Mittwoch, Januar 18, 2012

A.C. Milan : Inter 0:1







Serie A
San Siro
80'074 Zuschauer

Borghetti, diese Likör/Espresso Mischung findet man in fast jedem italienischen Stadion. Optisch erinnert das Fläschchen an ein kleines Parfüm-Flacon der Ehefrau. Geschmacklich lässt es sich allerdings eher mit kaltem Coretto-Grappa vergleichen. „Nur 20 Euro für 5 Stück“ meint der eifrige Verkäufer. Dieser Preis verwundert, da der Einzelpreis mit 3 Euro pro Borghetti angeben ist. Dies sei nun mal so, entgegnet der Angestellte mit einem Achselzucken...

Die Handschuhe mit dem aufgedruckten Wappen des AC Milan sind an diesem Abend ausverkauft. Der Verkäufer am offiziellen Merchandising -Stand des italienischen Meister schüttelt entschuldigend den Kopf. Fabio, ein Rossoneri-Anhänger aus St.Gallen, muss also weiter frieren. Der berüchtigte Lombardei Nebel sorgt für kühles Januar Wetter in Norditalien.

Die Eltern von Fabio stammen aus Sizilien, wie so viele Secondos unterstützt auch er einen Verein aus Norditalien. Der Reisecar aus der Ostschweiz brachte an diesem Tag einige Milanisti und Interisti mit Migrations Hintergrund in die Lombardei. Bereits im Bus wurden Gesänge auf den jeweiligen Lieblingsverein angestimmt, wobei die Rot-Schwarzen die Überhand behielten. Die AC Milan hat an diesem Sonntag Heimrecht.

Dick eingepackt warten die Zuschauer auf den Anpfiff des 190. Mailänder Derby. Die beiden Fankurven begrüssen die Mannschaften mit einer Choreografie. Dem spektakulären Auftritt der Gästefans in der Curva Nord zollen gar einige Milan Tifosi ihren Respekt. Die beiden Teams aus der „Mode-Stadt“ zeigen danach eine engagierte Leistung. Leider entwickeln sich nur wenig Torchancen. Die Stimmung ist den Offensiv Aktionen entsprechend eher entäuschend. Vielleicht liegt dies aber auch an der Einführung des „Tessera del tifoso“. Der umstrittene Fanausweis schwächt die lebendige italienischen Fankultur merklich. Die Gewalt ging gemäss Statistik des italienischen Innenministerium zurück. Der Erwerb des Ausweis bringt aber einen grossen bürokratischen Aufwand mit sich. Da überlegt ein „normaler“ Familienvater zweimal, ob er das Spiel im Stadion, oder im TV sehen möchte. Die Regierung führte mit aller Konsequenz den "gläsernen Fan" ein. Die Folge sind weniger Zuschauer und ein Nachlassen der Stimmung. Die beiden Ultra-Szenen überzeugen am heutigen Tag also weniger mit langen, einstudierten Gesängen, sondern mit unzähligen Transparenten. Der einen Seite wurde u.a. eine „Facebook Mentalität“ vorgeworfen, während sich die Gegenpartei als „das einzig wahre Mailand“ betitelt.

Diego Milito sorgt schliesslich für die Entscheidung. Der Argentinier erzielt den einzigen Treffer dieser Partie. Inter gewinnt und die Mehrzahl der Zuschauer verlässt enttäuscht das Stadion. Die Stimmung im Car ist dann auch eher gedrückt. Einzig ein Inter Fan singt davon, dass er von den Milan Anhänger gar nichts mehr höre. Ein Rossoneri Fan entgegnet heiser „Forza Milan“ und schläft weiter. Seine Stimmte deutet darauf hin, dass er auch während des Spiels gesungen hat. Vielleicht trank er auch fünf Borghetti, wer weiss…