruppe ist nun ein Führungstrio. Trotz hügligem Terrain wird ein 3.50km/min Schnitt gelaufen. Ich beschränke mich weiterhin auf das Begutachten der Laufschuhe meiner beiden Vorderleute. Etwa 3 Kilometer vor dem Ziel startet Martin Leemann bei einem kleinen Anstieg einen "Fluchtversuch". Innerhalb kürzerster Zeit beschleunigt der regionale Spitzenläufer massiv und lässt erst mich, dann auch Matthias Rutishauser hinter sich.

Da ich in einer Woche einen Marathon absolviere will ich mich nun nicht mehr vollständig verausgaben. Ein Herankommen an die ersten beiden Ränge wäre sowieso unrealistisch. Der dritte Platz scheint auch sicher. Ich geniesse daher die letzen beiden Kilometer im lichtdurchfluteten Wald. Zufrieden erreiche ich das Ziel. Ich freue mich über meine Zeit, den guten Rang und mein tolles körperliches Befinden. Europameister Viktor Röthlin meinte letztens, dass ihm noch der gewisse "Flow" vor dem New York-Marathon im November fehlt. Ohne mich in irgendeiner Weise mit dem Innerschweizer Ausnahmekönner vergleichen zu wollen, aber ich hab den "Flow" an diesem Tag erlebt. Genau rechtzeitig vor meinen persönlichen Herbstsaison-Highlight.

Kuchen und Tee gibt es nun für alle Teilnehmer. Ein Läufer meint, er müsse unbedingt um zwölf Uhr zu Hause sein. Wer weiss, vielleicht möchte er die ersten Hochrechungen der eidgenössischen Wahlen im TV verfolgen? Er wird festellen, dass das "Sünneli" über der Ortschaft Speicher an diesem Tag heller strahlte, als das "Sünneli" einer Schweizer Gross-Partei. "Für alle statt für Wenige" so könnte man auch das Motto des Laufcup beschreiben. Dieser Slogan fand beim Stimmvolk am heutigen Tag ebenfalls weniger Anklang, als bei der Läuferschar in Appenzell Ausserrhoden.

Dienstag, Oktober 11, 2011

Wales:Schweiz 2:0

EM Qualifikation

The Liberty Stadium (Swansea)

12'317 Zuschauer

Fussball interessiert in Wales an diesem Tag kaum jemanden. Die Sportläden stellen in ihren Schaufenster Rugby Trikots aus. Die Pub's machen Werbung für WM-Spiele auf Grossleinwand. Die Sportart mit dem eiförmigen Ball und den harten Kerlen steht im absoluten Mittelpunkt des öffentlichen Intresses. In unseren Breitengraden besitzt dieser Kampf der Nationen bekanntlich eine ähnlich grosse Bedeutung wie Hornschlittenrennen.

Mit dem Flugzeug nach Bristol, von da weiter zum Spielort. Diese clevere Reiseplanung ermöglicht einen Zwischenhalt in Newport. In der drittgrössten walisischen Stadt begutachten wir interessiert diverse Rugby Utensilien an den Pub-Wänden. Eine ältere Damen drängt sich leicht beschwipst vor uns an die Theke. Es ist Nachmittags um 15.00h, und wir sind ohne Frage auf der britischen Insel gelandet.

Später im überfüllten Zug von Cardiff nach Swansea stehen einige Fussballfans in den Gängen. Ihre keltische Sprache töne wie unser Schweizerdeutsch, meint einer von ihnen. Nicht die einzige Parallele zwischen den kleinen Ländern. Beide Völker geniessen im Ausland eher eine bäuerliches Image. "Do you have Schnapps?" raunt ein Schweizer zum Zugskellner. Dieser verneint, und die Entäuschung steht den Fans beider Länder ins Gesicht geschrieben. Eine weitere Gemeinsamkeit.

"Ugly lovely Town." Der Dichter Thomas Dylan prägte diesen Ausspruch über seine Heimatstadt Swansea. Alles andere als hässlich sind die Pub's in dieser Stadt. Fröhlich feiernd bereiten sich die Schweizer Fussballfans auf die Partie vor. Eine Niederlage gegen die Waliser scheint so abwegig, wie Grünliberale Spitzenpolitiker mit einer Vorliebe für Luxuskarossen. Doch genauso langweilig wie der Schweizer Wahlkampf-Herbst gestaltet sich das Länderspiel. Eine Fangruppe lamentiert lauthals, aufgrund ihrer beschwerlichen Anreise. Mit dem Mietauto fuhren sie von einem Londoner Flughafen Richtung Swansea. Die Begutachtung dieses Fussballmatch gestaltet sich für die Gruppe allerdings um einiges mühsamer, als der nervenaufreibende Reiseweg.

Die Europameisterschaft findet ohne die Eidgenossen statt. Gottseidank, ist man geneigt zu sagen. Aufgrund der gezeigten Leistungen ist diese Nicht-Teilnahme mehr als verdient. Die helvetischen Fussballfans liesen sich die Stimmung allerdings nur kurz verderben. Anstatt in Warschau im Jahre 2012, machte man in Wales acht Monate zuvor die Nacht zum Tage.

Immerhin stammt die ansehnliche Catherine Zeta-Jones aus der zweitgrössten walisischen Stadt. Für die Schweizer Single Männer gute Vorausetzungen für das Nachtleben. Zumal die meisten einheimischen Männer bereits ihren Schlaf abhielten. Morgens um 06.00h mussten sie schliesslich wieder an der Theke ihres Pub stehen, um püntlich zum Rugby Viertelfinale ein Pint zu ordern.

Am anderen Mittag wirkt die Grossstadt jedenfalls wie ausgestorben. Wales scheint ohne Zweifel zwei Spiele innerhalb von zwölf Stunden siegreich gestaltet zu haben.

Donnerstag, Oktober 06, 2011

Lindau-Bregenz 21,1Km

Der Eurocity Richtung München ist am Sonntag Morgen gut gefüllt. Dies trifft auch auf einige Reisende zu. Oktoberfest Besucher aus der Innerschweiz, bewaffnet mit Filzhut und Dosenbier, machen sich auf die Suche nach weiblichen Geschöpfen. Zwei adrett gekleidete Damen im hübschen Dirndl sind darob wenig begeistert. Die ländlichen Anmachsprüche und Alkoholfahnen morgens um halb Neun sind nicht ihre Sache. Sie nippen erleichtert an ihrem Evian Mineralwasser, als die rotgesichtigen Mit-Dreissiger ihren "Feldzug" im nächsten Wagon weiterführen. Einige Dynamo Dresden Fans stimmen sich derweil auf eine 2.Liga Partie in München ein. Die "Heimweh-Sachsen", wohnhaft im Zürcher Umland, haben für einmal einen nahen Weg zum Spiel ihrer Lieblingsmannschaft.

In Lindau steigt eine grosse Läuferschar aus dem Zug. In einem gekennzeichneten Raucherbereich steht mein Schwager. Er reist mit einigen Kollegen zum grössten Volksfest der Welt. Die Vorfreude sieht man ihm an. Er strahlt.
"Ein-Zwei Mass und ein Hendl darauf hätte ich jetzt auch Lust", überlege ich einen Moment lang. Ich verwerfe diesen Gedanken aber schnell und schliesse mich dem Strom von Läufern Richtung Innenstadt an.

Vor sechs Jahren absolvierte ich von Lindau aus den 3. Länder Marathon. Damals war alles noch eine Nummer kleiner. Mittlerweile ist dieser Anlass die zweigrösste Marathon Veranstaltung in Österreich. 10'000 Läufer und über 50'000 Zuschauer machen diesen Lauf zu einem überregionalen Grossereignis. Der Viertelmarathon ist dabei für viele Laufanfänger das angestrebte Ziel. Power Gel's werden gefuttert, das letzte Mal die Waden von der hübschen Vereinskollegin massiert, oder auch die Schnürsenkel nochmals gebunden. "Mein Gott, bin i nervös", ruft ein fülliger Vorarlberger seinem Laufpartner zu.
Der OK-Präsident ist derweil begeistert vom grossen Teilnehmerfeld. "I hab a Ganserlhaut" ruft er ins Mikrofon. Petrus geht es da wohl ähnlich, pünktlich zum Start scheint die Sonne auf den Bodensee.

Viele hochkarätige Läufer aus Bayern und Österreich haben sich eingefunden. Im Rahmen der Marathonveranstaltungen werden heute verschieden Landesmeisterschaften abgehalten. Im Ziel wird später eine Zeit von 2h 49min gerade mal für Rang 50 reichen. Ausserdem wird der Streckenrekord mit einer Sieger Zeit von 2h11min klar unterboten.
Das Tempo ist dementsprechend von Anfang an hoch. Schnell finde ich meinen Tritt, etwas was mir beim Greifenseelauf vor zwei Wochen verwehrt blieb. Konstant laufe ich einen Schnitt von 3.38min/km. Die Temperaturen sind ideal, die Strecke der Seepromenande entlang wunderschön. Wir durchlaufen nach 10km die bekannte Bregenzer Seebühne. Vorbei geht es am Fussballstadion, wo ich von meiner Familie und den Schwiegereltern angefeuert werde.

Nun kommt der ruhige Teil der Strecke. Der Weg führt die Marathon und Halbmarathon Läufer Richtung Schweiz. Die Halbmarathon Teilnehmer drehen bei Kilometer 15 allerdings wieder Richtung Bregenz ab. Nachdem das Feld getrennt wurde bin ich ziemlich alleine unterwegs. Meine Platzierung ist im Prinzip jetzt schon klar. Das Tempo hat sich mittlerweile bei 3.41min/km eingependelt. In der beinahe absoluten Ruhe dieses Streckenteil lauert aber die Gefahr an Geschwindigkeit zu verlieren. Der Blick geht daher oft auf die Sportuhr um den Kilometerschnitt zu überprüfen. Mein Laufgefühl ist sensationell. Der Kopf möchte noch schneller laufen, die Beine können aber nicht. Vor meinem geistigen Auge tauchen alte Bilder auf. Das letzte Mal als ich hier durchlief litt ich Qualen. Ich bin bin damals die ersten 25 Kilometer viel zu schnell angelaufen, durchschritt später sprichwörtlich die Hölle, um danach erleichtert mit einer Zeit unter 3 Stunden doch noch ins Ziel zu kommen.

Heute ist alles anders. Schon bald erblicke ich das Stadion wieder. Beinahe apprupt tauchen Menschenmassen auf. Leider gibt es hier keine Trennung der Halbmarathon Läufer und der Viertelmarathon Teilnehmer. Natürlich darf man den Kampf um Sekunden nicht zu verbissen sehen. Trotzdem ist es für den schnelleren Läufer mühsam, wenn der Langsamere keinen Platz macht. Erschwerend kommt hinzu, dass viele dieser Sportler mit Kopfhörer laufen. Wenn gerade "Simply the Best" von Tina Turner via Kopfhörer ins Ohr hallt, nimmt man die Aussenwelt wohl kaum mehr wahr.

In 1h17min 39sek erreiche ich im "Slalom" durch die 12 Kilometer Teilnehmer das Ziel im Bregenzer Fussballstadion. Meine zweitbeste Halbmarathon Zeit! Ich bin sehr zufrieden(3.Rang Alterskategorie M30 / 18.Rang Gesamt). Die Vorbereitung auf den Frankfurt Marathon Ende Oktober verläuft nach Plan. Die Zweifel an meiner Form, nach dem durchwachsenen Greifenseelauf, sind wie weggewischt.. Zumal ich im Ziel nicht das Gefühl hatte total ausgelaugt zu sein.

Es herrscht Volksfestatmosphäre bei traumhaften äusseren Bedinungen. Ich genehmige mir ein alkoholfreies Bier und treffe auf meine Familie. Die Gedanken an ein Mass mit Hendl am Münchner Oktoberfest sind weit weg. Dieses Erlebnis macht deutlich mehr Spass, als von verschwitzten Wies'n Touristen auf einer Festbank umklammert zu werden.

Dienstag, Oktober 04, 2011

Gästeblog: FC Schaffhausen : FC Gossau 2:2

Gästeblog von Fabio:
1.Liga
Stadion Breite

Bereits ein wenig früher ging es an diesem mehrheitlich schönen Samstag für fünf Zeitgenossen los. Zur Einstimmung für das schwere Auswärtsspiel gegen den FC Schaffhausen fuhren wir via Winterthur und Bülach bis nach Eglisau. In Eglisau angekommen kam für einen unserer Gruppe bereits der erste Härtetest für den späteren steilen Marsch vom Bahnhof Schaffhausen in die Breite. Man musste nämlich satte zehn Minuten Fussweg auf sich nehmen, bis wir unser ersehntes Ziel, den Weinbau der Familie Hangartner, erreicht haben. Zur Kostprobe gab es von den herzlichen Gastgebern diverse Weissweine und zum Abschluss noch einen Rotwein. Nach geselligen Stunden und gestärkt durch eine exzellente Käseplatte machten wir uns dankend auf den Weg nach Schaffhausen. Bei Neuhausen war aus dem Zug der schöne Rheinfall zu sehen. Manch einer unserer Gruppe fragte sich, ob der Rheinfall oder der Fall des FC Gossau momentan stärker ist.
Am Bahnhof Schaffhausen dann die schon vorher erwähnte Meisterprüfung für unseren Spitzensportler. Statt mit dem Bus legten wir den steilen Weg in die Breite zu Fuss zurück. Ausgelaugt aber glücklich kamen wir im Stadion an. Dort wurde mein Optimismus auf Punkte auch nicht gerade besser. Das Auto des Präsidenten von Schaffhausen ist schon einmal NLA-tauglich. Und mit ihrem Budget welches über einer Million liegt, sind sie den Gossauern ebenfalls einiges voraus. Immerhin kam die Spielberechtigung des kürzlich unter Vertrag genommenen Antonio Dos Santos noch nicht. Dos Santos hat in der NLA manch einem Goalie das Fürchten gelernt mit seinen Weitschüssen. Bei den Gossauern waren heute bloss Junioren auf der Ersatzbank. Dies weil unter der Woche drei Spieler gehen mussten, zwei noch verletzt waren und ein Schlaumeier sich in der 3. Liga eine Sperre holte. Die Suspendierungen zeigten am Anfang Wirkung, spielte der FCG doch gut mit gegen die favorisierten Schaffhauser. Doch wieder einmal eine Unkonzentriertheit in der Defensive brachte die Gossauer in Rückstand. Die Gossauer Mannschaft steckte den Gegentreffer besser weg als auch schon und versuchte in der Offensive immer wieder Akzente zu setzen. Leider fanden diese Akzente im 16er meistens ihr Ende und wirkliche Chancen konnte man sich nicht erspielen. In der 53. Minuten kamen die Gossauer dann endlich zum Ausgleich. Todisco wurde lancierte, dieser setzte seine Schnelligkeit ein und bediente in der Mitte mustergültig Aydeniz welcher zum 1 zu 1 traf. Die Freude hielt leider nicht für lange. Nachdem die in der zweiten Halbzeit einiges besser auftretende Defensive den Ball nicht wegbrachte, gingen die Schaffhauser abermals in Führung. Doch wiederum liessen sich die Gossauer nicht unterkriegen, was ihnen in der momentanen Situation hoch anzurechnen ist. In der 79. Minute wurden sie und deren Anhänger belohnt. Wiederum war Todisco Ausgangspunkt der Aktion, welcher einen Freistoss rasch ausführte und so die Schaffhauser Defensive aushebeln konnte. Zum zweiten Mal durfte sich Aydeniz als Torschütze eintragen lassen. Dieses verdiente 2-2 brachten die Gossauer mit viel Wille über die Runde und die Erlösung über den Teilerfolg war spürbar. Todisco, dessen Rückennummer in Schaffhausen nicht mehr vergeben wird, liess sich zum Schluss noch vor der Bierkurve feiern. Offen bleibt, ob im neuen Stadion von Schaffhausen, dessen Baubewilligung endlich eingetroffen ist, sein Trikot irgendwann mal analog im Eishockey zum Stadiondach hochgezogen wird.

Donnerstag, September 22, 2011

GC Biaschesi : FC Gossau 4:0

Es gibt etliche Gründe um an einem frühherbstlichen Mittwoch-Nachmittag ins Tessin zu reisen. Da sind sicher mal die einladenden Temperaturen zu erwähnen. Dazu die verlockende Aussicht auf ein feines Risotto und ein Glas Merlot-Wein. Beinahe zwingend wird der Ausflug in den Süden, wenn der örtliche Fussballclub auf einem idyllischen Fussballplatz eine Auswärtspartie bestreitet.

Ein zwölfjähriger Subaru führte uns ohne grosse Anstrengungen über den ferienverkehr-befreiten San Bernadino. Mehr Mühe hatte der Chauffeur des Gefährts. Das Leitsystem des Schweizer Strassennetz war für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Doch Jung und erfahren gibts bekanntlich nur auf dem Strassenstrich, so die letztjährige Aussage eines Bundesliga Torwarts.

In Bellinzona trafen wir dann auf den vierten Gossau~fen. Er weilte bereits im Tessin. Das Abendessen am Fusse des imposanten Castelgrande mundete daraufhin vorzüglich. Selbst der nur beinahe "lustige" Kellner konnte uns die Vorfreude auf den bevorstehenden 1.Liga Match nicht nehmen.

Die Giovani Calciatori Biachesi tragen ihre Heimspiel auf der wunderschön gelegenen Al Vallone Sportanlage aus. Dieser Fussballplatz wurde in einem steilen Abhang hinein gebaut und scheint damit so etwas wie das Wahrzeichen von Biasca zu sein. Den Fürstenländern behagte diese schöne Umgebung bis anhin aber wenig, alle drei bisherigen Partien in diesem Kleinstadion gingen verloren. Ums vorweg zu nehmen, der FC Gossau schaffte in dieser Angelegenheit nicht unbedingt die grosse Wende.

Ältere Herren trinken Caffé Corretto und von der Wand der Clubbeiz strahlt auf einem Porträt der amtierende Präsident. Die 100 Zuschauer kennen sich untereinander. Hier ein Handschlag, dort ein neckischer Spruch. Ein Hauch von Dolce Fare Niente weht über dem Ganzen. Leider schienen sich die Gossauer Fussballer diesem Motto anschliessen zu wollen. Die lange Reise unter der Woche war dann doch zu viel für die sensiblen, vielbeschäftigten Kicker-Seelen. Zu keinem Zeitpunkt der Partie hatten sie eine Chance mit mehr als Null Punkten die Heimreise antreten zu können. Nach 34.Minuten stand es bereits 2:0 für die Hausherren, und eigentlich hätten nun alle Ostschweizer die Sportanlage verlassen können. So wären einigen Arbeitgebern müde Gesichter erspart geblieben. Eine posthume Comeback Tour von Nella Martinetti und Vico Torriani schien nach Beendigung der ersten Halbzeit (3:0) weitaus realistischer, als ein Punktgewinn der Gossauer. Wenig überraschend folgte in der zweiten Spielhälfte keinerlei Reaktion der Gäste. Ein Eckball und eine halbe Chance brachten die Blau-Weissen in 90 Minuten zu Stande. Selbst die deutsche FDP lieferte im Berliner Wahlkampf eine überezeugendere Vorstellung ab. Der Speaker mit der markant, rauhen Stimme durfte zum Schluss gar noch das 4:0 für sein favorisiertes Team verkünden.

So traten wir wieder einmal völlig desillusioniert die Heimreise an. Ein Gefühl das wir nur zu gut kennen. "No Broblem" von Peach Weber war dann die einzige Musik-Kasette die im Subaru zu finden war. Dies passte absolut zu diesem Abend, desen letzter Höhepunkt ein Risotto con Rucola war.

Donnerstag, September 15, 2011

SC Brühl : FC St.Gallen 1:3







NLB
Paul Grüninger Stadion
5'500 Zuschauer

Mein Schwiegervater hat 16 Geschwister. Als jüngster Zögling einer Arbeiterfamilie wuchs er als Einziger nicht im Krontal-Quartier auf. Seine Eltern zogen vor seiner Geburt ins Zentrum der Gallus-Stadt. Trotzdem drückte er in den 60iger Jahren, bei den Duellen der beiden Stadtrivalen, den Brühlern die Daumen. Rund Fünfzig Jahre nach den Spielbesuchen mit seinem "alten Herrn" besucht er heute wieder einen "Stadtmatch". Auf die Parallelen zu damals angesprochen meint er augenzwinkernd: "Damals habe sein Papa die Eintrittskarte bezahlt, nun sein Schwiegersohn".

Bei der Haltestelle Grütli steigen die Matchbesucher aus dem überhitzten Bus. Die meisten geben sich durch ihre Kleidung als Anhänger des grösseren Vereins zu erkennen. Die fanatischten Anhänger der Espen marschieren vom Marktplatz Richtung Paul Grüninger- Stadion. Der friedliche Aufzug der Fans, ist auch als Zeichen gegen Medienhetze und sonstige Vorurteile gegenüber Fussballanhängern gedacht. Die Zuschauer beim letzten Derby 1971 hätten solche Dinge kaum für möglich gehalten. Der Fussball hatte damals noch keine grosse gesellschaftliche Bedeutung. Das Fangruppen gar Teil einer Jugendkultur werden, wäre wohl undenkbar gewesen.

Beim Eingang zum Stadion bildet sich ein lange Reihe, geduldig wird auf Einlass gewartet. Im Matchprogamm, auf grossen Blachen und an vielen anderen Orten wird auf die "alten Zeiten" hingewiesen. Der SC Brühl präsentiert sich, als der etwas andere Verein. Wieviel davon ist geschicktes Marketing und wie aussergewöhnlich ist dieser Club wirklich? Die Meinung darüber gehen ausseinander.

Speziell für dieses Spiel wurde eine Gegentribüne erstellt. Die Sonne brennt unerbittlich auf die Stahlkonstruktion. Ein Zuschauer nutzt ein schattiges Plätzchen unter den Rängen für ein Nickerchen. Wer wohl in seinen Träumen dieses Spiel gewinnt?

Selbstredend ist das Bier an diesem heissen Tag sehr gefragt. Es wird angestanden, wie in St.Gallen halt für Bier angestanden wird. Kreuz und quer und möglichst nahe am Zapfhahn. Die arme Angestellte ist symphatisch verzweifelt. Sie weist die Leute mit freundlichem aber bestimmten Ton zurecht, selbst der "extrovertierteste Ultra" nimmt das Ergeben zur Kenntnis. "Die Herrin des Gerstensafts" ist eine wichtige Person am heutigen Nachmittag, man will es sich mit ihr nicht verscherzen.

Ein leidenschaftlicher Anhänger des Gast-Vereins gesellt sich zu uns. Er ist sichtlich nervös und angespannt. Eine Niederlage gegen den Stadtrivalen wäre für ihn wohl ähnlich dramatisch, wie ein Wegzug der Olma-Messen nach Basel. Kurz darauf steht der St.Galler Allesfahrer auf dem Feld und beseitigt mit Kollegen die Rückstände der Fan-Choreografie. "D'Stadt isch do" steht auf einem Spruchband hinter den Auswärts-Supportern. Das Selbstverständnis der Espen lässt keine Fragen offen. Der Spielbeginn verzögert sich um einige Minuten, erfreulicherweise ohne das gepanzerte Menschen den Platz stürmen.

5'500 Zuschauern hoffen entweder auf einen Pflichtsieg oder auf die grosse Sensation. Es herrscht dabei eine friedliche, volksnahe Atmosphäre. Mehr oder weniger lustige Sprüche werden den Spielern entgegen gerufen. Einer ruft:"Hopp GC".Ein Mittelfeldakteur des FC SG muss sich wohl oder übel mit den Folgen eines Transfergerüchtes herumschlagen.

In der Pause scheint die St.Galler Bratwurst gegessen, der haushohe Favorit führt klar. Weit weg scheint die Zeit, als Brühler niemals den Fuss in das Stadion des Erzrivalen gesetzt hätten und umgekehrt. An diesem Tag gibt es Zuschauer, die sich sowohl bei den St.Galler Toren, wie auch beim Ehrentreffer der Heimmannschaft freuen. Die ganze Szenerie ähnelt eher einem Volksfest, als einem erbitterten Duell um die Vorherrschaft in der Stadt.

Am Schluss steht es 3:1. Der Brühler Mittelfeldakteur Christian Böhi begrüsst Bekannte hinter der Werbebande. Die St.Gallen Fans feiern unterdesen einen ehemaligen Spieler, der nun im Trikot der "Kronen" aufläuft. Die Schlange hinter dem Getränkenstand hat sich mittlerweile gelichtet. Ein Deutscher steht mit Bierdose, Frau und Kind am Strassenrad. Er trägt einen SC Brühl Schal und wirkt wenig glücklich.

Ein Verwandter meines Schwiegervaters fährt mit dem Velo nach Hause. Hinter ihm sein Nachwus, alles Espen-Fans und sie wirken zufrieden. Der St.Gallen Match 2011 ist Geschichte. Ein schöner Fussballnachmittag geht zu Ende. Ein bisschen wenig Emotionen, dafür viel St.Galler Folklore. Schützengarten, Bratwurst, Krontal und Tranquillo Barnetta im Publikum.

Montag, September 12, 2011

FC Gossau : FC Muri 2:2

1.Liga
300 Zuschauer
Buechenwald Sportanlage

"Er macht ihn Rein". Die Tormelodie der deutschen Rockgruppe "Extrabreit" dröhnt aus den vorsintflutlichen Boxen des Gossauer Fussballplatz. Die Heimmannschaft hatte soeben den Ausgleichstreffer gegen den FC Muri erzielt. Der Aufsteiger aus dem Aargau zeigte eine schwache Vorstellung, die nur noch durch die Performance der Einheimischen unterboten wurde. Im nahe gelegenen Freibad zeigten Jugendliche die letzten libidobedingten Sprünge vom 5-Meter Turm. Die waghalsigen Sprünge zum Saisonabschluss des Schwimmbad muteten wesentlich mutiger an, als der Auftritt der Fürstenländer Edel-Kicker.
"Du häsch mer gar nünd z'säge!." Wenigstens war der Umgangston unter den Spielern in den Blau-Weissen Trikots ähnlich, wie der Testosteron gesteuerte Teenager-Zweikampf um eine Badenixe auf der Liegewiese nebenan. Der Premiere Vergleich der beiden Mannschaften endete schlussendlich 2:2. Roger Hegi, der Ex-Trainer beider Vereine, hätte das vielleicht als Einzigen gefreut.
So feierte an diesem Sonntag nur mein Sohn ein wirkliches Erfolgserlebnis. Er ergatterte auf dem wesentlich besser frequentierten Gossauer-Flomarkt einen kleinen Spielzeug-Töff.

Montag, September 05, 2011

FC Rapperswil-Jona : FC Gossau


1.Liga
Stadion Grünfeld
340 Zuschauer

Als Familienvater, Fussaballfan und begeisterter Teilnehmer an Laufveranstaltungen sollten meine Wochenendtage manchmal 28 Stunden haben. Priorität geniesst dabei natürlich die Familie, danach kommt der Sport. Die Fussballleidenschaft muss seit einigen Jahren zurückstecken.

Umso erfreulicher, wenn die Ansetzung eines FC Gossau Auswärtsspiel eine Kombination von allem erlaubt. Der Vormittag stand ganz in Zeichem des Kinderzoo. Beigestert verfolgte unser Nachwus die Show der Seelöwen, die Säugetiere brilierten dabei vorallem mit ihrer Balltechnik. Gemächlicher ging es den bei den Elefanten zu und her. Den Dickhäutern schien es an diesem heissen September Tag viel zu warm. Einer von ihnen kassierte gar eine verbale Rüge vom Tierpfleger, weil er offensichtlich sein "Geschäft" zu nahe am Pool erledigte.

Nachdem wir die Tiere ausgiebig begutachten machte sich meine kleine Familie auf zur nächsten Station unserer Reise. Das Ziel hiess Rüti ZH. Hier wartete eine Crosslauf über 11,3km auf mich. Das Thermometer stand mittlerweile bei 28 Grad, da war es ein schwacher Trost, dass die Strecke mehrheitlich durch bewaldetes Gebiet führte. Ich nahm das erste Mal beim Züri-Laufcup teil und die Premiere ist zu meiner Zufriedenheit ausgefallen. Das hüglige Terrain kam mir entgegen. Das Ziel erreichte ich in 43min 7 Sekunden auf Rang 22. Bei einem starken Teilnehmerfeld lief ich auf den 7.Platz meiner Alterskategorie. Der Start in den Laufherbst ist mir geglückt.

Positiv gestimmt ging es zur nächsten Etappe unseres Samstags Programm. Ein Bad im nahe gelegenen Zürisee wäre jetzt angenehmer gewesen, als der Gang auf die Tribüne des Grünfeld Stadion. Mittlerweilen waren es über 30 Grad und die Glaces flossen in den kleinen Kinderhänden davon. Trotzdem erblickte ein Kollege bei der Fahrt durchs Rapperswiler Ortszentrum die Hauptdarsteller einer grenzwertige TV-Reality Show beim Eintritt in ein Solarium.

Intelligenter stellten sich die Spieler des FC Rapperswil an. Bereits nach 11 Minuten gingen sie in Führung. Der Sieg war danach nie wirklich in Gefahr. Die Fürstenländer konnten nicht an ihre Leistung in der Vorwoche anknüpfen. Beinahe schien es, dass sie die Ratschläge eines einheimischen Junioren Fussballers befolgten. Dieser verlautbarte lauthals auf der Tribüne: "Weisch i ess kei Banane meh, nur no Brotwürscht, Scheiss Banane, cha nie nüeme gseh". Ideenlos wie dicke Olma Bratwürste bruzelten die Gäste Spieler auf dem Rasen des Stadions vor sich hin. Während die Rappie Akteure an agile Seelöwen erinnerten, blieb den Gossauern nur die Rolle der langweiligen Rüsseltiere.

Meine kleine Famile machte sich nach 75 Minuten und dem 0:3 auf den Heimweg. Wir wollten uns vom restlichen Spiel nicht noch diesen (ansonsten) wunderschönen Tag vermiesen lassen.

Montag, August 29, 2011

FC Gossau : SV Höngg 3:1

Es war der Tag der Premieren in Gossau. Das Fanionteam bestritt das erste Heimspiel der Saison, Neo-Trainer Martin Schneider gab sein Debüt auf der Buechenwald Sportanlage und das erste Mal sollte die Stimme des neuen Stadion-Speaker durch die Lautsprecher des Kleinstadions hallen.

Zuerst standen aber für einmal die Gossauer Frauen im Mittelpunkt des fussballerischen Sonntags.

FC Gossau Damen : FC St.Gallen Damen 1:1 (4:2 n.P.)
Cup 1.Hauptrunde
200 Zuschauer

Die Ausgangslage schien glasklar. Die Frauen NLA- Mannschaft des FC St.Gallen war hoch favorisiert gegen die 1.Liga Mannschaft der Gossauer Damen. Die jüngere Cup Geschichte der zwei Nachbarstädte bewies aber, dass mit einer Überraschung immer zu rechnen ist. Von Beginn weg zeigten die Gossauerinnen eine engagierte, kämpferische Leistung. Die Defensive stand sicher, und nach Vorne erspielten sich die Gastgeberinnen die eine oder ander Torchance. Die Frauen-Mannschaft der Grün-Weissen konnte hingegen kein Kombinationsspiel aufziehen. Dementsprechend war ein Klassen Unterschied zu keiner Zeit des Spiels ersichtlich. In der 70.Minute gelang den Gallus-Städterinnen dann trotzdem der 1:0 Führungstreffer. Die Heimmanschaft bewies allerdings Moral und erzielte in der Folge den verdienten Ausgleich. Nach der torlosen Verlängerung ging es ins Penaltyschiessen. Hier avancierte die Gossauer Torfrau Jasmina Bronja zur Heldin. Sie entschärfte bravourös gleich zwei Penaltys. Da die Ausseiterinnen zudem über die wesentlich treffsicheren Schützinnen verfügten gewann der FC Gossau diesen Cupfight. Grosser Jubel brandete unter den 200 Zuschauern auf. Einzig der neue Stadionspeaker konnte sich akutstisch am Freudentaumel nicht beteiligen…dazu später noch mehr.

FC Gossau : SV Höngg 3:1
1.Liga
300 Zuschauer

Ich weiss jetzt was eine Endstufe ist. An dieser Endstufe lag es nämlich, dass der neue Stadionsprecher an diesem Tag merkwürdig still blieb. Trotz Telefonate an fast sämtliche Elektro-Installations Geschäfte der Stadt, trotz persönlichem Einstatz eines Fachmanns blieb die Anlage den ganzen Nachmittag lang stumm. Dabei hätte man sich so gefreut auf den stilvollen Musikgeschmack des Speakers. So blieben aber auch die Torschützen des heutigen Spiels ungenannt.

Die Mannschaft aus Höngg zeigte eine gute Leistung auf fremden Terrain. Der bekannteste "Sohn" des Zürcher Quartier ist der Erfolgstrainer Christan Gross. Es war dann auch typischer "Gross-Fussball", den der Aufsteiger zelebrierte. Aus einer gefestigten Defensive erarbeitete sich der Aufsteiger immer wieder gute Torchancen. Die 1:0 Führung für die Gäste war deshalb nicht unverdient. Die Gossauer glichen allerdings durch einen herrlichen Güntensperger Freistos kurz vor der Pause wieder aus. Der Ausführung ging ein langes Geplänkel voraus. Meine vollmundige Verlautbarung, dass so was nie zu etwas führen wird, bewahrheitete sich gottseidank nicht.

Nach der Halbzeitpause dribbelte der junge Gästespieler Danilo Infante vor der Holztribüne umher. Als neutraler Zuschauer hätte man dem technisch versierten Höngger sicherlich gerne zugeschaut. Aus dem Blickwinkel des Gossauer Anhänger nervte und belustigte vor allem seine Schwalbeneinlage im Strafraum. Nach der darauffolgenden gelben Karte wurde er auch schon bald von seinem Trainer ausgewechselt. Jetzt kam die Zeit von Safet Etemi. 3 Jahre nach seinem Weggang aus Gossau erzielte er wieder ein Tor im heimischen Buechenwald Stadion. Seine vielen Treffer auf diesem Platz hatten ihn damals bis in die U-21 Nationalmannschaft der Schweiz gebracht. Dem "Comeback-Goal" ging eine herrliche Vorarbeit von Damian Gimenenz voraus. Die spannende Partie brachte in der Folge noch die eine oder andere Torchance hervor, die aber von den beiden Torhütern jeweils pariert wurden. In der 92.Minute sorgte der eingewechselte Maksuti dann für die endgültige Entscheidung zu Gunsten der Hausherren.

So waren am Ende dieses Tages alle glücklich. Die Gossau Damen, Die Gossau Herren, die Gossau Anhänger, nur der Gossauer Speaker hätte sich seinen Einstand ein wenig anders vorgestellt. Verdammte Endstufe.

Dienstag, August 16, 2011

Sierre-Zinal Berglauf 2011

Am Samstag Abend gegen elf Uhr gönnte ich mir auf einer Terrasse in Worb ein lokales Galopper Bier. Gerade war ich hier angekommen, ein guter Kollege stellte mir ein Nachtquartier zur Verfügung. Zeitlich wäre eine Anreise aus der Ostschweiz am Tag des Sierre Zinal Berglauf nicht möglich gewesen.
Galopper Bier, hoffentlich ein gutes Omen für den morgigen Wettkampftag. Mit diesen Gedanken legte ich mich schon bald Schlafen.

Nach einer kurzen Nacht und ziemlich unruhigem Schlaf nahm ich, morgens um halb Sechs, die Reise von Worb via Bern nach Sierre auf mich. Der Sierre-Zinal Lauf gehört zu den ältesten Bergläufen Europas, und gilt vom Renommee her als "New York Marathon der Berge". Von Jonathan Wyatt (mehrfacher Berglaufweltmeister und Rekordhalter bei Sierre-Zinal) ist die Aussage überliefert, dass man diesen Lauf einfach einmal erlebt haben muss. Der Lauf der Superlative umfasst 2'000 Höhenmeter (-800m) und 31 Kilometer. Die Top Ultra Läufer der Welt finden sich Jahr für Jahr in den Walliser Bergen ein.

Der ganze Wettkampf ist symphatisch organisiert, und nicht so "durchkommerzialisiert" wie ähnlich grosse Laufveranstaltungen in der Deutschschweiz. Den Startschuss nimmt der vierfache Sieger Pablo Vigil aus den USA vor. Dieser Mann ist eine wirkliche Legende. Er hatte immer seine eigenen Ansichten zum Spitzensport. Manchmal unterhielt er seine Fangemeinde bis tief in die Nacht, und gewann am folgenden Tag trotzdem einen Lauf. Vigil war auch ein begehrtes Modell für die Werbung. Seine Aktiv-Karriere ist beendet, er läuft nicht mehr die Berge hoch. Im Gegensatz zu den etwas mehr als 1'100 Teilnehmern der 38. Austragung des Sierre-Zinal Berglauf

Warm ist es an diesem Morgen. Wolken sind noch kaum in Sicht, die angekündigten Regenschauer dürften erst am Nachmittag einsetzen. Das Stimmengewirr am Start verrät, dass hier Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Ländern teilnehmen. Zwei Engländer diskutieren, ganz wie es das Klischee besagt, über die besten Teesorten.
Pünktlich um Neun Uhr erfolgt der Startschuss. Der erste Kilometer darf ruhig als Einstimmung angesehen werden. Hier fällt das Laufen noch leicht, obwohl es natürlich schon bergwärts geht. Doch kaum hat man den Tritt gefunden wird es brutal. Nun folgen extrem steile Passagen, die durchaus an den Schlussteil des Gamperney Berglauf in Grabs erinnern. Auf den ersten 8 Kilometer legen die Teilnehmer bereits 1'300 Höhenmeter zurück. Es ist der brutalste Anstieg, den ich je an einem Berglauf mitmachte. Ob die berüchtigte Eiger Moräne am Jungfrau Marathon, der Anstieg auf das Schilthorn beim Inferno Halbmarathon, oder auch letzte hochalpine Teil beim Glacier 3000. Dieser Einstieg beim Walliser Trail-Running Klassiker übertrifft dies alles. Ich bin schon nach wenigen Kilometern ziemlich abgekämpft. Meine Beine sind schwer und ich fühle mich ausgelaugt. In der Woche vor dem Wettkampf habe ich mir eine leichte Erkältung eingefangen, ansonsten müsste meine Form allerdings stimmen. Immer wieder werde ich von einzelnen Läufern überholt. Dieses Phänomen der sogenannten "Berggeissen" habe ich bei solchen extremen Läufen schon oft angetroffen. Darüber mache ich mir allerdings keine weiteren Gedanken, meist hole ich diese Plätze im "normaleren" Gelände wieder auf.

Wahrscheinlich bin ich nicht der einzige Teilnehmer der froh ist, dieses fiese Waldstück schon bald verlassen zu können. Ich setze darauf, die Strapazen des Aufstiegs schnell abschütteln zu können, allerdings ist diese Hoffnung vergeblich . Es scheint nicht mein bester Tag zu sein, selbst kleine Steigungen fallen mir ungewohnt schwer. Etwas Mut verleiht mir der Ausblick aufs Matterhorn, und das Erreichen der zweiten Verpflegungsstation. Hier zeigt ein Schild an, dass nun 33% der Laufzeit vorüber sind. Zeitlich scheint für mich das Ziel 3h30min noch realistisch zu sein.

Nun folgt der schönste Teil des Rennens. Der breite Weg mit den kleinen Steigungen würde meinen Qualitäten entgegenkommen, allerdings gelingt den Beinen die Umsetzung nicht nach meinen Wünschen. Beim Bergdorf Chandolin werden wir von vielen Zuschauer begeistert empfangen. Nun gilt es die nächste Etappe zum Hotel Weisshorn auf 2387m/ü.M. zu bewältigen. Auf diesem Streckenteil täuscht das Profil gewaltig. Die auf der Homepage publizierte Grafik "versteckt" die vielen Steigungen. Ich beanspruche für diese Passage mehr Zeit, als ich eingeplant hatte.

Beim Hotel Weisshorn bin ich froh endlich eine Cola trinken zu können. Die Zuckerdosis tut meinen Körper gut und ich nehme die wirklich allerletzte Höhenmeter bergwärts auf mich. Ich befinde mich nun auf 2425m.ü.M, es folgen die letzten 8 Kilometer nach Zinal. Das erste Mal an diesem Berglauf habe ich nun das Gefühl in "Normalform" zu laufen. Das Geröll, die Steine und die vielen Wurzeln erfordern zwar ein hochkonzentriertes Laufen, trotzdem kann ich mein Tempo hochalten. Ich überhole mehrere Läufer. "Sorry! Merci"-"Sorry-Merci" diese zwei Wörter wiederhole ich x-Mal. Die teilnehmenden Bergwanderer der sogenannten "Touristes" Kategorie machen aber immer Platz und feuern mich sogar teilweise an.

Zuversichtlich erreiche ich die letzten 3 Kilometer. Ich habe zwar gehört, dass der Schlussteil sehr steil bergab führen soll, aber eine Zeit von 3h30min könnte doch noch drinliegen. Halsbrecherisch stürze ich mich Richtung Ziel, wieder lasse ich einige Teilnehmer hinter mir. Das Tempo ist allerdings nicht hoch, das Gelände ist schlicht zu steil, das ständige Bremsen kostet viele Sekunden. Die Gelenke werden es mir zudem die nächsten Tage doppelt und dreifach zurückzahlen.

In 3h31min erreiche ich Zinal. Ich schleppe mich zum Getränkestand und kippe einige Becher Wasser runter. Dieser Lauf hat mich ziemlich geschafft. Ein Urteil über meine Leistung fällt mir noch Tage danach schwer. War das einfach nicht mein Tag? Kommt dieser Lauf nicht meinen Fähigkeiten entgegen? Hat meine Form nicht gestimmt? Die Zeit entspricht den Resultaten von leistungsmässig, ähnlichen Läufern aus meinen Umfeld. Trotzdem bin ich vor allem mit den ersten 2/3 des Rennens nicht zufrieden. Ich denke bereits darüber nach im nächsten Jahr eine erneute Teilnahme ins Auge zu fassen. Irgendwie hab ich noch eine Rechnung offen mit diesem Berglauf.

Mein Puls geht noch eine Stunde nach dem Zieleinlauf nicht runter, so was hab ich noch nie erlebt. Erst als ich im Zug von Visp nach Zürich sitze und ein Glas Walliser Rotwein trinke, sinkt er wieder auf "Normal-Niveau". Eins ist sicher, diesen Sierre-Zinal Berglauf muss man einfach einmal erlebt haben, Jonathan Wyatt hatte da sicher Recht mit seiner Aussage.

PS: hier noch ein kleiner TV Bericht des TSR über den Lauf.

Donnerstag, August 04, 2011

SC Cham : FC Gossau 2:1 n.Verlängerung


Cup 1.Qualifikationsrunde

Sportplatz Eizmoos

150 Zuschauer

Was für Normalbürger die Neujahrsvorsätze darstellen, sind für Fussballfans die Saisonvorsätze. Dies hat jetzt nur leidlich damit zu tun, dass gewisse FC Gossau Anhänger dem Alkohol in der neuen Spielrunde vielleicht weniger zusprechen sollten. Nein, die Vorsätze beziehen sich ganz alleine auf die Mannschaft.

Zusammen mit dem Gossauer Pressechef und Historiker Karl Schmucki bestiegen wir den Zug nach Cham. Diskutiert wurde über die Vorbereitung, über die positiven, wie auch negativen Eindrücke der insgesamt neun Testspiele. Wie jede Saison bekräftigten auch dieses Mal alle, dem Verein nahen stehenden Personen, eine positive Erwartung auf die neue Spielzeit. In der Vergangenheit gingen bekanntlich einige Experimente in die Hosen. Mit "unglaublich" talentierten Spielern scheiterte man ebenso, wie mit Söldnern diverser Nationen und Kantone. Nun versucht man es im Fürstenland mit Österreichern. Fussballerisch vermochte die Alpenrepublik in den letzten Jahren nicht gerade durch Grosserfolge zu überzeugen, eigentlich nicht mal durch Kleinerfolge. Trotzdem wagt der FC G nun den Versuch mit zwei Vorarlbergern. Mit Trainer Martin Schneider (nicht der Komiker) und Verteidiger Christoph Fleisch (nicht Gemüse) setzt man auf sportlichen Enthuisiasmus und Leidenschaft aus dem Ländle.

So etwas wie Leidenschaft brachten auch eine Mehrzahl der 150 Zuschauer mit, die an diesem Mittwoch Abend dem Cupspiel der 1.Qualifaktionsrunde beiwohnten. Der Sportplatz Eizmoos ist malerisch in einer schmucken Wohnsiedlung gelegen, und offenbart durch seine Randlage auch ein gewisses landschaftliches Flair. Äussere Umstände, die den Gossauer nicht unbekannt sein sollten. Gibt es doch zurzeit Pläne die Spielstätte des FC G auch aus seiner zentralen Lage zu verdrängen. Passenderweise nahm die Gossauer Mannschaft in den ersten 45min ebenfalls eine periphere Lage auf dem Spielfeld ein. Die Chamer wirbelten ungehindert durch das Mittelfeld des Gästeteams. Die Innerschweizer vermochten ihre Überlegenheit allerdings nicht auszunützen. Das Leistungsvermögen erinnerte aber augenscheinlich an den momentanen Vergleich Schweizer Franken vs. Euro an den Börsen dieser Welt. In der 36.Minute war es dann soweit. Nach einem 40 Meter Sololauf, bei dem sich die Gäste so geschickt anstellten, wie Clowns in einer Zirkusshow, netzten die Zuger zum 1:0 ein. Da hätte auch die Nationalbank nichts dagegen ausrichten können.

Auffallend im ersten Abschnitt waren die schwache Defensiv Leistung der Gäste, obwohl Verteidiger Fleisch akustisch schon die Leaderfigur einnahm. Leider gelang ihm mit den Füssen nicht immer die optimale Umsetzung. Dies bewies der Neuzugang auch in der 77.Minute, als er einen Penalty nicht verwehrten konnte. Trotzdem muss man dem Defensiv-Akteur aus dem östlichen Nachbarland zu Gute halten, dass er gleich Verantwortung übernommen hat. Insgesamt trat der FC Gossau in der zweiten Spielhälfte überzeugender auf. Rückkehrer Safet Etemi scheiterte einmal knapp, und der eingewechselte Maksuti brachte ebenfalls Schwung in die Partie. Diesem Spieler war es dann auch vorbehalten in der 87 Minute den verdienten Ausgleich zu erzielen.

Vielumjubelt wurde dieser Treffer auf Gossauer Seite. Trotz des Ausgleichs war ein langhaariger Chamer Zuschauer dermassen erfreut, über die emotionalen Gäste Anhänger, dass er eine Runde Bier spendieren wollte. Wieso der gute Mann schlussendlich ein paar Hot Dog's vorbei brachte wissen wohl nur die Götter über dem Zugersee.

Die Verlängerung zeigte in der Folge leichte Vorteile für den SC Cham. Als sich alle Zuschauer bereits auf einen Elfmeterkrimi einstellten, verursachten die Gossauer mit einer ungeschickten Aktion einen Elfmeter. Eiskalt wurde dieser verwandelt und der Traum vom grossen Cuplos war für die Ostschsweizer damit ein weiteres Mal begraben.


Die Blau-Weissen stehen vor einer weiteren schwierigen Saison. Wichtig ist, dass die erfahrenen Spieler, wie z.b Todisco, Alija, Etemi und Goalie Zürcher (im Cup nur Ersatz) ihr Leistungsvermögen optimal abrufen können. Dieses Cup-Out hinterliess wie die gesamte Vorbereitung positive und negative Eindrücke. Wir bleiben jedenfalls bescheiden optimistisch im Hinblick auf die kommende Spielzeit.


PS: Viro, Besten Dank für den Fahrdienst. So wurde uns die nächtliche, mühsame Zugreise erspart.

Mittwoch, August 03, 2011

Von Klosters nach Davos

Vor einem Jahr überquerte ich nach 7h 48min und 78 Kilometer die Ziellinie des Ultra Alpin Marathon von Davos. Ein unvergessliches Erlebnis bei traumhaften Bedingungen.

Dieses Jahr sieht meine Saisonplanung anders aus. Im Frühling stellten der Linz Marathon und der Alpin Marathon in Liechtenstein die Höhepunkte dar. Nach den Sommerferien gilt mein Fokus der Vorbereitung auf den Frankfurt Marathon Ende Oktober. Dabei werde ich bis Ende August noch ein-zwei Bergläufe bestreiten.

Die Wetteraussichten waren nicht berauschend, trotzdem entschied ich mich spontan für die Teilnahme am Halbmarathon anlässlich der Swiss Alpine Veranstaltung. Mit dem Zug fuhr ich am Samstag Vormittag Richtung Bünderland los. Bereits in Gossau traf ich auf einen weiteren Teilnehmer dieses Rennens. So verlief die Anfahrt kurzweilig und sogar lehrreich. Der Sportfunktionär erklärte mir den Unterschied zwischen Turnfest und Sportfest (2012 in Gossau). Wie in der Schweiz nicht anders zu erwarten, hat das Ganze etwas mit den Konfessionen zu tun.

Der K21 (so nennt sich hier der Halbmarathon) startet in Klosters. Die Sunnibergbrücke bildet den imposanten Startort für diesen Lauf. Unterschätzen darf man hierbei nicht, dass man vom Bahnhof Klosters noch per Extrazug zu dieser Brücke fahren muss. Anfänglich wollte ich meine Anreise knapper gestalten, da hätte ich wohl nur noch den fernen Startschuss vernommen. Das Glück war mir aber wieder mal Hold, und alles verlief planmässig. Vor Rennbeginn wurde unter den Vorjahrs-Teilnehmern rege diskutiert, ob die neue Streckenführung nun schneller und besser, oder langsamer und mühsamer sei. Da ich das erste Mal dabei war hatte ich naturgemäss zu dieser Diskussion nicht viel beizufügen. Es sollte sich aber herausstellen, dass das Rennen langsamer wurde.Teilweise verloren (auch) Spitzenleute bis zu 8 Minuten auf ihre Vorjahreszeit. Vielleicht war der Lauf dieses Mal auch ein wenig länger. Meine Sportuhr zeigte im Ziel jedenfalls 22 Kilometer an. Letzes Jahr reüssierte übrigens der Schweizer Langlauf Star Dario Cologna mit einer Fabelzeit von 1h 20min. Bei der Austragung 2011 fehlte der Weltcup Gesamtsieger. Dafür sprang sein Teamkollege Toni Livers in die Bresche und lief auf den hervorragenden dritten Rang.

Ich platzierte mich von Beginn weg zwischen Rang 15 und 25. Die zwei langen und intensiven Steigungen bis Kilometer 13 konnte ich gut verkraften. Allerdings hatte ich das komische Gefühl, dass mir ein wenig Energie fehlt. Ich bildete mir auch ein, dass ich dringend etwas Essen sollte. Dabei hatte ich eigentlich genügend gegessen am Vormittag. Merkwürdigerweise begleitete mich dieses Hungergefühl aber schon die ganze Woche, evtl. war meine Ernährung nach den Ferien nicht ideal. Man hat ja auch (oder vor allem) als Sportler das Gefühl nach dem Urlaub müsse man sich wieder gesünder ernähren. Vielleicht war das Ganze auch nur Einbildung, zumindest habe ich keinen Einbruch erlitten, und auch mein Kilometer Schnitt spricht dagegen. Trotzdem war ich froh, dass es bei Kilometer Zehn Bananen als Verpflegung gab.

Die letzten 8 Kilometer nach Davos führten durch den schönsten Streckenabschnitt. Durch ein Waldstück und später entlang des Davosersee erreichte man den Winterskiort. Hier hatte ich "schnelle" Beine und konnte sogar zu meinen Vorderman aufschliessen, der mich zwischenzeitlich doch einige Sekunde abgehängt hatte. Zwei Kilometer vor dem Ziel überholte ich ihn dann sogar, allerdings blieb er an mir dran und schlug mich beim Endspurt. Er konnte nochmals zusetzen, das traf auf mich nicht zu. Mit dem Gesamtrang 19 und den zweiten Platz in der Altersklasse M30 war ich denoch sehr zufrieden. Vorallem weil der Lauf auch ein starkes Teilnehmerfeld aufwies. Man kann wohl von einer soliden Leistung sprechen, an einem sehr guten Tag wäre vielleicht noch ein wenig mehr dringelegen.


Anmerkungen:
Den letztjährigen K78 erlebte ich in Sachen Organisation als perfekten Anlass. Beim K21 gab es da schon einige Schönheitsfehler, die auch von anderen Läufern kritisch gesehen wurden.

- Die Kilometer Angaben fehlten teilweise. Für mich war das kein Problem, weil meine Uhr die Kilometer erfasst. Ein älterer Läufer erzählte mir nach dem Rennen, dass ihm dieses Hilfsmittel fehlte, und die Renneinteilung deshalb schwierig war.
-Das hohe Startgeld. Der Swiss Alpine gilt in Läuferkreisen, als ziemlich teure Angelegenheit. Natürlich steht hinter diesem Anlass eine riesige Organisation, die auch nicht kostenlos ist. Gerade das Antrittsgeld für den K21 ist im Vergleich zu anderen Läufen allerdings doch recht hoch.

Montag, Juni 27, 2011

Gästeblog: Schweiz U-21 -Spanien U-21

Gästeblog von Voegtu, der sich mit zwei Kollegen und einem schwedischen PKW nach Dänemark ans EM Finale aufmachte.





EM Finale U-21


Die Idee nach Dänemark zu fahren, entstand noch vor dem Halbfinale gegen die Tschechen. Es würde ja sowieso ein Endspiel geben: Entweder um die Olympia-Teilnahme oder um den EM-Titel 2011. Wie wir alle wissen, spielte die Schweiz im lauschigen Städchen Aarhus auf dem dänischen Festland um Gold oder Silber. Laute Stimmen, dass es sich nur um ein Juniorenspiel handele, ignorierten wir geflissentlich.

Nach langem hin und her entschieden wir uns für das Auto als Verkehrsmittel und starteten am Freitag Abend um 22 Uhr mit zwei Wagen, unter anderem einem VOLVO. Dieser brachte uns in nur zehn Stunden längs durch die schöne Bundesrepublik Deutschland nach Aarhus. Da wir im Hotel schon einchecken konnten, trennten sich die Wege. Während sich einige schlafen legten, gingen andere auf Erkundungstour durch die Stadt.

Die Bierpreise hielten sich frühmorgens mit acht Franken pro Becher noch in Grenzen. Ein Basler, der sich zu uns setzte schien das wenig zu interessieren. Er orderte sich eine Ovo und leerte sich diese Flugs über die Hose, weil er sich beim Herausklauben der Eiswürfel aus seinem Orangensaft etwas gar ungeschickt anstellte. Wir überliessen den jungen Mann vorerst seinem Schicksal und suchten das Irish Pub auf, das Bier zum halben Preis ausschenkte.

Nach einer unvergleichlichen Siegesserie im Töggelen holten wir den Fetzen aus dem Hotel und lauschten in der Fanzone Aarhus der schönen Stimme von Marie Ditte. Nicht nur deswegen hingen wir wie gebannt an ihren Lippen und konnten unseren Blick kaum mehr von dieser dänischen Schönheit nehmen. Wenn das Konzert nicht um sieben Uhr geendet hätte, wären einige wohl auf die Idee gekommen, das Spiel sausen zu lassen und weiterhin der Blonden zuzusehen.

Kurz vor dem Stadion kauften wir die obligate Flasche edlen Weissweins aus dem Tetrapak und schafften es tatsächlich, diesen auf die Zuschauerränge mitzunehmen. Aufgrund des unvorsichtigen Verhaltens einer Einzelperson, wurde uns der Traubensaft von einem Ordner aber wieder abgenommen. «Dä het sowieso Zapfe gha», versuchte sich der Mann mit dem Bauch anschliessend rauszureden. Irgendwas war tatsächlich: Nach zwei Schlücken hatten die zwei anderen VOLVO-Fahrer plötzlich immense Kopfschmerzen.

Das Spiel plätscherte so vor sich hin und ging aufgrund der besseren Effizienz der Spanier verdient verloren. Bis wir zurück in der Stadt waren, zeigte der Zeiger unserer Digitaluhren Mitternacht. Zeit für ein Bier. Wie aus dem Nichts tauchte der Ovo-Basler wieder auf und zeigte allen ein Foto von sich und Arno del Curto. Bravo. Für die Härtesten dauerten die Festivitäten bis um drei Uhr morgens, andere legten sich vorher hin. Höhepunkt: Drei Küsschen von den zweit- bis viertschönsten Däninnen im Tausch für drei Gossau-Kleber.

Für den Heimweg erhofften wir uns eine ähnlich reibungslose Fahrt. Daraus wurde aber aufgrund einer Motorrad-Predigt nichts. 60'000 Töff-Fahrer machten uns einen Strich durch die Rechnung. Weil wir aufgrund der Entscheidung eines Einzelnen mit dem VOLVO die Autobahn verliessen, verdödelten wir über zwei Stunden. Zum Zeitvertrieb spielten wir auf der Fahrt neben der neusten Michael-Holm-Scheibe lustige Wortspielchen, die immer mit im gleichen Thema endeten, weil wir einen kapitalen Fehler machten: «Du muesch immer am Vorabig vode Rückfahrt nudle, süsch bisch när di ganz Zit spitz».

Montag, Juni 13, 2011

12.LGT Alpin Marathon 2011

Gegen acht Uhr morgens erreiche ich das Fabrikgelände eines grossen Liechtensteiner Fleischverabeiters. Hier befindet sich das Startgelände. Die Wettervorhersagen hatten Recht behalten. Es tropft fleissig vom Himmel. Der Speaker dieses Anlass macht den Läufern fairerweise keine grossen Hoffnungen, dass sich an diesen Gegebenheiten noch etwas ändern wird.

Die rund 800 Läuferinnen und Läufer lassen sich vom regnerischen Wetter aber nicht beirren. Akribisch werden die letzten Vorbereitungen durchlaufen. Ein Schluck aus der Iso Flasche, ein Biss in die Banane, der Austausch mit den Kollegen über die Tücken der Strecke.
In der Personalkantine der bekannten Firma befindet sich die Starnummernausgabe. Ein Plakat sticht mir ins Auge. Wahrscheinlich der Firmengründer meint darauf "ich habe mich 50 Jahre mit Speck beschäftigt und nicht mit Sport, und habe trotzdem kein Kilo zu viel". Ich muss Schmunzeln, ein symphatischer Spruch in Zeiten des "Bewegungs-Wahns".
10 Minuten stehe ich für meine Nummer an. Leider findet die freundliche Dame meinen Namen auf der Startliste nicht. Schlussendlich stellt sich heraus, dass ich als Elite Läufer vermerkt bin. Deshalb darf ich einen sepearten "Schalter" benutzen. Ich erröte beinahe und hoffe inständig diesem Status und meiner tiefen Startnummer 15 während des Laufes gerecht zu werden.

An ein Aufwärmprogramm ist nicht zu Denken. Jeder Teilnehmer sucht sich irgendwo auf dem Gelände ein trockenes Plätzchen. Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Markus Merk schlendert fünfzehn Minuten vor dem Start noch seelenruhig mit der Sporttasche umher. Natürlich wird der ehemalige Weltklasse-Referee pünktlich beim Start sein. Das Ziel in Malbun erreicht er dann gut viereinhalb Stunden später. Eine sehr ansprechende Zeit des bald 50jährigen Deutschen.

Vor dem Startschuss herrscht nicht das übliche Gedränge um die besten Plätze. Bei einem Berg-Marathon entscheiden im Normalfall keine Sekunden über Sieg oder Niederlage. Die ersten 10 Kilometer wird trotzdem Tempo gebolzt. Dem Rheindamm entlang, geht es vorbei am Stadion des FC Vaduz, hinein in die Hauptstadt des kleinen Landes. An der Spitze hat der Ostschweizer Patrick Wieser bereits einen grossen Vorsprung heraus gelaufen. Diesen wird er bis zum Ziel im Liechtensteiner Skiort sogar noch ausbauen.
Wir laufen am Schloss des Fürsten vorbei. Meine Beine fühlen sich gut, aber ich merke das Unterleibchen wäre trotz "Schafskälte" nicht nötig gewesen. So vollbringe ich einen fliegenden Wechsel während des Laufens und entsorge die überflüssige Kleidung nicht ganz umweltgerecht. Es geht nun stetig aber nicht sehr steil hoch bis auf rund 1'600 m.ü.Meer. Bereits jetzt laufe ich ein ziemlich einsames Rennen. Vor mir erblicke ich nur Konkurrenz, wenn das Gelände übersichtlich ist. Ein Zuschauer ruft mir zu, dass ich mich auf dem 13. Zwischenrang befinde.

Die Strecke ist sehr schön, leider verhindert das schlechte Wetter einen Ausblick auf das Rheintal. Ab Kilometer 21 geht es relativ flach weiter. Ich muss mich regelrecht zusammereissen, dass ich mich auf mein Rennen konzentriere. Diese Ruhe in den Wäldern, das entspannte Laufen, die Einsamkeit...
Für Abwechslung sorgen die Verpflegunsposten mit reichlicher Auswahl. "Weiter so Meister, weiter so". meint ein netter Helfer mit italienischem Akzent. Ich schmunzle und mache mich bereit für den Aufstieg zum höchsten Punkt der Strecke auf 1'771 m.Ü.Meer. Jetzt heisst es Kämpfen. Zu meiner Überraschung erblicke ich vor mir zwei Läufer. Einer davon ist Felix Schenk, ein bekannter Athlet aus dem Thurgau, der viele Erfolge vorweisen kann. Ich komme immer näher ran, und kurz vor Ende des langen Anstiegs überhole ich die Beiden. Schenk wünscht mir viel Glück für den Rest des Rennens, eine sehr symphatische Geste.

Oben angekommen verpflege ich mich ein letztes Mal. "Es hört auf zu Regnen" sage ich zu den Helfern. Eine umgekehrte Fatamorgana, aber in Anbetracht meiner guten Stimmung sehe ich wohl beinahe die Sonne durch die regenverhangen Wolken scheinen. Es geht nun nur noch bergab bis Malbun. Ein tolles Laufgefühl begleitet mich. Bei Kilometer 37 führt die Strecke nahe am Ziel vorbei. Ich höre den Speaker von nun an bis zum Schluss meines Rennens. Allerdings liegt noch eine Runde im "Kessel" obehalb von Malbun vor mir. Zwei Schulmädchen rufen mir zu "Den Läufer vor ihnen holen Sie noch ein". Ich bedanke mich für Anfeuerungen und mache mich auf die Verfolgung. Tatsächlich zwei Kilometer vor Schluss überhole ich meinen Konkurrenten, just nach dem letzten kurzen Anstieg dieser Strecke.

Die Beine tragen mich nun von selbst in den Touristen-Ort. Ziemlich Geschafft, aber glücklich erreiche ich das Ziel. Zu meiner grossen Verblüffung reicht es zu Rang 9 im Gesamtklassement. Eine Platzierung die ich in diesem gut besetzten Marathon nie erwartet hätte. Das Preisgeld verpasse ich um einen Rang. Natürlich ärgert mich so etwas nicht im Geringsten.

Mein 16.Marathon war einer der Schönsten, trotz Dauerregen, trotz einer Vorbereitung, die ich nicht unbedingt zielgerichtet auf diesen Lauf absolvierte. Viele Laufkollegen schwärmten mir von diesem Alpin Marathon vor. Sie haben Recht behalten. Eine malerische Strecke, sehr freundliche Helfer, und ein reibungsloser Ablauf. Ein grosses Kompliment geht an das Organisationsteam im Ländle. Ich komme wieder.

Montag, Mai 23, 2011

FC Gossau : FC Zug 94 3:1

("Gebt mir ein H!.....")

1.Liga
Sportplatz Buechenwald
500 Zuschauer

Die Chrüzegg liegt 1'265 m.ü.Meer. Von dort oben hat man einen herrlichen Ausblick auf den Zürichsee und den Bodensee. Rund 180 Teilnehmer des "Kreuzegg Lauf" liefen an diesem sommerlich warmen Frühlingstag die 12 Kilometer den Berg hoch, um diese fantastische Fernsicht zu geniessen. Keuchend und ziemlich ausgelaugt konnte ich in der Höhe noch einige Momente verharren, um danach gleich wieder den Weg nach unten anzutreten.
Dabei dachte ich bis vor einigen Wochen, dass ich an diesem Samstag endlich einmal in Ruhe vor einer Toggenburger Berghütte entspannen kann. Mit einem Bier hätte ich mich von den Strapazen erholt, mit anderen Läufern Erfahrungen ausgetauscht, irgendwann gemütlich den Heimweg angetreten...

Es kam wie so oft anders... Der FC Gossau startete vor einem Monat ein furioses Comeback und erspielte sich an diesem Tag ein finales Spiel gegen den FC Zug. So lief ich um 15.02h über die Ziellinie, um rund 110 Minuten später auf der Tribüne beim Buechenwald Sportplatz zu stehen. Sehr erfreut nahm ich den 2:0 Vorsprung der Gastgeber zur Kenntnis. Die Nervosität gewisser Leute liess mich aber vermuten, dass hier noch niemand den "Appenzeller Alpenbitter" kalt gestellt hatte. Es mussten also nochmals 45.Minuten 1.Liga Existenzkampf erdultet werden, befürchtete ich. Doch diese Angst war unbegründet. Die Fürstenländer spielten absolut souverän. Der Kampf gegen den Berg war für mich an diesem Tag definitv anstrengender, als die Nervenschlacht in der 2.Halbzeit dieser Partie. Man fragte sich als Anhänger erneut, wieso konnte diese Mannschaft nicht die ganze Saison solch tolle Leistungen abrufen? Man wäre nie in diese unbequeme Lage gekommen. Der Matchbericht auf der Homepage des FC Zug fand für die Darbietung des Heimteams jedenfalls die passenden Worte: "Die St. Galler suchten den Erfolg mit weiten Bällen aus der Abwehr heraus und schnell vorgetragenen Angriffen über die Aussenbahnen. Und weil sie mit Herzblut um jeden Zentimeter des Rasens kämpften, lachte ihnen das Glück des Tüchtigen".
Selten zuvor gab es eine Mannschaft die zwei so verschiedene Gesichter zeigte, wie der FC Gossau in der Saison 2010/11. Ein Unterschied, wie John Lennon und Dieter Bohlen, wie Alex Frei und die Schweizer "Nati", wie Christoph Mörgeli und ein Juso Delegierter, wie YB und ein Titelgewinn. Eine Übernahme von Neuchatel Xamax durch einen tschetschenischen Oligarchen schien vor Monaten um einiges realistischer, als der Klassenerhalt durch die Fürstenländer.

Als der Schiedsrichter nach einigen Minuten Nachspielzeit die Partie beendete, bejubelten die Zuschauer den ungefährdeten 3:1 Sieg. Natürlich feierten auch die Spieler, ausgelassen, emotional und euphorisch. Bis einige Spieltage vor Schluss hätte man dieser Mannschaft nicht einmal beim Sommerurlaub mit einem schwedischen Damen-Volleyballteam einen Gefühlsausbruch zugetraut. Roli "Gerland" Näf und Jan Berger haben diese Mannschaft wachgerüttelt. Gerne hätte man die beiden auch in der nächsten Saison an der Seitenlinie gesehen. Der Vorstand hat allerdings andere Pläne, es bleibt zu hoffen, dass mit dem neuen Trainer trotzdem endlich die erhoffte Kontinuität in den Verein kommt. Diese Saison mussten die Anhänger die dritte desaströse Spielzeit hintereinander über sich ergehen lassen. Trotz geglücktem Ligaerhalt muss ganz klar betont werden, dass diese 1.Liga Meisterschaft aus Gossauer Sicht eine herbe Entäuschung darstellte. Einige Spieler werden den Verein nun verlassen. In Anbetracht dieser Tatsache bricht man nicht gerade in Tränen aus. Andere Leute wie z.b. Zürcher, Grämiger, Güntensperger, Todisco und Oertig sollten hingegen gehalten werden. Das alles dann aber wieder in der neuen Saison.

Nach dem Spiel gegen Zug feierte die ganze Mannschaft mit den Fans vor dem Clubheim. Eine "Humba" wurde inszeniert, Zigarren geraucht, Gesichter ohne Schnäuze begutachtet und von langjährigen Vereinsmitgliedern wurden die üblichen Geschichten aus alten Tagen erzählt.