Montag, Oktober 24, 2011

Von der Urne an die Sonne...

Abstimmungssonntag in der Schweiz. Wer als Ostschweizer Läufer die Wahl hatte war in Speicher am Besten aufgehoben. Knapp vor der Ortsgrenze strahlte die Sonne über dem dichten Hochnebel des Unterlands. Nur die Grünliberale Partei (GLP) und Bürgerlich Demokratische Partei (BDP) waren an diesem Tag von den äusseren Umständen annähernd so verwöhnt, wie die Wettkampfsportler.

23. Austragung des Laufcup. 10 Läufe in den Kantonen AR/SG/TG von Oktober bis Februar. Ganze CHF 2.-- pro Wettkampf zahlt jeder Teilnehmer und kriegt dazu sogar noch Kuchen und Tee am Ende des Rennens. Die symphatische Non-Profit Veranstaltung lockt Jahr für Jahr mehrere hundert Teilnehmer an.

"Wie lief deine Saison?", "Was für Läufe hast du gemacht?", "Gratulation zu deinem Top Resultat beim Marathon!" Fröhliches Wiedersehen und intensiver Austausch mit Laufkollegen. Einige sieht man öfters bei Laufveranstaltungen, andere nur hier beim Laufcup. Beim Einlaufen sind viele noch dick eingemummt. Am frühen Morgen zeigte das Aussen-Themometer nur 1 Grad Celisius an. Hier im sonnigen Appenzell-Ausserhoden kann man nun die Kappe und die Handschuhe getrost wieder im Rucksack verstauen.

352 Starter stehen bereit für den 11,1km langen Crosslauf. Jemand vom emsigen Organisationskomitee verkündet per Megafon, dass vier Kilometer vor Schluss ein "Kuhhag" auf uns warte. Wir sollen diesen nicht Öffnen, sondern unten durch Schlüpfen. Schliesslich seien wir ja hier, um uns zu bewegen, meint der Mann mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Der Startschuss erfolgt. Es wird kein horrendes Tempo angeschlagen. Trotzdem bildet sich schnell eine Vierergruppe an der Spitze. Die Seriensieger Martin Leemann und Matthias Rutishauser leisten Führungsarbeit. Ich bin froh, dass ich den Beiden ohne grosse Mühe folgen kann. Meine Beine fühlen sich gut an, einen möglichen Ausreissversuch breche ich aber schnell wieder ab. Meine beiden starken Konkurrenten würden mir problemlos folgen können, stelle ich nicht ganz Unüberrascht fest. Die Vierergruppe ist nun ein Führungstrio. Trotz hügligem Terrain wird ein 3.50km/min Schnitt gelaufen. Ich beschränke mich weiterhin auf das Begutachten der Laufschuhe meiner beiden Vorderleute. Etwa 3 Kilometer vor dem Ziel startet Martin Leemann bei einem kleinen Anstieg einen "Fluchtversuch". Innerhalb kürzerster Zeit beschleunigt der regionale Spitzenläufer massiv und lässt erst mich, dann auch Matthias Rutishauser hinter sich.

Da ich in einer Woche einen Marathon absolviere will ich mich nun nicht mehr vollständig verausgaben. Ein Herankommen an die ersten beiden Ränge wäre sowieso unrealistisch. Der dritte Platz scheint auch sicher. Ich geniesse daher die letzen beiden Kilometer im lichtdurchfluteten Wald. Zufrieden erreiche ich das Ziel. Ich freue mich über meine Zeit, den guten Rang und mein tolles körperliches Befinden. Europameister Viktor Röthlin meinte letztens, dass ihm noch der gewisse "Flow" vor dem New York-Marathon im November fehlt. Ohne mich in irgendeiner Weise mit dem Innerschweizer Ausnahmekönner vergleichen zu wollen, aber ich hab den "Flow" an diesem Tag erlebt. Genau rechtzeitig vor meinen persönlichen Herbstsaison-Highlight.

Kuchen und Tee gibt es nun für alle Teilnehmer. Ein Läufer meint, er müsse unbedingt um zwölf Uhr zu Hause sein. Wer weiss, vielleicht möchte er die ersten Hochrechungen der eidgenössischen Wahlen im TV verfolgen? Er wird festellen, dass das "Sünneli" über der Ortschaft Speicher an diesem Tag heller strahlte, als das "Sünneli" einer Schweizer Gross-Partei. "Für alle statt für Wenige" so könnte man auch das Motto des Laufcup beschreiben. Dieser Slogan fand beim Stimmvolk am heutigen Tag ebenfalls weniger Anklang, als bei der Läuferschar in Appenzell Ausserrhoden.

Dienstag, Oktober 11, 2011

Wales:Schweiz 2:0

EM Qualifikation

The Liberty Stadium (Swansea)

12'317 Zuschauer

Fussball interessiert in Wales an diesem Tag kaum jemanden. Die Sportläden stellen in ihren Schaufenster Rugby Trikots aus. Die Pub's machen Werbung für WM-Spiele auf Grossleinwand. Die Sportart mit dem eiförmigen Ball und den harten Kerlen steht im absoluten Mittelpunkt des öffentlichen Intresses. In unseren Breitengraden besitzt dieser Kampf der Nationen bekanntlich eine ähnlich grosse Bedeutung wie Hornschlittenrennen.

Mit dem Flugzeug nach Bristol, von da weiter zum Spielort. Diese clevere Reiseplanung ermöglicht einen Zwischenhalt in Newport. In der drittgrössten walisischen Stadt begutachten wir interessiert diverse Rugby Utensilien an den Pub-Wänden. Eine ältere Damen drängt sich leicht beschwipst vor uns an die Theke. Es ist Nachmittags um 15.00h, und wir sind ohne Frage auf der britischen Insel gelandet.

Später im überfüllten Zug von Cardiff nach Swansea stehen einige Fussballfans in den Gängen. Ihre keltische Sprache töne wie unser Schweizerdeutsch, meint einer von ihnen. Nicht die einzige Parallele zwischen den kleinen Ländern. Beide Völker geniessen im Ausland eher eine bäuerliches Image. "Do you have Schnapps?" raunt ein Schweizer zum Zugskellner. Dieser verneint, und die Entäuschung steht den Fans beider Länder ins Gesicht geschrieben. Eine weitere Gemeinsamkeit.

"Ugly lovely Town." Der Dichter Thomas Dylan prägte diesen Ausspruch über seine Heimatstadt Swansea. Alles andere als hässlich sind die Pub's in dieser Stadt. Fröhlich feiernd bereiten sich die Schweizer Fussballfans auf die Partie vor. Eine Niederlage gegen die Waliser scheint so abwegig, wie Grünliberale Spitzenpolitiker mit einer Vorliebe für Luxuskarossen. Doch genauso langweilig wie der Schweizer Wahlkampf-Herbst gestaltet sich das Länderspiel. Eine Fangruppe lamentiert lauthals, aufgrund ihrer beschwerlichen Anreise. Mit dem Mietauto fuhren sie von einem Londoner Flughafen Richtung Swansea. Die Begutachtung dieses Fussballmatch gestaltet sich für die Gruppe allerdings um einiges mühsamer, als der nervenaufreibende Reiseweg.

Die Europameisterschaft findet ohne die Eidgenossen statt. Gottseidank, ist man geneigt zu sagen. Aufgrund der gezeigten Leistungen ist diese Nicht-Teilnahme mehr als verdient. Die helvetischen Fussballfans liesen sich die Stimmung allerdings nur kurz verderben. Anstatt in Warschau im Jahre 2012, machte man in Wales acht Monate zuvor die Nacht zum Tage.

Immerhin stammt die ansehnliche Catherine Zeta-Jones aus der zweitgrössten walisischen Stadt. Für die Schweizer Single Männer gute Vorausetzungen für das Nachtleben. Zumal die meisten einheimischen Männer bereits ihren Schlaf abhielten. Morgens um 06.00h mussten sie schliesslich wieder an der Theke ihres Pub stehen, um püntlich zum Rugby Viertelfinale ein Pint zu ordern.

Am anderen Mittag wirkt die Grossstadt jedenfalls wie ausgestorben. Wales scheint ohne Zweifel zwei Spiele innerhalb von zwölf Stunden siegreich gestaltet zu haben.

Donnerstag, Oktober 06, 2011

Lindau-Bregenz 21,1Km

Der Eurocity Richtung München ist am Sonntag Morgen gut gefüllt. Dies trifft auch auf einige Reisende zu. Oktoberfest Besucher aus der Innerschweiz, bewaffnet mit Filzhut und Dosenbier, machen sich auf die Suche nach weiblichen Geschöpfen. Zwei adrett gekleidete Damen im hübschen Dirndl sind darob wenig begeistert. Die ländlichen Anmachsprüche und Alkoholfahnen morgens um halb Neun sind nicht ihre Sache. Sie nippen erleichtert an ihrem Evian Mineralwasser, als die rotgesichtigen Mit-Dreissiger ihren "Feldzug" im nächsten Wagon weiterführen. Einige Dynamo Dresden Fans stimmen sich derweil auf eine 2.Liga Partie in München ein. Die "Heimweh-Sachsen", wohnhaft im Zürcher Umland, haben für einmal einen nahen Weg zum Spiel ihrer Lieblingsmannschaft.

In Lindau steigt eine grosse Läuferschar aus dem Zug. In einem gekennzeichneten Raucherbereich steht mein Schwager. Er reist mit einigen Kollegen zum grössten Volksfest der Welt. Die Vorfreude sieht man ihm an. Er strahlt.
"Ein-Zwei Mass und ein Hendl darauf hätte ich jetzt auch Lust", überlege ich einen Moment lang. Ich verwerfe diesen Gedanken aber schnell und schliesse mich dem Strom von Läufern Richtung Innenstadt an.

Vor sechs Jahren absolvierte ich von Lindau aus den 3. Länder Marathon. Damals war alles noch eine Nummer kleiner. Mittlerweile ist dieser Anlass die zweigrösste Marathon Veranstaltung in Österreich. 10'000 Läufer und über 50'000 Zuschauer machen diesen Lauf zu einem überregionalen Grossereignis. Der Viertelmarathon ist dabei für viele Laufanfänger das angestrebte Ziel. Power Gel's werden gefuttert, das letzte Mal die Waden von der hübschen Vereinskollegin massiert, oder auch die Schnürsenkel nochmals gebunden. "Mein Gott, bin i nervös", ruft ein fülliger Vorarlberger seinem Laufpartner zu.
Der OK-Präsident ist derweil begeistert vom grossen Teilnehmerfeld. "I hab a Ganserlhaut" ruft er ins Mikrofon. Petrus geht es da wohl ähnlich, pünktlich zum Start scheint die Sonne auf den Bodensee.

Viele hochkarätige Läufer aus Bayern und Österreich haben sich eingefunden. Im Rahmen der Marathonveranstaltungen werden heute verschieden Landesmeisterschaften abgehalten. Im Ziel wird später eine Zeit von 2h 49min gerade mal für Rang 50 reichen. Ausserdem wird der Streckenrekord mit einer Sieger Zeit von 2h11min klar unterboten.
Das Tempo ist dementsprechend von Anfang an hoch. Schnell finde ich meinen Tritt, etwas was mir beim Greifenseelauf vor zwei Wochen verwehrt blieb. Konstant laufe ich einen Schnitt von 3.38min/km. Die Temperaturen sind ideal, die Strecke der Seepromenande entlang wunderschön. Wir durchlaufen nach 10km die bekannte Bregenzer Seebühne. Vorbei geht es am Fussballstadion, wo ich von meiner Familie und den Schwiegereltern angefeuert werde.

Nun kommt der ruhige Teil der Strecke. Der Weg führt die Marathon und Halbmarathon Läufer Richtung Schweiz. Die Halbmarathon Teilnehmer drehen bei Kilometer 15 allerdings wieder Richtung Bregenz ab. Nachdem das Feld getrennt wurde bin ich ziemlich alleine unterwegs. Meine Platzierung ist im Prinzip jetzt schon klar. Das Tempo hat sich mittlerweile bei 3.41min/km eingependelt. In der beinahe absoluten Ruhe dieses Streckenteil lauert aber die Gefahr an Geschwindigkeit zu verlieren. Der Blick geht daher oft auf die Sportuhr um den Kilometerschnitt zu überprüfen. Mein Laufgefühl ist sensationell. Der Kopf möchte noch schneller laufen, die Beine können aber nicht. Vor meinem geistigen Auge tauchen alte Bilder auf. Das letzte Mal als ich hier durchlief litt ich Qualen. Ich bin bin damals die ersten 25 Kilometer viel zu schnell angelaufen, durchschritt später sprichwörtlich die Hölle, um danach erleichtert mit einer Zeit unter 3 Stunden doch noch ins Ziel zu kommen.

Heute ist alles anders. Schon bald erblicke ich das Stadion wieder. Beinahe apprupt tauchen Menschenmassen auf. Leider gibt es hier keine Trennung der Halbmarathon Läufer und der Viertelmarathon Teilnehmer. Natürlich darf man den Kampf um Sekunden nicht zu verbissen sehen. Trotzdem ist es für den schnelleren Läufer mühsam, wenn der Langsamere keinen Platz macht. Erschwerend kommt hinzu, dass viele dieser Sportler mit Kopfhörer laufen. Wenn gerade "Simply the Best" von Tina Turner via Kopfhörer ins Ohr hallt, nimmt man die Aussenwelt wohl kaum mehr wahr.

In 1h17min 39sek erreiche ich im "Slalom" durch die 12 Kilometer Teilnehmer das Ziel im Bregenzer Fussballstadion. Meine zweitbeste Halbmarathon Zeit! Ich bin sehr zufrieden(3.Rang Alterskategorie M30 / 18.Rang Gesamt). Die Vorbereitung auf den Frankfurt Marathon Ende Oktober verläuft nach Plan. Die Zweifel an meiner Form, nach dem durchwachsenen Greifenseelauf, sind wie weggewischt.. Zumal ich im Ziel nicht das Gefühl hatte total ausgelaugt zu sein.

Es herrscht Volksfestatmosphäre bei traumhaften äusseren Bedinungen. Ich genehmige mir ein alkoholfreies Bier und treffe auf meine Familie. Die Gedanken an ein Mass mit Hendl am Münchner Oktoberfest sind weit weg. Dieses Erlebnis macht deutlich mehr Spass, als von verschwitzten Wies'n Touristen auf einer Festbank umklammert zu werden.

Dienstag, Oktober 04, 2011

Gästeblog: FC Schaffhausen : FC Gossau 2:2

Gästeblog von Fabio:
1.Liga
Stadion Breite

Bereits ein wenig früher ging es an diesem mehrheitlich schönen Samstag für fünf Zeitgenossen los. Zur Einstimmung für das schwere Auswärtsspiel gegen den FC Schaffhausen fuhren wir via Winterthur und Bülach bis nach Eglisau. In Eglisau angekommen kam für einen unserer Gruppe bereits der erste Härtetest für den späteren steilen Marsch vom Bahnhof Schaffhausen in die Breite. Man musste nämlich satte zehn Minuten Fussweg auf sich nehmen, bis wir unser ersehntes Ziel, den Weinbau der Familie Hangartner, erreicht haben. Zur Kostprobe gab es von den herzlichen Gastgebern diverse Weissweine und zum Abschluss noch einen Rotwein. Nach geselligen Stunden und gestärkt durch eine exzellente Käseplatte machten wir uns dankend auf den Weg nach Schaffhausen. Bei Neuhausen war aus dem Zug der schöne Rheinfall zu sehen. Manch einer unserer Gruppe fragte sich, ob der Rheinfall oder der Fall des FC Gossau momentan stärker ist.
Am Bahnhof Schaffhausen dann die schon vorher erwähnte Meisterprüfung für unseren Spitzensportler. Statt mit dem Bus legten wir den steilen Weg in die Breite zu Fuss zurück. Ausgelaugt aber glücklich kamen wir im Stadion an. Dort wurde mein Optimismus auf Punkte auch nicht gerade besser. Das Auto des Präsidenten von Schaffhausen ist schon einmal NLA-tauglich. Und mit ihrem Budget welches über einer Million liegt, sind sie den Gossauern ebenfalls einiges voraus. Immerhin kam die Spielberechtigung des kürzlich unter Vertrag genommenen Antonio Dos Santos noch nicht. Dos Santos hat in der NLA manch einem Goalie das Fürchten gelernt mit seinen Weitschüssen. Bei den Gossauern waren heute bloss Junioren auf der Ersatzbank. Dies weil unter der Woche drei Spieler gehen mussten, zwei noch verletzt waren und ein Schlaumeier sich in der 3. Liga eine Sperre holte. Die Suspendierungen zeigten am Anfang Wirkung, spielte der FCG doch gut mit gegen die favorisierten Schaffhauser. Doch wieder einmal eine Unkonzentriertheit in der Defensive brachte die Gossauer in Rückstand. Die Gossauer Mannschaft steckte den Gegentreffer besser weg als auch schon und versuchte in der Offensive immer wieder Akzente zu setzen. Leider fanden diese Akzente im 16er meistens ihr Ende und wirkliche Chancen konnte man sich nicht erspielen. In der 53. Minuten kamen die Gossauer dann endlich zum Ausgleich. Todisco wurde lancierte, dieser setzte seine Schnelligkeit ein und bediente in der Mitte mustergültig Aydeniz welcher zum 1 zu 1 traf. Die Freude hielt leider nicht für lange. Nachdem die in der zweiten Halbzeit einiges besser auftretende Defensive den Ball nicht wegbrachte, gingen die Schaffhauser abermals in Führung. Doch wiederum liessen sich die Gossauer nicht unterkriegen, was ihnen in der momentanen Situation hoch anzurechnen ist. In der 79. Minute wurden sie und deren Anhänger belohnt. Wiederum war Todisco Ausgangspunkt der Aktion, welcher einen Freistoss rasch ausführte und so die Schaffhauser Defensive aushebeln konnte. Zum zweiten Mal durfte sich Aydeniz als Torschütze eintragen lassen. Dieses verdiente 2-2 brachten die Gossauer mit viel Wille über die Runde und die Erlösung über den Teilerfolg war spürbar. Todisco, dessen Rückennummer in Schaffhausen nicht mehr vergeben wird, liess sich zum Schluss noch vor der Bierkurve feiern. Offen bleibt, ob im neuen Stadion von Schaffhausen, dessen Baubewilligung endlich eingetroffen ist, sein Trikot irgendwann mal analog im Eishockey zum Stadiondach hochgezogen wird.