Dienstag, März 30, 2010

Barfuss in Freiburg...

Karin Keller ohne Sutter, Kurt ohne Paola Felix, ein Surfer ohne Brett, oder eben auch ein Läufer ohne Schuhe...

Auf dem Weg nach Freiburg im Breisgau, drehe ich mich kurz zum Rücksitz um und frage meinen Kollegen, ob dort hinten eine Plastiktasche liege? "Jo, do liät so än Sack do hine", meint er nach einem kurzen Blick Richtung Gepäckablage. "Puuuh, Glück kha", antworte ich. Mein komisches Gefühl in der Magengegend, dass ich irgend etwas wichtiges Zuhause vergessen habe, bestätigt sicht also nicht.

Freiburg Halbmarathon. Drei Fussballfans machen sich auf zur sportlichen Betätigung. Da die jeweiligen Lieblingsvereine momentan mit negativ Schlagzeilen nicht gerade zurückhaltend sind, fiel ein Verzicht auf die Spiele an diesem Sonntag nicht wirklich schwer. Einzig die windigen und nassen Bedingungen vermochten unsere Vorfreude auf den "Laufspass" (@Nichtläufer:Ironiefrei) ein wenig zu trüben.

Beim Messegelände in Freiburg angekommen, greife ich mit einem routinierten Griff nach dem Plastiksack. Meine Hand geht allerdings ins Leere. Zwar liegt da eine Tasche, allerdings mit einem Gegenstand drin, der nicht mal mit viel Phantasie als Laufschuh durchgeht.
Jetzt hat es mich also erwischt! Nach achtjähriger Laufkarriere, nach über 70 Laufveranstaltungen, tatsächlich ich "Vollpfosten" habe meine Schuhe zuhause vergessen. Ich bewundere meine beiden Kollegen, dass sie sich in Anbetracht dieser Situation nicht mit Lachkrämpfen auf dem feuchten Parkplatzboden winden.

Mein Glück ist, dass bei grösseren Veranstaltungen meist parallel eine "Marathon-Messe" abgehalten wird. Hektisch durchstreife ich also die Verkaufsstände. Noch eine Stunde bis zum Start. Wie ein Fuchs auf der Suche nach einer Beute schleiche ich in der Halle umher. Neben mir drängen sich unzählige Läufer in die Verkaufsstände. Sie sind auf der Suche nach "Messerabatt". „ Den Asics DS-Trainer den haben sie doch hier im Sonderangebot?“ fragt ein schlaksiger Sportskamerad neben mir. „Nein, leider alles weg!“, so die prompte Antwort der Verkäuferin. Blöd nicht nur für den „Schnäppchenjäger“ auch eher ungut für mich. Der „DS-Trainer“ ist mein Lieblingsschuh.

Die Zeit rinnt davon, ich quetsche meine nicht gerade "Ballettschühchen" kompatibeln Füsse in diverse Schuhe Gr. 44-46. Endlich finde ich etwas Passendes! Bei der Bezahlung fragt die nette Verkäuferin, ob ich den Schuh samt Karton mitnehmen möchte? Meine Antwort, dass ich gedenke diese Treter bald 21,1 Kilometer mit dem Asphalt Freiburger Strassen bekannt zu machen, lässt sie kurz stutzen. Ich erkläre ihr mein überaus dummes „Problem“. Sie wünscht mir Glück und meint augenzwinkernd, dies werde wohl der Siegerschuh werden. Die Chancen dazu standen auch schon schlechter, musste doch der Favorit und Vorjahressieger Dieter Baumann mit einem grippalen Infekt absagen. Das Rennen fand also ohne den Olympiasieger statt.
Dafür mit einem Hobby Sportler aus der Ostschweiz, der im Begriff war eine „Läuferische Todsünde“ zu begehen. „Man läuft kein Rennen mit einem neuen Schuh!“. Vergleichbar etwa mit grundlegenden Dingen der Kindererziehung. „Man isst nicht mit den Händen“, oder „Sag immer schön Danke“.

Mit Angst vor bösen Fussblasen stehe ich also am Start. „Highway to Hell“ wird gespielt. "wollen wirs nicht Hoffen", denke ich. Gedanklich spiele ich diverse Alternativen durch, aber Barfuss zu laufen kommt nicht in Frage. Das machen heutzutage selbst die Kenianer nur noch in Werbespots. Ich begutachte die Laufutensilien meiner Konkurrenten. Allesamt mit gut eigenlaufenem Schuhwerk. Ich blicke neidvoll hinunter.

Punkt 14.00 wird gestartet, pünktlich dazu setzt leichter Regen ein. Zudem bläst der Wind kräftig von der Seite. Die ersten Kilometer sind mühsam. Ich brauche ziemlich lange bis ich meinen Rhythmus gefunden habe und horche intensiv in meinen Körper. "Da "ripschen" sich doch die Knöchel an meinen neuen Schuhen, vermute ich. Ein Arzt würde mich wohl in diesem Moment als Hypochonder diagnostizieren.

Als wir durch die wunderschöne Freiburger Altstadt rennen, sind die Gedanken an mögliche Probleme mit meinen neuen Schuhen allerdings wie wegge"Blasen". Ein Hochgefühl kommt auf. Spitzensportler sagen jeweils, dass sie in Wettkämpfen "Glücksgefühle" aus vergangenen Ereignissen hervorrufen Ich lief vor 5 Jahren in dieser Stadt meinen ersten Marathon unter der ominösen 3 Stunden Marke. Jede Kurve ist mir bekannt. Vom "Runners High" spricht man, wenn sich Endorphine im Hirn ausschütten. So was ähnliches erlebe ich ab Kilometer 10 dieses Rennens. Mein Lauf ist bestimmt von Überholmanövern, mehrere Läufer heften sich an meine Füsse. Sie profitieren vom Windschatten, es geht immer noch eine scharfe Bise. Meine "Hilfestellung" nehme ich gerne in Kauf. Die Gefühlslage ist fantastisch und kurz vor Schluss sind meine Verfolger abgehängt.

Die letzten beiden Kilometer. 2005 hattte ich völlig ausgepumpt gehofft, dass Rennen unter 3 Stunden zu beenden. Es hat damals geklappt, und auch dieses Mal hat mir Freiburg Glück gebracht. Ich könnte meine neuen Schuhe küssen!!! 1h 22min 13Sek, zeigt die Anzeigetafel beim Ziel auf dem Messegelände. Keine persönliche Bestzeit, aber nur selten absolvierte ich die Halbmarathondistanz schneller. In Anbetracht der widrigen äusseren Bedingungen, ist die Leistung umso erfreulicher. Ränge sind nebensächlich, trotzdem Platz 10 von knapp 500 Läufern in meiner Altersklasse, damit kann man durchaus zufrieden sein.

Freiburg im Breisgau hat es erfreulicherweise auch mit meinen beiden Kollegen gut gemeint. Der Eine läuft das erste Mal in seinem Leben den Halbmarathon unter 1h 30min und torpediert damit seine persönliche Bestleistung. Der Dritte im Bund wäre wohl als Erster über die Ziellinie gelaufen. Er legte sein Augenmerk neben der Lauferei aber auf weitere schöne Dinge des Lebens. So nützt er die sportliche Betätigung für den einen oder anderen Schwatz. Auch als ihm kurz vor dem Ziel ein Bierchen angeboten wird lässt er sich nicht zwei mal Bitten.

So traten wir schon bald wieder die Heimreise an. Allesamt zufrieden und sogar ein neues Paar Schuhe waren dabei. Die Fussballvereine spielten übrigens auch ohne unsere Anwesenheit durchaus erfolgreich.

Montag, März 29, 2010

Gästeblog: FC Gossau : FC Wil 1:1

Gästeblog einer jungen, treuen Zuschauerin.

NLB
Sportplatz Buechenwald
750 Zuschauer

Derby. Das vorerst letzte Ligaderby gegen Wil. Auch schon war die Spannung dermassen gross, dass jemand vom „Bergholzer Gästeblock-Zaun“ gefallen ist. Dieses Jahr aber nicht.
So lockte das Spiel mehr Anhänger der Gegner zum Sportplatz. Diese hatten in den letzen 3 Jahren gegen Gossau auch immer punkten können. Aber wäre es nicht ein tolles Abschiedsgeschenk, ihnen das wenigstens heute mal zu vermasseln?

Tatsächlich hatten die vielen Fans mit schwarz-weissen Schals lange genauso wenig Grund zum Jubeln wie wir. Die Wiler durften sich dann zwar bald freuen, doch sogar sie waren sich darüber einig, dass es sich um Offside handelte.

Die Nachspielzeit war doch vor langer, langer Zeit einmal Gossaus Zeit. Am Sonntag war es wieder einmal so, der Ausgleich fiel in der 91. Minute. Natürlich sehr zur „Freude“ der vielen Wiler um uns herum.. Endlich wieder einmal ein (nutzloser) Punkt und zusätzlich 2 (verlorene) Punkte weniger für Wil, gar nicht soo schlecht…

Donnerstag, März 25, 2010

FC Gossau : FC Biel


NLB "Testspiel"
230 Zuschauer
(Anmerkung: @ Matchbesucher: Fälschlicherweise wurde die "Gossau~fen" Kolumne im FC Gossau Matchprogramm mit meinem Namen versehen. Der Text stammt aber von Günther.)

An diesem Abend also das erste "Freundschaftsspiel" für den FC Gossau. Augerechnet gegen den FC Biel. Freundschaftlich gegenüber den Seeländern verhielten sich in den letzten Begegnungen vorallem die Blau-Weissen. 4:1 und 8:0 so die äusserst engen Resultate in den letzten Begegnungen.

Etwas überraschend sahen sich über 200 Zuschauer dieses Spiel an. Diesen Leuten muss man an ein Kompliment aussprechen. Wer sich in der Öffentlichkeit gerne mal als Anhänger des FC Gossau ausgibt, hatte einen harten Tag hinter sich. Vorwitzige Kommentare und lustige Mails zum Thema "Rückzug in die 1.Liga" hatten Hochkonjunktur. Der eine oder andre Kollege stellte sich doch tatsächlich als verhinderter Komiker heraus.

Es ist schwierig in Worte zu fassen, warum man sich diesen Match trotzdem anschaute. Rein theoretisch wäre ja "Raus aus den Schulden" parallel im deutschen Privatfernsehen gelaufen. Dazu erklärte Carl Hirschmann auf dem Bildschirm seine neuste Eskapade. Problemfälle hätte man also auch vom heimischen Sofa aus begutachten können.

Die Zusammensetzung der Zuschauer auf dem Buechenwald Sportplatz kam wenig überraschend daher. Die meisten Gesichter durchaus bekannt. In einem der Einfamilienhäuser hinter dem Stadion eröffnete jemand mit einem grossen Feuer die Grillsaison. Diese Flammen zogen unverhältnismässig viel Aufmerksamkeit auf sich. So fühlt sich dann wohl auch die 1.Liga wieder an. Fehlen nur noch Mendrisio, Chur und Zofingen auf dem Fussballfeld...

In der dritthöchsten Liga gehts in 5 Monaten wieder um Punkte und hoffentlich auch um Siege. Dieses Spiel heute war äusserst sinnlos, sogar ein Testspiel im Winter auf Kunstrasen bringt mehr Erkenntnis. Die meisten Fussballer in der Gossauer Mannschaft werden nämlich nächsten August irgendwo spielen, aber nicht mehr beim FC G.

Flott, Flott, spielten die Leute mit den Blau-Weissen Trikots . Das 2:2 war durchaus verdient. Eine schöne Geste ereignete sich am Schluss des Match. Einige Spieler zogen sich "Danke Alex" T-Shirts an. So erwiesen sie dem anwesenden Ex-Coach ihre Dankbarkeit. Alex Kern war zwar selten vom Glück verfolgt, aber er steckte seine Energie zu 100% in das Projekt "Klassenerhalt". Es lag nicht an ihm, dass dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt war.

Wo geht der Weg des FC Gossau hin?

Dienstag, März 23, 2010

Der Entscheid...

Im Juli des letzten Jahres führte ich am Rande des St.Galler Open Air eine emotionale Diskussion mit einem alten Bekannten. Es ging um den umstrittenen Entscheid der FC Gossau Verantwortlichen, trotz sportlichem Abstieg in der NLB zu bleiben. Wir waren uns in diesem Thema in etwa so einig, wie Israel und Palästina in der Frage des Gaza Streifen. Mein ehemaliger Teamgefährte bei den FC G Junioren vertrat die Meinung, dass die NLB nur eine "Geldvernichtungsmaschine" darstelle. Ich hingegen versuchte ihn zu überzeugen, dass eine Mannschaft in der zweithöchsten Liga u.a. ein gutes Aushängeschild für den Gesamtverein und unsere Stadt darstelle.

Vielleicht war ich damals zu naiv? "Diä Nati B isch doch ä Pleiteliga", wie oft hörte ich diesen Satz. Mir war ja auch klar, dass eine zweite Liga mit 16 Profi rsp. Halbprofivereinen in unserem kleinen Land nicht realistisch ist. Einige hundert Zuschauer im Schnitt finanzieren nun mal keine semi-talentierten Fussballer aus Brasilien oder Kroatien. Allerdings war ich im Sommer des letzten Jahres immer noch verzaubert von der ersten Saison des FC Gossau in der NLB. Dort bewies die Gossauer Amateurmannschaft verstärkt mit einigen Profis, dass mit leidenschaftlicher Leistung vieles möglich ist. Dieses Team gab einigen Leuten den Glauben an den "echten unverfälschten Fussball" wieder.

Die darauffolgende Spielzeit sah ich als Ausrutscher. Der kleine Verein musste Lehrgeld bezahlen. Viele Spieler kamen und gingen, nicht mal deren Namen konnte man sich merken, so schnell waren sie wieder verschwunden. Selten oder wohl nie spielte der Mannschaft in der zweiten NLB Saison mit der gleichen Aufstellung. So konnte kein Gefüge entstehen, kein Spielsystem war erkennbar, es gab kein spielerisches Versändnis auf dem Platz. Dementsprechend bitter verlief diese Saison, zwei Trainer mussten gehen, Siege waren in etwa so selten, wie FKK Strände in Nowosibirsk.

In dieser Saison sollte es nun besser werden. Doch es kam anders. Zuerst verliert ein Typ seinen Job, und dann läuft im einige Monate später auch noch die Freundin weg. So ähnlich ist es dem FC Gossau ergangen. Nachdem sportlich zuvor wirklich fast alle versagt hatten, schlitterte man nun auch noch mit voller Wucht in den "Wettskandal". Dass die Hinrunde unter einem guten Stern stand kann also niemand behaupten. Wiederum raffte man sich aber auf und versuchte es in der Rückrunde besser zu machen. Der Willen dazu war bei der sportlichen Führung und der Mannschaft vorhanden, so hatte man zumindest von Aussen den Eindruck.

Jetzt also der Entscheid des Vorstands, 10 Spieltage vor Ende der Saison. Der FC Gossau zieht sich aus der NLB zurück. Sportlich sind von nun an sogar Wettkämpfe in der rythmischen Gymnastik für Frauen Altersklasse 65-75 relaventer, als die restlichen Parteien. Der Entscheid, den Gang in die 1.Liga anzutreten kommt jedenfalls nicht so überraschend, wie der Zeitpunkt der Bekanntgabe.

Das Positive, die Rückstufung in die dritthöchste Schweizer Liga kann für den FC Gossau eine Chance darstellen. Mit gezielter Juniorenförderung, und guten regionalen Spielern könnte der Fürstenländer Verein endlich wieder positiv wahrgenommen werden.

Aus Sicht der Fans tut der Entscheid sicherlich weh. Als Anhänger will man seinen Verein immer möglichst weit oben sehen. Doch die Ereignisse in den letzten Monaten liessen mich persönlich innerlich ein wenig abstumpfen. Ich denke daher ein Neuanfang ist richtig. Um auf meine Diskussion beim Open Air zurückzukommen. Mein alter Bekannte hatte Recht werden nun die meisten Denken. Doch solche Meinungen waren auch ein Mitgrund warum das "Abenteuer NLB" beim FC Gossau schlussendlich scheitern musste. In der Bevölkerung war kein Rückhalt zu spüren, potente Sponsoren fehlten ebenso wie viele Zuschauer. Der FC G wurde oft belächelt, und der Satz "die ghöred jo au nöd id Nati B" machte mich des öfteren wütend.

Trotz aller kritischen Stimmen, der FC Gossau spielte zumindest eine Saison lang erfolgreichen NLB Fussball. Die Fürstenländer haben damals bewiesen, dass dies auch mit wenigen finanziellen Mitteln funktioniert. Es war ein Traum, der leider viel zu schnell endete. Die Spielzeit 07/08 war meine schönste Zeit als Fussballfan.

PS: Einen besonderen Dank an Präsident Roli Gnägi, der trotz vieler widrigen Umstände bis zuletzt an einen NLB Fussball in unserer Stadt geglaubt hat.
einen Dank auch an seinen Vorgänger Alex Bühler und sein Team im Vorstand. Sie ermöglichten den sensationellen Aufstieg vor 3 Jahren.

Sonntag, März 21, 2010

FC Schaffhausen : FC Gossau


NLB
Stadion Breite
570 Zuschauer

Die Spieler des FC Gossau kämpfen tatsächlich mit jeder Faser ihres Körpers gegen den Abstieg. Nur so ist es zu erklären, dass Mirco Graf an diesem Sonntag seinen blanken Hintern zur Schau stellte. Der impulsive Stürmer präsentierte seinen verlängerten Rücken einigen Schaffhausen Fans auf der Gegengerade. Graf lieferte sich in der zweiten Halbzeit, ein interessantes und von vielen Höhepunkten gespicktes Duell mit einigen Zuschauern auf der Gegengerade. Diese Literatur Preis verdächtigen Wortwechsel können leider hier nicht wiedergegeben werden. Nur soviel, die Dialoge erinnerten eher an den letzten Bushido Film, als an das Arte Kulturmagazin.
Nicht nur die Schaffhauser Fussballanhänger, auch deren Spieler lieferten sich einen hitzigen Kampf mit dem Tabellenletzten. Der regnerische März-Tag lockte zwar nur knapp über 500 Zuschauer ins Stadion Breite, diese kamen aber auf ihre Kosten. Sie sahen ein Traumtor zur Führung der Munot Städter, ebenso wie ein äusserst gelungenes Comback von Jan Berger. Der 33-jährige Tscheche spielte im Gossauer Mittelfeld wie zu seinen besten Tagen. Mit wehendem blonden Haar, und der einen oder anderen technischen Finesse machte Berger deutlich, warum er vor Jahren als grosses Ausnahmetalent galt. Sein Cousin spielte beim FC Liverpool, er brachte es "nur" zum FC Kingfisher East Bengal. Dieser indische Club spielt aber immerhin in einem 120'000 Zuschauer fassenden Stadion, da passt die Anfield Road beinahe dreimal rein. Doch vor 240 mal weniger Zuschauern, als in Südasien gelang dem gebürtigen Prager ein wunderschönes Tor zum zwischenzeitlichen 1:2. Dieser Treffer hätte eigentlich der Start zu einer Aufholjagd werden können, doch da machte der Schiedsrichter den Fürstenländern einen Strich durch die Rechnung. Der engagiert kämpfende Nachwusspieler Denis Simani wurde nach einem Tackling vom Platz gestellt. Diese Entscheidung brachte nicht nur den Trainer der Gästemannschaft in Rage. Alex Kern tobte an der Seitenlinie, wie Stefan Effenberg, Vinnie Jones, Mirco Graf und Eric Cantona zu ihren besten Zeiten. Die ganze Aufregung war allerdings umsonst, denn nur ein paar Minuten später stellte der Spielleiter gleich den nächsten Gossauer mit Gelb-Rot vom Platz. Da war dann der "Mist geführt", unter diesen Umständen wäre ein plötzliches Auftauchen der Titanic realistischer gewesen, als ein Punktgewinn der Gossauer an der deutschen Grenze.
Der Sieg freute Startrainer René Weiler, Mittelfeld-Ass Thomas Weller und all die singenden Schaffhausen Fans. Diese verabschiedeten uns Gossauer mit dem üblichen Liedchen schon mal Richtung 1.Liga. Sollte es tatsächlich soweit kommen, werden sie uns sicher vermissen. Die Anhänger der hochklassigen Fussballunterhaltung wahrscheinlich weniger, als die Freunde des gepflegten Exibitionismus.

Freitag, März 19, 2010

FC Gossau : SC Kriens

Sportplatz Buechenwald
320 Zuschauer
NLB

Ach ja, bis zur siebten Minute war es wahnsinnig spannend...

Ich hatte vom Feeling her ein gutes Gefühl
(Andreas Möller)
Tatsächlich das Feeling war saugut vor dem Spiel. Man hätte beinahe sein gesamtes Schwarzgeldkonto auf einen Sieg der Blau-Weissen gesetzt. Nach dem Sensations Erfolg auswärts in Yverdon war der nächste Sieg doch nur noch Formsache. Zudem verhielten sich die Gossauer Verantwortlichen taktisch geschickt und setzten das Spiel auf Donnerstag 18.45h an. "Europa Liga" wir kommen, sag ich da nur! Diese Verschiebung war ganz gewiss als psychologischer Wink an die Mannschaft gedacht. "Ihr seid für höhere Aufgaben geboren"! Fulham, Lüttich, Wolfsburg, Liverpool, zieht euch schon mal warm an!!!!

"Wenn man ein 0:2 kassiert, ist ein 0:0 nicht mehr möglich
(Aleksander Ristic)
Nach 11. Minuten stand es 0:2, und die Gossauer Abwehr wackelte heftiger, als die Hüften einer Moulin Rouge Tänzerin. Da nützte es auch nichts , dass die Mehrheit der Zuschauer eine Abseitsposition vermuteten.
Die vier Krienser Fans trauten wohl ihren Augen kaum, diese Partie war verdammt schnell entschieden.

Bedanken möchten wir uns auch bei den Fans, auf denen wir uns immer verlassen konnten.
(Andi Brehme)
Ja viele sinds nicht mehr in Gossau. Gerade mal 320 Zuschauer wollten sich den 11minütigen Abstiegskrimi auf dem Buechenwald Sportplatz anschauen. Langsam sehen wir uns zahlenmässig in erheblicher Konkurrenz zu Schultheater-Veranstaltungen.

Es gibt nur einen Ball, wenn der Gegner ihn hat, muss man sich fragen: "Warum!? Ja, warum?" Und was muss man tun? Ihn sich wieder holen!
(Giovanni Trappatoni)
So einfach ist (wäre) Fussball...gilt aber seit geraumer Zeit in Gossau nicht mehr.

Es ist wichtig, dass man 90 Minuten mit voller Konzentration ans nächste Spiel denkt!
(Lothar Matthäus)
Es ist irgendwie passend für diesen Abend, dass die Schifffahrtsroute Kreuzlingen-Schaffhausen erst ab Anfang April wieder befahren wird. So erübrigten sich all die Diskussionen (geführt ab Minute 11) über abenteuerliche Anreisemöglichkeiten zum nächsten Auswärtsspiel.

Wenn sie dieses Spiel atemberaubend finden, haben sie es an den Bronchien
(Marcel Reif)
Eine Diskussion über das Schulssystem in Usbekistan wäre nicht weniger spannend gewesen, als die zweite Hälfte in diesem Spiel. Allerdings bemühten sich die Gossauer redlich, da kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Doch auch Hertha BSC Berlin bemüht sich dieses Jahr in der Bundesliga. Ich bemühe mich ja auch...hier nicht endgültig in übelsten Zynismus zu verfallen.
Ganz im Sinne von Paul Breitner :"ich hab nur immer die Finger in die Wunden gelegt, die sonst unter den Tisch gekehrt worden wären".

In der letzten Saison hat der VFL Bochum von 5 Elfemtern 6 verschossen.
(RAN Sat 1 Fussball)
Sowas passiert unserem Captain bestimmt nicht. Zielsicher verwandelte Avanzini seine 2 Strafstösse. Allerdings zu einem gänzlich unglücklichen Zeitpunkt, zwischen der 89. und 93. Minute. Unser Mannschaft kam zu spät. Die Party war da aber schon gelaufen. Die schönen Frauen schon anderweitig vergeben. Die Getränke leergetrunken. Die Musik abgestellt. Die Lichter gelöscht???

PS: grossen Dank an unseren vielfachen Besuch aus Nah und Fern! So einen "Europa League" Abend in Gossau, vor traumhafter Kulisse lässt man sich halt nicht entgehen :-) Ihr wisst guten Fussball noch zu schätzen.

Montag, März 15, 2010

Schwere Zeiten...

Allgemein wird behauptet der Fussball sei ein Abbild der Gesellschaft. Dementsprechend kann es nicht wirklich überraschen, dass sich immer wieder Vereine in die Abhängigkeit von windigen Investoren begeben. In wirtschaftlich nicht allzu rosigen Zeiten kämpft dementsprechend der eine oder andere Club mittlerweile ums nackte Überleben. Der Leidtragende wie immer der ganz normale Fan.

15 Tipps, woran man erkennt, dass der eigene Verein kurz vor dem Bankrott steht.
(100% satirisch, 100% hilfreich)

1) Der Vorstand präsentiert stolz zu Saisonbeginn den neuen Trikotsponsor. "Lehman Brothers ist der ideale Partner für unseren Verein. Die selben Eigenschaften verbinden uns. Diese Zusammenarbeit wird für beide Parteien ertragsreich sein. Wir stehen vor einer rosigen Zukunft", so der sichtlich zufriedene Präsident.

2) Peter Zwegat wird neuer Manager des Clubs. Der "Reality Soap Star" wird mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet. Vor der Presse gibt sich der TV-Mann gewohnt offenherzig: "Von Fussball hab ich nun kaum eine Ahnung, aber eins weiss ich, mit unserer Sendung "Raus aus den Schulden" sind wir hier definitiv am richtigen Ort."

3)Die VIP Zone im Stadion wird zur Suppenküche für Obdachlose umgebaut. Der Mannschaftscaptain steht wie immer zuvorderst in der Schlange. Noch vor "Schnappsnasen Jimmy" und "Zwetschgen Lutz Hansi".

4)Der Platzwart sucht ein Nebeneinkommen. Der neuangepflanzte Rasen kommt aus Holland und richtig äusserst markant. Nach dem zweiten Saisonspiel läuft die halbe Mannschaft mit Rasta Locken über das Spielfeld. Als neue Einlaufhymne hat sich die Mannschaft zudem "Legalize it" von Bob Marley gewünscht.

5)Die günstige Neuverpflichtung aus dem Oman übernachtet im Beduinenzelt vor den Stadiontoren. Bis zehn Minuten vor dem Spiel bruzelt er heimische Spezialitäten auf dem Grill. 50% der Einnahmen gehen natürlich an den Verein.

6)Der Fussballverein verkauft seine Marketingrechte an eine bisher unbekannte Firma mit dem zwielichtigen Namen "Don Corleone & Partner".

7) Der Club war auch schon beliebter. Für die Namensrechte am baufälligen Stadion interessiert sich niemand so wirklich. Notgedrungen verkauft man diese Rechte an die Grossmutter des Mittelstürmers. "Tante Marlies Näh+Bastelstudio" Arena. Eine Name an den sich die Anhänger zuerst gewöhnen müssen. Die Marketingexperten aus Süditalien raufen sich die Haare.

8) Die örtliche Ultra-Gruppierung gewährt dem Verein einen Kredit aus ihrer Choreokasse. 12% Zins, knallhart ausgehandelt zwischen dem Capo und dem Vereinspräsidenten.
Motto:"Alles für den Verein"!

9)Im Winter trifft ein Hilfstransport aus Albanien ein. Die Spieler präsentieren sich überglücklich mit ihrer warmen Trainingsbekleidung vor der heimischen Presse.

10)Der Konkursverwalter wird beim letzten Saisonspiel, als treuster Matchbesucher des Jahres ausgezeichntet.

11)Es wird nur noch bei Regen trainiert. Der Verein kann so die Wasserkosten beim Duschen sparen. In Sachen Telekommunikation geht man notgedrungen neue Wege. Vom Ornithologischen Verein werden günstig drei Brieftauben erworben.

12)Die Mannschaftsmitglieder verteilen vor den Heimspielen Gutscheine in der Stadt. Pro gekauftem Ticket, kriegt jeder Fan einen "Gratis Eintritt" in den Nassbereich der Mannschaftskabine. inkl. Massage des Club-Masseur.

13)Der Verein hat soviel Medienpräsenz wie selten zuvor. Oft ist man sogar das Hauptthema. Leider aber nicht im "Kicker" oder bei"Sport Aktuell". Nein, bei "Financial Times" und "Eco-dem Wirtschaftsmagazin".

14)Man ist sich für gar nichts zu Schade. Bei der Neueröffnung des Erotikmarkts im Industriegebiet tritt die komplette Mannschaft zur Autogrammstunde an. Kurz vor den bekannten Pornostars Susi Silikon und Mausi Schmausi.

15)Man will das Image des Vereins auch im Namen unterbringen und benennt sich in FC Insolvenzia um.

Donnerstag, März 11, 2010

Mein erstes Mal...

Nun stand sie an, meine erste Sitzung im Gossauer Stadtparlament. Seit nunmehr 24 Jahren lebe ich in dieser Stadt, die mir in dieser Zeit ans Herz gewachsen ist. Ihre „Kleinbürgerlichkeit“ hab ich oft verflucht, ihren „dörflichen Charakter“ aber auch geschätzt. Jetzt sitze ich also in der Legislativ der Fürstenländer Metropole.

Zu Fuss mache ich mich auf zum Fürstenlandsaal. Natürlich quetscht sich Abends um halb Sechs wieder die gefühlte Halbjahresproduktion eines deutschen Mittelklassewagens durch unsere kleine Stadt. Ich denke für mich: "Schön wäre es, wenn ich es im Parlament miterleben dürfte, wie man einen vernünftigen Lösungsansatz für diese endlose Problematik entwickeln könnte". Dies sind aber vorerst nur Illusionen, wer Gossau kennt, weiss warum... Gedankenversunken marschiere ich weiter. Vor dem Saal treffe ich einen Bekannten, er ist seit eineinhalb Jahren für die CVP im Parlament. Die Aufgabe in der kommunalen Politk sei sehr interessant, und er verstehe nun viele Zusammenhänge die im Hintergrund ablaufen, meint der Gossauer KMU Geschäftsführer. Mein Parteigenosse von der SP stösst wenig später auch zu uns. Er ist schon ein Routinier im Parlamentsbetrieb und erläutert mir nochmals einige Dinge.

Die Atmosphäre im Parlament ist entspannt, jedes Mitglied begrüsst mich mit Handschlag und man ist sofort beim „Du“. Wir zwei Parlementarier von der sozialdemokratischen Partei sitzen im 30-köpfigen Parlament am rechten Rand, sozusagen diametral zu unseren politischen Ansichten. Neben uns beiden „Sozis“ nehmen sieben SVP, drei FDP, acht CVP und vier FliG (Freie Liste Gossau) Mitglieder Einsitz im Parlament. Der Stadtrat besteht aus fünf Mitglieder (drei davon parteilos, zwei FDP). Gossau ist also nicht gerade das Kuba der Schweiz, die linke Politik hat es dementsprechend schwer. Unsere Stadt beheimatet nicht unbedingt eine progressive Gesellschaft. Für die SP kommt erschwerend hinzu, dass man mit 2 Sitzen nicht in Komissionen mitwerken kann. Wir dürfen zwar in diesen Einsitz nehmen, haben allerdings kein Stimmrecht.

„Die heutige Sitzung werde wohl schnell vorbei sein“, meint mein Parteikollege vor dem Beginn. Er sollte recht behalten. Die Länge der Sitzung beschränkt sich auf die Dauer einer „TV-Seifen Oper“. Mit dem Unterschied, dass in den 25 Minuten Parlamentssitzung kein belangloses „Blablabla“ zum Besten gegeben wird. Viel Unsinn kann man zugegebenermassen in einer knappen halben Stunden auch nicht erzählen. Die Traktanden werden jedenfalls zügig durchgegangen. Eine Diskussion wird bei keinem Punkt verlangt. Zu vergleichsweise längeren Redebeiträgen kommt es einzig bei der Interpellation zur Steuerfusssenkung (Gallus Hälg, SVP) und bei unserer Interpellation zur „Schliessung SBB Bahnhofsschalter. Mein Parteigenosse Karl Bürki kritisiert in seinem Kommentar die Strategie der Schweizerischen Bundesbahn. „Die Dienstleistungen am Bahnhof Gossau werden in kleinen aber beständigen Schritten abgebaut“ so Bürki. Unverständnis drückt er auch darüber aus, warum den der Bahnhof im kleineren Sargans am Sonntag offen bleibt, und der in Gossau nicht?

Leserbriefe und persönliche Reaktionen bestätigten uns in den letzen Wochen, dass die „Schliessung des Bahnhofsschalter am Sonntag“ mehrheitlich auf Kritik stösst. Dies ist auch meine erste politische Enttäuschung. Trotz stichhaltiger Argumente und einigem Rückhalt aus der Bevölkerung hatten wir wohl nie den Hauch einer Chance, dass die SBB auf ihren Entscheid zurückkommt.

Den Stimmzettel ein paar Mal hochhalten, sollte meine einzige Betätigung an dieser ersten Sitzung bleiben. Wohl noch selten zuvor war das Wort vom „Hineinschnuppern“ in einen Parlamentsbetrieb treffender. Einige Mitglieder der Legislative trafen sich danach noch zu einem kleinen Umtrunk in einer örtlichen Lokalität. Die Politiker vom Bundeshaus bilden ihre Seilschaften ja auch in der Bellevue Bar aus, so sagt man jedenfalls. Dem will man wohl im kleinen Gossau nicht nachstehen. Viel zu diskutieren gibt es im Fürstenländer Städtchen. Muss dieser Gröbli Kreise wirklich so teuer sein? Warum stimmte die Gossauer Bevölkerung für eine Steuerfusssenkung, obwohl grosser Investitionsbedarf herrscht?

Ein Leserbriefschreiber forderte kürzlich die Abschaffung des Parlaments. Ich denke diese Volksvertretung hat aber auch in Gossau durchaus seine Daseins Berechtigung. Ein Rückschritt wäre es aus meiner Sicht, die ganze politische „Macht“ auf einen kleinen Stadtrat zu verteilen. In einem Parlament haben auch kleinere Parteien die Möglichkeit, die Meinungen und Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Ausserdem sorgt eine lebhafte politische Landschaft dafür, dass Projekte vorangetrieben werden, die ansonsten auf die lange Bank geschoben würden.

Ich freue mich jedenfalls auf die nächste Parlamentssitzung in Gossau.

Sonntag, März 07, 2010

Gästeblog: FC Yverdon Sports : FC Gossau



Gästeblog von Dani Rohner:
NLB
Stade Municipal
680 Zuschauer
"Yverdon isch immer für en Punkt guet, do sind mir no nie ohni öppis wieder hei!" Das war doch mal eine Ansage! Der Andrang zu diesem Spiel liess aber etwas zu wünschen übrig. Und so fuhr ich also am Samstag alleine los in die Westschweiz. In Zürich stieg dann Günter noch zu, eine Verdoppelung des Mobs. Einige SMS'en und Teletextbesuche (Freunde von uns waren bereits in Yverdon eingetroffen und meldeten Schneefall), ob das Spiel noch nicht abgesagt sei, begleiteten uns die ganze Reise. Ein kurzentschlossener Fussballverrückter gesellte sich dann in Aarau zu unserer Gruppe und kurze Zeit später in Yverdon erwarteten uns auch schon die 2 befreundeten Berner. So warteten wir also vor dem Stadion, bis wir die mitgebrachten Getränke geleert hatten. Leider herrschten nicht ganz die gewünschten mediterranen Temperaturen, aber es war ganz passabel. Im Municipal konnten wir danach unkompliziert unser "Gepäck" bei den Ordnern deponieren. Ein Gang zum Grill durfte nicht ausgelassen werden. "Ich nimme do de Schüblig" sagte ich zum Grillmeister - welcher mir aber mit einem "No no, Schüblig, no no no!" irgendwie kopfschüttelnd das Geld dafür abnahm. Schlussendlich sah da Ding aber echt aus wie ein Schüblig und schmeckte auch so, ha! Als wir dann auf unsere "angestammten" Plätze gehen wollten mussten wir feststellen, dass diese nicht mehr da waren. Irgendwie wurde die Stahlrohrtribüne in Yverdon einfach abgebaut, inklusive der dazugehörenden Plastikklo's. Naja, so gab es überdachte Sitzplätze. Wir durften sogar dort stehen (ob mangels Sicherheitskräften oder dank gesundem Menschenverstand kann ich leider nicht final beurteilen, setze aber definitiv auf die zweite Möglichkeit).
Zu Spielbeginn konnte Gossau gut mithalten. Vermehrt mochten unsere "Gäste" erwähnen, dass wenn Gossau immer so spiele der Tabellenplatz nicht stimmen könne. Es sah wirklich gut aus, was die Jungs da boten! Sogar die Sonne schien teilweise in unseren Block - so vergass man etwas die Kälte. Kurz vor der Pause brachte uns dann Claudio Holenstein tatsächlich in Führung! Fühlt sich prima an! Der zweite Spielabschnitt wurde dann wieder ziemlich spannend. Leider gab es sehr viele Unterbrechungen, so dass wir uns schon ziemlich bald darum sorgten, dass wir den Zug wohl nur mittels Spurt zum Bahnhof erreichen werden.
In der 90. Minute hörten wir dann, dass "mindestens 5 Minuten" nachgespielt werden. Wie befürchtet. Also "bauten" wir unsere Sachen ab und machten uns auf zum Stadionausgang. Hinter dem Tor von Orlando Lattmann konnten (oder mussten?) wir dann beobachten, wie Yverdon noch zu 2 Grosschancen kam (Parade Lattmann und Lattentreffer). Trotzdem reichte es und mit Schlusspfiff hatten wir den 2. Sieg in dieser Spielzeit eingefahren. Was für ein Gefühl! Als die Mannschaft uns gefunden hat (wir hatten ja den Platz bereits verlassen) gab es noch ein Abklatschen mit sichtlich erleichterten Spielern (und vor allem Trainern); Parole "Wir leben noch" und "Es goht jo, es goht jo!". Danach Spurt zum Bahnhof und auftauen sämtlicher Glieder im geheizten Zugsabteil.
"Yverdon isch immer für Pünkt guet", nur noch 7 Punkte Rückstand, "wir leben noch"!

(Fotos: Rafael Wieland, Grossratskandidat Kanton Bern)

Mittwoch, März 03, 2010

Schweiz : Uruguay


NSSG
Testspiel
12'500 Zuschauer
40 Minuten vor Spielbeginn sitze ich noch gemütlich auf dem heimischen Sofa. Wie von Geisterhand gepackt stehe ich nur fünf Minuten später, plötzlich und zu meiner eigenen Verwunderung an der Haltestelle Richtung St.Gallen-West. Da kommt auch schon ein Extra-Bus, der sich spärlich gefüllt auf die Reise zum Stadion des FC St.Gallen macht. "Isch dänn hüt Gratis, wägem Länderspiel!", verkündet mir freundlicherweise ein Mitfahrer. Sein Kopf ziert das modische Käppi einer österreichischen Wintersportdestination, um seinen Hals schmiegt sich ein Schweizer Fan Schal.
Ich bin eigentlich nur physisch unterwegs an diesen Länderkampf. Phsychisch sitzte ich immer noch vor dem Fernseher und staune wie sich Medien und Experten über einen zigarrenrauchenden Fussballgott aus Argentinien echauffieren können. Ausserdem wird dem "Goldjungen" vorgeworfen, von Taktik keine Ahnung zu haben. Lustigerweise werden zwischen Zigarren und falscher Fussballtaktik Verbindungen gesucht. Cesar Luis Mennoti und Ernst Happel waren übrigens Kettenraucher...
Gedankenversunken und innerlich lamentierend über unsere merkwürdige Gesellschaft steige ich beim Stadion aus. Wie in Trance bewege ich mich durch die Menschenmassen, bis mir eins dieser Vuvuzela Monster seine Tröte in den Gehörgang steckt (so kommt es mir jedenfalls vor). Das sind doch die wirklich schlimmen Auswüchse unserer Gesellschaft, bestimmt kein exentrischer Nationalmannschafts Coach aus Buenos Aires.
Beim Kassenhäuschen herrscht nicht gerade ein Andrang wie auf einem Flüchtingsboot Richtung Süditalien. 20.--Franken für ein Ticket, ich Vollidiot!!! Bereits in dem Moment, als die Note den Besitzer wechselt, bereue ich meinen Entscheid. Wie ein Alkoholiker, der sich eine Flasche Schnaps öffnet. Man weiss ganz genau, das wird Böse enden...trotzdem macht man es.
Streller Rein, Streller Raus! Der Basler Stürmer ist in der Ostschweiz ähnlich beliebt, wie Bratwurst mit Senf. Wieso weiss eigentlich niemand so genau? Die Stadionverantwortlichen zittern. Hitzfeld hat angekündigt, dass ein neuerliches Auspfeiffen des schlaksigen Angreifers, Konsequenzen für den "Länderspiel Standort" St.Gallen haben könnte. Die Anfeuerungen und die Pfiffe für den Stürmer halten sich aber die Waagschale, somit ist die Provinz Posse (hoffentlich endlich) beendet. Höchstens irgendjemand möchte noch ein gesellschaftliche Studie über den Zusammenhang zwischen Zigarren Rauchen, falscher Spieltaktik und dieser "Streller Auspfeifferei" schreiben.
Die "Causa Streller" war zumindest aus boulevardesker Sicht das Spannenste an diesem Abend. Alles andere kam wenig überraschend. Die Sache mit dem Arsch abfrieren genauso wenig, wie der ideenlose Auftritt der Schweizer Nati. Sehr verwundert war ich höchsens über meine eigene Blödheit, doch noch an dieses Spiel gefahren zu sein.
Zuhause sehe ich, Diego schlägt Jogi dank einer taktischen Meisterleistung!
Ein Hoch auf Zigarren, Diego, Cesar Luis Menotti und die Revolution!
Schande über Vuvuzelas und spontane Matchbesuche