Sonntag, Februar 28, 2010

FC Gossau : FC Lugano

NLB
480 Zuschauer
Sportanlage Buchenwald
Wir schreiben das Jahr 2068. Das Mitteleuropäische Tagblatt blickt in einer Interview Reihe auf die langjährige Geschichte des FC Gossau zurück. Damit sollen die Leser einen Einblick in den nostaligschen Fussballalltag im Jahr 2010 erhalten. Der Interviewpartner Fritz Meier schildert darin einen typischen Heimspieltag seines Lieblingsvereins. Den mittlerweile 98 jährigen Frührentner treffen wir zwischen einer Runde virtuellem Golfspiel und dem Feierabend-Energy Drink im neuen Einkaufszentrum, dem Arena Super Dome im Zentrum der Kantonshauptstadt.

(Achtung Satire! dieses Interview ist völlig fiktiv, es hat so nie stattgefunden)

Herr Meier, was bewegte die Welt im Februar 2010?
(Fritz Meier räuspert sich und nimmt einen grossen Schluck seines Senioren Energy Drinks). Ja 2010, das war eine bewegtes Jahr. Der spätere Bundespräsident Simon Ammann gewann zweimal Gold an der Olympiade und die Schweiz hatte noch ein Bankgeheimnis. Wissen Sie was ein Bankgeheimins ist? Sehen Sie, ich auch nicht mehr, aber ich denke im Alter hat man kein gutes Gedächtnis mehr für solche komplizierten Dinge. In einem Jahr wäre ich ja schon pensioniert, wenn ich nicht diese Probleme mit meinem "PC -Daumen" hätte. Deshalb musste ich schon mit 95 Jahren in Rente, das nur so nebenbei.

Herr Meier, sind seit 80 Jahren ein grosser Anhänger des FC Gossau. Die Saison 2009/2010 war keine einfache Spielzeit für ihren Lieblingsverein, was genau ist vorgefallen?
Ja, das war tatsächlich keine leichte Saison. Damals gab es noch Wettspiele. Man stelle sich das in der heutigen Zeit einmal vor, da könnte man ja gleich das Nikotin wieder legalisieren. (a.d.R. schallendes Gelächter) Jedenfalls waren Spieler des FC Gossau wohl darin verwickelt, dadurch war die ganze Saison "Total Scheisse". Entschuldigen sie die Wortwahl, in meiner Jugend waren derartige Wörter noch erlaubt. Ich hoffe ich kriege nun keinen Ärger mit der Bundesbehörde für unerlaubte vulgäre Sprache.

Können Sie uns anhand des ersten Rückrunden Heimspiels gegen den späteren World League Gewinner FC vacanza ticino.com (damals noch FC Lugano) ein typisches FC G Heimspiel aus jener Zeit schildern?
Ich hab mir jeweils Notizen gemacht, deshalb fehlt mir ein Rückblick nicht schwer. Der Andrang zu diesem Spiel war so gross, wie heutzutage bei einem "Lady Gaga" Konzert im Altersheim Eschenbach. (a.d.R. Herr Meier lacht über seinen gelungenen Vergleich und trällert verträumt den Oldie "Pokerface" vor sich hin). Das Wetter war ausnahmsweise mal nicht so schlecht für diese Jahreszeit. Damals gab es ja noch Schnee bei uns in der Ostschweiz. Kennen Sie Schnee? Ich meine diesen kalten, weissen Niederschlag, nicht das andere schlimme Zeug, dass man heutzutage überall in Toiletten erwerben kann. Der FC Lugano reiste mit vielen Anhängern den weiten Weg nach Gossau. Das verdiente Respekt, es gab ja diese U-Bahn durch die Schweiz noch nicht. Jedenfalls einige hatten kurzgeschorrene Haare, über modischen Geschmack konnte man sich schon damals streiten. Sie sangen aber schön melodiös die Südschweizer. Im Jahr 2010 durfte man noch Singen in der Öffentlichkeit, dass war noch vor diesem unsinnigen Gesetz aus dem Jahr 2027. Der FC Gossau spielte noch in diesem alten Stadion mit der Holztribüne. Diese Tribüne wurde nach dem legendären Cup Halbfinalsieg 2016 ja unter Denkmalschutz gestellt.
Ein Kollege von mir verpasste den Match gegen Lugano, weil er mit dem Zug von Düsseldorf nach Gossau fuhr. An dem Tag setzte nämlich ein Sturm namens "Xynthia" den ganzen Bahnverkehr in Deutschland lahm. Heutzutage könnte man sich ja für teures Geld "Beamen" lassen, aber die 15'000 Eurodollar, wären dieses Spiel sicher nicht wert gewesen. Gossau kämpfte zwar tapfer, und mit dem späteren Nati-Goalie Lattmann hatten sie einen starken Torwart, aber gefährlich wurden sie nie. Lugano gewann schiesslich mit 1:0 und stieg Ende Saison in die Axpo Super League auf (a.d.R. vergleichbar mit der Nationaliga A im Jahr 2068).

Wieso schwärmen viele Romantiker immer noch von der Fussballatmospähre kurz nach der Jahrtausendwende?
(Herr Meier guckt minutenlang verloren in seine leere Engery Drink Büchse...) Ja wissen Sie, da war halt schon noch alles besser. Klar, es gab diese Probleme mit der "Wettmafia" und die Saison mit dem FC Gossau war in etwa so erfolgreich, wie diese Brücke die man über den Atlantik bauen wollte im letzten Jahrzehnt. Wissen Sie noch?
Im Fussball gab es jedenfalls noch keine Nacktscanner im Eingangsbereich. Das wurde ja von den Vereingten Staaten von Europa erst im Jahr 2040 durchgesetzt. Die Stimmung war einfach entspannter, auch als Steuerbetrüger oder als Kleinkrimineller konnte man noch zum Fussball gehen. Seit man das Vorstrafenregister im Vorhinein einreichen muss, geht das ja nicht mehr so leicht. Jetzt kommt mir aber auch noch in den Sinn, dass sich gewisse Politiker schon damals über das Thema "Gewalt im Fussball" profilieren wollten. Einige schafften es mit diesem Thema sogar in den Bundesrat. Tztztztt das waren noch Zeiten...
Noch etwas, sie werden jetzt lachen, aber man konsumierte alkoholhaltiges Bier im Stadion. "Haha, kein Witz" genau so war das damals. Heute ist das ja nur noch in seperat eingezäunten Nachtclubs möglich und auch nur mit einer personifizierten Alkohol Bewilligung.

Herr Meier, eine letzte Frage. Wie endete diese Saison für den FC Gossau und wie ging es danach weiter?
Hmmm...ich glaube ich habe die restliche Saison verdrängt. Es steht merkwürdigerweise auch nichts in meinen Notizen darüber. Die nächsten Jahre waren allerdings sehr erfolgreich. Vorallem als 2021 neben der Europa Liga auch noch die World League gegründet wurde, da konnte der FC Gossau profitieren. Sie rutschten in die höchste Schweizer Liga nach, da kamen dann auch immer viele Zuschauer. Keiner interessierte sich schliesslich für ein Spiel zwischen dem FC Luzern und dem FC Sydney aus Australien.
Fritz Meier bezahlt per Abzahlungsgeschäft seinen Energy Drink und macht sich mit der U-Bahn zu seinem Heim für betreutes Wohnen im Berner Oberland.Knappe zwanzig Fahrminuten vom Arena Super Dome entfernt.

Sonntag, Februar 21, 2010

FC Vaduz : FC Gossau

NLB
Stadion Rheinpark
650 Zuschauer

Neben dem goldigen Strahlen vom Doppel-Doppel Olympiasieger aus dem Toggenburg, fand man in der Sonntagszeitung auch noch die besten Filmzitate von Schauspieler Legende Clint Eastwood.

"Go Ahead. Make my Day"
(„Mach schon, versüß mir den Tag!“(Sudden Impact 1993)),

Ein Zitat, wie gemacht für die Anhänger des FC Gossau. Leider beruht dieser Ausspruch in Richtung Mannschaft auf einer reinen Hoffnung. Ein frommer Wunsch, ähnlich vielversprechend wie die Leistungen der österreichischen Abfahrer an der Olympiade. Man musste sich im Vorfeld nicht als Pessimist beschimpfen lassen um vorauszusehen, dass den Fürstenländer im Fürstentum die gefühlte 197 Niederlage in Folge bevorstehen würde. Wenigstens die klimatischen Verhältnise waren vielversprechend. Die Tatsache, dass es noch Temperaturen mit einem + vor der Zahl gibt versüssten uns den Aufenthalt in Liechtenstein.

"Tür oder Fenster, Sie haben die Wahl"
(The Eiger Sanction 1975)

Spieglein, Spieglein an der Wand. Pierre Littbarski, Fürst Adam II, oder Marco "Büx" Büchel, wer ist der Bekannteste im ganzen Land??? Nachdem Liechtenstein und Deutschland gewisse differenzierte Meinungen zum Thema Bankgeheimnis aus dem Weg räumten, sind die Teutonen wieder hoch im Kurs im Ländle. Gleich Acht von den Schwarz-Rot-Goldenen wollen den FC Vaduz nun in die NLA schiessen. Jedoch keiner hört auf den Namen Schäuble oder Steinbrück. "
"Tür oder Fenster, sie haben die Wahl". Konto Eröffnung in Vaduz, oder doch nur einen neuen Länderpunkt. Die jogginghosentragende Ultra Jugend aus Germany stand jedenfalls vor dem Kassenhäuschen beim Fussballstadion. Wir versuchten unsere Haupttribünen Karten in Gästesektor Tickets umzutauschen, während die Deutschen sonst was machten. Hätte man böse, böse Vorurteile würde man auf Presseakreditierung tippen.

"Verschwindet von meinem Rasen!"
(Gran Torino 2008)

Nicht auf dem Rasen im Stadion Rheinpark befanden sich, der Gossauer Captain Michel Avanzini und der Ex-Nationalspieler aus Kamerun Jean Pierre Tcheutchoua. Die Beiden nahmen auf der Ersatzbank Platz. "Verschwindet von meinem Rasen!" wird ihnen der integre Gossauer Trainer kaum nachgerufen haben. "Verschwindet von meinem Rasen!" dachte sich aber vielleicht der Vaduzer Coach. Die Ostschweizer zeigten in den ersten 45 Minuten nämlich eine defensiv starke Leistung. Der Weltmeister von 1990, auf der Trainerbank der Gastgeber, hat sich dieses Spiel sicherlich einfacher vorgestellt. Im Nachbarland von Liechtenstein hätte man nach der ersten Halbzeit wohl gar behauptet, die Schweizer würden in falschen Bindungen ähhhh Kickschuhen spielen.

"Wenn Sie eine Garantie wollen, kaufen Sie sich einen Toaster"
(The Rookie 1991)

Von einem 0:0 nach 45 Minuten kann man sich keinen Toaster kaufen, und es ist schon gar keine Garantie für einen Punktgewinn. So überraschend, wie eine braungebrannte Scheibe Brot die nach ein paar Minuten aus einem Toaster springt kam dann auch das 1:0 für die Fürstentümler. Jetzt war es einigermassen klar, vorher holt Gregor Schlierenzauer Gold auf der Normalschanze in Vancouver, als dass Gossau hier noch einen Sieg rausschiesst.
"Wenn Sie eine Garantie wollen, kaufen Sie sich einen Toaster". "Wenn Sie ab und zu gerne mal verlieren, öfters zu Dritt in einem Gästeblock stehen möchten, seit kurzem eine grosse Antiphatie zu jedwelchen Glückspielen hegen, werden Sie doch einfach FC Gossau Fan".

"Vergebung befreit die Seele"
(Invictus 2010)

Keine Meister des runden Leders, keine Legenden des Fangesangs, doch wir Gossauer sind wohl oder übel Könige des Zynismus. "Letzte Woche stand im Teletext bei fast jeder NLB Partie "Spiel geschoben", erst auf den zweiten Blick sah ich, dass ja "Spiel verschoben" stand". Solche und ähnliche Sprüche erleichtern den bittern Alltag auf dem letzten Platz der Nationalliga B. Konfrontiert mit einer Mannschaft, die einem (noch) ziemlich fremd erscheint. Trotzdem mit der naiven Hoffnung, dass doch alles wieder gut wird.

Ganz selbstlos vergebe ich mir persönlich, die 15 (in Worten Fünfzehn) sieglosen Auswärtsspiele in Serie die ich nun bereits mitgemacht habe.

Donnerstag, Februar 18, 2010

Gästeblog:FC Basel : FC Gossau

(dieses Foto wird vom Autor folgendermassen beschrieben: Das Bild zeigt sehr schön die architektonische Qualität des Stadions und der umliegenden Häuser)

Gästeblog von Haller. Der "Fussballsüchtige" aus dem Rüebliland machte sich auf, um den FC Gossau bei seinem Gastspiel in der "Pharma-Metropole" zu begutachten. Dies ist bereits der zweite Gästeblog von Haller während der aktuellen Vorbereitung der Fürstenländer. Ein äusserster erfreulicher Umstand für den Blogbetreiber, auf so einen erwiesenen Experten zurückgreifen zu können :-).

Testspiel
Stadion Rankhof
200 Zuschauer

Es ist in diesen Tagen wahrlich nicht einfach, seine Fussballsucht zu befriedigen. Nicht nur der Winter erweis(s)t sich als äusserst hartnäckig. Neuerdings gelten auch Risse in Stadiondächern als Grund für eine Spielabsage. Dass dadurch ein anspruchsloser Running Gag („Hesch ghört, d Zürcher händ en Dachschade?! Höhö…“) entstanden ist, sei hier nur am Rande erwähnt.

Auch der FC Gossau war von einer (wetterbedingten) Verschiebung betroffen, so dass sich die Fürstenländer kurzfristig mit dem FC Basel, seines Zeichens nächster NLA-Vizemeister, auf die Austragung eines Testspiels einigten. Bei der Ankunft im Rankhof verabschiedeten sich Huggel, Frei, Streller und Co. zeitgleich vom Kleinbasler Fussballstadion - spielfrei. Ein Aufgebot für die Basler Equipe konnte man sich heute nämlich nur auf zwei Arten „verdienen“: Entweder war man jung und talentiert (Aratore, Ferati, Kamber, Schürpf, Xkaha), oder man hiess Reto Zanni - und versuchte sich, nach einer Verletzungspause zurückzukämpfen. Zur zweiten Kategorie zählten auch prominente Namen wie Franco Costanzo, Antonio da Silva und Scott Chippferfield.
Die Gossauer traten der zusammengewürfelten Auswahl aus der Chemiestadt im 4-1-4-1-System entgegen: Die Viererkette, vor dem scheinbar unumstrittenen Torhüter Orlando Lattmann, bildeten Gugelmann, Ludäscher, Zancanaro und Raimondi. Vor der Abwehr agierte Soljic auf der Sechserposition; davor war wiederum eine (offensive) Viererkette mit Holenstein, Schiendorfer, Diego Lattmann und Rebronja zu entdecken. Als einzige Sturmspitze lief Topscorer Ural auf.

Im ersten Durchgang gestaltete sich das Spielgeschehen ausgeglichen. Gossau trat, angetrieben von den lautstarken Anweisungen von Trainer Alex Kern, sehr engagiert auf. Oftmals wurde die aufsässige Spielweise mit Ballgewinnen im Mittelfeld belohnt. Auch das Kombinationsspiel war zum Teil ansehnlich, doch war das Spielgerät schliesslich in der Nähe des gegnerischen Strafraums, wusste Gossau meistens nicht mehr weiter. Die Gastgeber zeigten sich im Abschluss ähnlich harmlos, so dass es vierzig Minuten bis zum ersten Aufreger dauerte: Keeper Lattmann entschärfte einen Kopfball Zouas mirakulös. Drei Minuten später wurde die Gossau-Abwehr durch einen Pass in die Tiefe (von Sahin) allerdings erneut überspielt Schürpf traf problemlos zum 1:0. Im direkten Gegenzug liess Costanzo einen Schuss Urals abprallen, Schiendorfer setzte nach und wurde vom Basler Keeper gefoult. Der Schiedsrichter war jedoch anderer Meinung…

Auf Seiten der Gossauer gab es zur Pause drei Wechsel: Graf, Ibrahimi, und Simani kamen für Gugelmann, Raimondi und Rebronja ins Spiel. Die zweite Hälfte war noch keine drei Minuten alt, als Schiendorfer - neben den beiden „Lattmännern“ auffälligste Figur bei Gossau - auf Ural passte. Aber Costanzo lenkte dessen Schuss aus halbrechter Position an die Querlatte. Auf der Gegenseite flankte Aratore nach einem Energieanfall auf Schürpf, dessen Direktabnahme unhaltbar zum 2:0 im Netz einschlug. Einen dritten Gegentreffer verhinderte wiederum Torhüter Lattmann mit einem starken Reflex gegen Almerares’ Kopfball. In der 65. Minute kam Gossau zu seinem Erfolgserlebnis: Costanzo legte Todisco (für Ural eingewechselt) im Strafraum, was nun auch der Unparteiische gesehen hatte - der Gefoulte trat selbst an, um auf 2:1 zu verkürzen.
Danach schlichen sich bei Gossau gewisse Nachlässigkeiten im Defensivbereich ein, was Basel zum 3:1-Endstand durch Almerares (77.) nutzte. Die Gäste konnten sich inzwischen glücklich schätzen, dass der Mann in Schwarz nicht nur bei Foulspielen gegen Ostschweizer Akteure eher zu selten auf Strafstoss entschied. Nachzutragen ist, dass gegen Spielende auch noch Eggmann, Monteiro (für D. Lattmann und Schiendorfer) und die beiden Innenverteidiger Tcheutchoua und Trajkovic (für ihre Vorgänger Ludäscher und Zancanaro) zu kurzen Teileinsätzen kamen.

Im Hinblick auf den verspäteten NLB-Auftakt vom nächsten Sonntag (14.30 Uhr, in Vaduz) bleibt nach den zwiespältigen Eindrücken vom heutigen Testspiel eine entscheidende Frage: Wer soll für den FC Gossau die Tore schiessen, um dem Abstiegssumpf zu entsteigen? Ural? Todisco? Oder etwa ein (Noch-)Unbekannter? Bald sind wir schlauer. Hopp Gossau!

Dienstag, Februar 16, 2010

Ein Abend in Gold

Einige Tage vor Beginn einer Olympiade denke ich jeweils, diese Spiele interessieren mich in etwa soviel wie ein Abstiegskampf in der kasachischen Volleyball Liga, aber dann….

Es ist kurz vor halb Acht, Montag Abend. Ich sitze ruhig vor dem Fernseher, Olympia Abfahrt! Die wichtigste Sportveranstaltung der Welt, wenn es nach den Wintersportfans aus der Schweiz und Österreich gehen würde. Meine Frau tippt auf Cuche, ich setze als geborener Pessimist auf Michael Walchhofer aus dem" Austria Power Team" (das mittlere Wort könnte man seit einigen Jahren übrigens durchaus weglassen). Ich tippe desweiteren auf eine "Leder Medaille" für Didier Cuche, aber eigentlich lässt mich der ganze Medien-Hype um dieses olympische Rennen sowieso ziemlich kalt.

Der Franzose Poisson fährt herausragend, dieser Meinung sind Hüppi und Russi. Ihres Zeichens Picasso und Rembrandt, der Ski-Kommentatoren Kunst. Welches Schweizer Kind ist nicht mit den Analysen dieser Beiden aufgewachsen? "Sehr güet unterwegs dä Bruno Kernen, ja aber das längt nid ganz, 1,5 Sekunde Rückstand uf dä Führendi". Oft lagen sie richtig, manchmal auch falsch mit ihren Analysen

Die Nummer 2 oder doch die Nummer 3 wäre heute am Besten gewesen, meinen die Experten vom Schweizer Fernsehen. Keine guten Voraussetzungen für Topfavorit Cuche mit der 22. Bei mir wechseln sich die persönlichen Goldfavoriten schneller ab, als die talentlosen Kandidaten bei "Deutschland sucht den Superstar". Ich werde langsam nervös. Nachdem Poisson zu meiner völligen Überraschung überholt wurde setzte ich nun auf Bode Miller. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als der Ami vom Norweger Svindall überholt wird. Mein Frau blättert unterdesen in einem Modeprospekt, selber bin ich mittlerweile schon völlig fixiert auf den Abfahrtslauf.

Ich verstehe die Welt nicht mehr! Wie kann man sich beim wichtigsten Skirennen des Jahres Frühlingsmode anschauen? Mein Frau bleibt, für mich unverständlich, total entspannt. "Dä isch langsam, dä Walchhofer!" meint sie. Ich starre auf den Fernseher, natürlich HD Full. Mit dieser technischen Errungenschaft kann man sogar das nervörse Stirnrunzeln der Schweizer Kontrahenten am Start analysieren."Dä Walchhofer fahrt fantastisch, dä holt Gold! Verdammt i has gwüsst, scho bim Start kei einzige Sorgefalte". Ich bin nervlich bereits ziemlich angeschlagen, und das bei Nummer 17. Die schlechte Fahrt von Ambrosi Hoffmann kurz vor dem "Walchi" hat meiner Psyche nicht gutgetan. Der Topfavorit der Ösis fällt allerdings weit zurück. Ich bin erleichert, der prestigeprächtigste Sportanlass 2010 wird wohl ohne Sieger aus unserem östlichen Nachbarland auskommen müssen (wohltuende Schadenfreude übermannt mich).

Jetzt kommt der nächste Schweizer Abfahrtsstar! "Da git nünd mitem Defago" sage ich zu meiner Frau. Sie hat gerade ein tolles Kleid für unsere Tochter gesehen, und will mir den Katalog zeigen. WIE SOLL DAS BITTESCHÖN FUNKTIONIEREN??? Ich bin kaum mehr fähig die Fernbedienung ruhig in der Hand zu halten, geschweige denn mich auf etwas anderes als die (hoffentlich gut) gewachsten Skier von Defago zu konzentrieren.
Sprachlos verfolge ich die Fahrt von Defago, ich lege mich in jede Rechts und Linkskurve. Das Sofa ist mein Whistler Mountain. Sogar meine Frau hat nun die Modewerbung zur Seite gelegt. "Da gid Rang 1" gibt sie optimistisch zum Besten. Ich zweifle erheblich daran. Beim allerwichtigsten Rennen in der Geschichte des Skisports kann sicher noch viel passieren, mutmasse ich. Defago verpasst ein Tor, er verliert einen Ski, ein Migräneanfall überkommt ihn 200 Meter vor dem Zielbanner, oder vielleicht rennt ein Bär aus den kanadischen Wäldern auf einmal auf die Piste.
All dies passiert überraschenderweise nicht. Der 33-jährige Wallister führt die Rangsliste, zu meiner totalen Verblüffung an.

Jetzt kommt der Kanadier Osborne Paradis. "Das git genau so än Überraschigs Olympiasieger" bin ich überzeugt. Doch auch hier liege ich falsch. Die Kanadier gehen ebenfalls leer aus, und das beim bedeutensten olympischen Ereignis der letzten 1000 Jahre. Didier Cuche, der Schweizer Superstar, steht am Start. Eine perfekte Fahrt brettert er herunter. Der letzte Sprung. Bernhard Russi verkündet dem gebannten Schweizer TV Publikum bereits die frohe Botschaft "das ist der Doppelsieg, das ist der Doppelsieg". Mein Handy blinkt. Auf virtuellen sozialen Netzwerken haben ebenfalls schon einige ganz Eilige die Worte "Gold und Silber" hineingetippt. Ich habe mich schon lange vom Sofa erhoben, die Arme hochhaltend zum Siegesjubel. Es folgt ein kollektives Raunen durch die Schweizer Stuben. Rang Sechs, "nur" Rang Sechs…

Die Ösis atmen durch. Ein Schweizer Doppelsieg bei der Olympia Abfahrt wäre für sie ähnlich schmerzvoll gewesen wie damals der Rücktritt von Karl Moik beim "Musikantenstadl". Gold! Gold! alle sind überzeugt, dass Didier Defago neuer Olympiasieger ist. Ich zweifle immer noch stark daran, bei jeder einigermassen guten Zwischenzeit eines Fahrers rufe ich meiner Frau zu: "Do chömed no ganz schnelli abe". Für sie ist das Rennen allerdings gelaufen, der Modekatalog hat wieder von ihr Besitz genommen. Florian Innerhofer aus Italien führt bei der Zwischenzeit. "Gsesch i has immer gseid, do chund no eine!". Sie schaut nicht mal mehr vom Katalog auf, völlig zurecht wie sich herausstellt. Ich hingegen bin mir erst sicher, dass die Sache gelaufen ist, als der letzte chilenische Skifahrer unten angekommen ist.
Die Schweiz hat soeben für die unereichte Sternstunde in der Geschichte des Sports gesorgt, ohne Zweifel.

Meine Frau geht schlafen, aber sie wird nicht lange zur Ruhe kommen…wie sie bald leidlich erfahren wird. Halb kriechend, halb gehend, mit den Nerven völlig am Ende bewege ich mich kurz nach 22.00 Uhr Richtung Schlafzimmer. "Da muesch gseh, mer schriebed Sportgschicht!" sage ich zu meiner Gemahlin. Sie schaut mich verduzt an und meint: "Da chani au morn no luege!". Die Gattin erhebt sich dann einigermassen widerwillig doch noch. Der Fernseher läuft eh so laut, dass sie ungewollt jedes Wort mitkriegt.
Dario Cologna, der langlaufende Bündner holt sich ebenfalls Gold. Der Kommentator vergleicht ihn mit Roger Federer! Völlig zurecht, er ist sozusagen Federer, Zurbriggen und Wilhelm Tell in einer Person, mindestens…EIN WAHNSINN

12. September 1848 Gründung des Schweizer Bundesstaats, 27. November 1990 der Kanton Appenzell Innerrhoden beschliesst das Frauen Stimmrecht, 6. Juli 2003 Roger Federer gewinnt das erste Mal Wimbledon und am 15. Februar 2010 holen zwei Schweizer Gold an den olympischen Spielen.

Was für ein Tag, aber eigentlich interessiert mich Olympia ja gar nicht….oder wie ist das? :-)

Freitag, Februar 12, 2010

Entzug?

Geht es nur mir so, oder vertreibt einem der Blick auf die schneebedeckte Landschaft nicht die Fussball Sehnsucht? Jedenfalls ist es nicht so tragisch, dass der lokale Fussballverein sein Heimspiel gegen Biel nicht durchführen wird. Die Schneeräumungsmaschinen werden anderweitig gebraucht, und die Schlittschuhe für die Spieler wurden auch noch nicht geschliffen. Allerdings gibt es durchaus Leute die an winterlichem Fussballentzug leiden.

12 Gründe, warum ein Fussballfan merken sollte, dass er sich in der Jahreszeit geirrt hat

1)Der Typ an der Stadionkasse will dir eine Saisonabo inkl. Gratis Ski Service, andrehen.

2)Vor dem Einsteigen in den Skilift, leerst du die Hosensäcke, hebst die Arme, und sagst ungefragt zu einem Angestellten "Nei, ha nünd debi, chasch no lang sueche! "

3)Du wunderst dich, dass St.Galler und Luzerner die gleiche Liftkabine besteigen dürfen. Deinem Nebemann klopfst du auf die Schulter und sagst: "Pass auf, hier knallts gleich"

4)Du regst dich am Mittag auf, weil alle Sitzplätze im Bergrestaurant besetzt sind und singst: "Sch***eiss Millionäre". Leider stimmt niemand mit ein, auch als du dich zu einem anderen Wartenden umdrehst und sagst "Die verdammte VIP's, Gratis esse und trinke und kei stimmig mache!" schaut er dich nur vedutzt an.

5)Du fragst an der Schneebar den Barkeeper, ob das hier heute ein Hochrisikospiel ist und der "Kaffi Schnaps" tatsächlich alkoholfrei sei?

6)dem holländischen Skitouristen, der gerade mit einem Beinbruch von der Piste transportiert wirst, schreist du hinterher "Schade Holland, alles ist vorbei, alles ist vorbei".

7)du versuchst auf dem Sessellift, einem älteren deutschen Ehepaar, deine WM Vorrunden Karten zu verkaufen. Deine Argumente wie, "Da könnt ihr einige neue Grounds machen" und "das mit den Schiessereien in Kapstadt wird doch total übertrieben " verpuffen allerdings kläglich.

8)du kriegst Ärger mit der Pistenpolizei, als du eine Choerografie auf der Schwarzen Piste vorbereitest. Du drückst einigen verduzten Skilehrern Pyro Material in die Hand mit den Worten: "sehr geil, alli glich azoge, da chund optisch huere guet übere".

9)du sprichst jemanden auf seinen Schal an: "dieser Verein Bogner, in welcher Liga spielen die?". Einen Snowboarder pöbelst du blöd an: "wa wötsch mit Burton? die händ kei Chance gege Manchester City".

10)du erklärst deine Solidarität mit den Gondel-Fahrern und pinkelst gut sichtbar in den Schnee "Ausgesperrte immer bei uns". Sektion Pistenverbot.

11) du triffst Didier Cuche beim Trainieren und fragst ihn, ob du nach dem Spiel seinen Skianzug kriegst? Natürlich erzählst du ihm nichts von deinen Plänen, dass du das Leibchen nachher auf Ebay als "Match Worn Trikot" für gute Kohle verhökern möchtest.

12) als du dich nach dem anstrengenden Tag auf die Heimreise machst, überholt dich Dario Cologna im Skating Still in der Bahnhof Unterführung

Mittwoch, Februar 10, 2010

Die lieben Deutschen

Die Allerbesten in jedem Sport. Die Steuern hier sind Weltrekord. Bereisen sie Deutschland und bleiben sie hier. Auf diese Art von Besuchern warten wir. Es kann jeder hier leben, dem es gefällt. Wir sind das freundlichste Volk auf dieser Welt. Nur eine Kleinigkeit ist hier verkehrt! Und zwar, dass Schumacher keinen Mercedes fährt.

Vor einigen Jahren landeten "Die Prinzen" mit diesem Liedchen einen grösseren Hit in unserem Nachbarland. Schuhmacher fährt zwar mittlerweile bei Mercedes, aber das mit den Steuern, da sind die Deutschen immer noch bei den Weltbesten. Bis anhin schaufelten einige Vermögende ihr Geld darum über den Bodensee rüber. Dies soll sich ändern, die Germanen und auch einige sonstige Völker wollen dem eidgenössischen Bankgeheimnis nun an den Kragen…(wie ich finde zurecht, das Bankgeheimnis ist ein Überbleibsel aus der Zeit des kalten Kriegs)

Ja,ja Deutschland vs. Schweiz, Käsefresser gegen Sauerkraut Vertilger. Das ewige Duell, dass aber nur in der Schweiz als solches angesehen wird. Es ist doch wie bei einem Champions League Spiel FC Basel : FC Bayern München. Für die einen der Match des Jahres, für die anderen die belächelte Pflichtübung. Während die Schweizer bis vor kurzem beim grossen Nachbarland vorallem als "Niedlich" angesehen wurden, wegen den Bergen, Heidi, Schoggi und vorallem dem lustigen Dialekt ("Grüzzzi"), stossen deutsche Bürger bei uns nicht immer auf Gegenliebe. Oft werden sie hinter vorgehaltener Hand, als Laut oder wahlweise arrogant empfunden.

In der letzten Woche wurde in den deutschen Medien für einmal ein anderes (nicht so niedliches)Bild der Schweiz präsentiert. Von "Weltwochen"-Köppel bis zum Vaterlands Liebenden Ulrich Schlüer tummelte sich so einiges auf den Kanälen der deutschen Sender. Vorallem die Schweizer Rechts-Konservativen durften da ihre Thesen zum Bankgeheimnis und zum schweizerisch-deutschen Verhältnis vertreten. Dies ist allerdings nicht wirklich repräsantiv, war aber wohl für die Quote bei den TV Kanälen gut.

Was denkt der Schweizer Durchschnittsbürger über die Deutschen? Was stört ihn, was regt ihn auf, oder was neidet er den Leuten aus dem "grossen Kanton"?
(wie immer satirisch und ganz und gar subjekiv)

1) die deutsche Nationalmannschaft ist 3x Fussball Weltmeister, die Schweiz holt wahrscheinlich Olympiagold beim Skicross.

2) sie bauen ihre eigenen Autos, wir bauen lediglich Hürlimann Traktoren.

3) Deutschland liegt am Meer, wir nur am "schwäbischen Meer".

4) Lothar Matthäus heiratete erst ein einziges Mal eine Schweizerin, also nur in 25% seiner Ehen.

5) Boris Beckers Besenkammer Geschichte ist in unserem Nachbarland immer noch bekannter, als die Erfolgsvita von Roger Federer

6) einige ihrer Fernsehsendungen haben eine verstörende Wirkung auf unsere Jugend. Plötzlich wollen untalentierte Personen vorsingen, vortanzen, "vormodeln", oder auch nur eine Nanny im Haus, wenn die Kleinen mal nicht richtig spuren.

7) Die Gruppe "Rammstein" ist weltberühmt, "Züri West" hält man ausserhalb der Schweiz wohl für eine Autobahnausfahrt. In Deutschland denkt man zudem, dass wir den ganzen Tag nur die "Best of DJ Bobo" CD hören.

8) am Ballermann 6 kriegt man nur deutsches Bier und deutsche Würste. Dabei sind unsere Würste besser.

8) sie bezahlen auf dem Schwarzmarkt 2,5 Millionen Euro für eine CD mit Bankdaten, währenddesen ein Bundesligaclub nur 2 Millionen für unseren talentierten National Torhüter rausrücken musste.

9) Sie sind die Hauptkonkurrenten für die guten Liegestuhl Plätze beim Strandurlaub in der Türkei.

10) wir kennen ihre Hauptstadt, die meisten von uns waren sogar schon mal da. Sie hingegen denken immer noch unsere heisse Zürich.

11) sie haben die Düsseldorfer Altstadt und die Reeperbahn zum abfeiern, wir hingegen ähhmmm ähhmmm ach ja gut bald mal ein Doppelkonzert von U2 .

12) die schönste Frau der Schweiz muss sich die Moderation der grössten deutschen TV Show mit einem blonden Herren aus der Gummibärchen Werbung teilen.

13) Deutschland wurde vor 20 Jahren einfach nochmals ein Stück grösser. Dank Gletscherschmelzen wird die Schweiz hingegen immer kleiner.

Zum Schluss ein passender Ausschnitt aus dem vorzüglichen Schweizer Satiremagazin "Nebelspalter":
Damit sich Schweizer Sportler bei den olympischen Spielen in Vancouver verständigen können, wurden die gängisten Phrasen übersetzt:

Ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung spricht Deutsch.
Übersetzung: Many people in Switzerland are Germans.

PS: ich mag Deutsche!!!

Sonntag, Februar 07, 2010

Werner Widmer wieder mal in Gossau

Hier sollte also in einer halben Stunde Werner Widmer auftreten? Ein bisschen ratlos standen ein Kollege, seine Freundin und ich vor dem Saal der evangelischen Kirchgemeinde. Natürlich, es haben sich im Vorfeld keine hysterischen Fans an einem Bahnhofsschalter um die letzten Karten für diesen Event geprügelt. Es tippten sich auch keine Leute stundenlang die Finger wund, um bei der Ticketagentur-Hotline durchzukommen. Ein Zusatzkonzert stand wohl auch kaum zur Debatte. Trotzdem, hier sah es an diesem Abend ganz und gar nicht nach einem bevorstehenden kulturellen Anlass aus.

Auch die obligate Runde um das Gebäude (man weiss ja nie, ob der Anlass in die spezielle Atmosphäre eines schweizerischen Luftschutzraums verlegt wurde) brachte kein Ergebnis. Als wir Licht entdeckten spähten wir durch die Vorhänge in einen Raum. Dort sahen wir jedoch lediglich einige Personen die händeverwerfend und mit trübsinnigen Gesichtern, über ein wohl sehr, sehr ernsthaftes Thema diskutierten. Nein, an diesem Ort deutete tatsächlich nichts auf einen Auftritt vom "Blues Max" hin.

Vielleicht tritt er ja in der nahegelegenen Turnhalle auf? meinte ich zum befreundeten Päärchen. Diese Hoffnung wurde jedoch enttäuscht. Hier rannten nur einige sportliche und auch ein paar bierbäuchige Feierabendfussballer einem Ball hinterher. Der eine davon mit einem GC Trikot aus den Neunziger Jahren mit der Aufschrift "Why Drugs?".
Why, why, why, ist hier nichts???? dachte ich, und befürchtete schon, dass ich hier zwei Personen völlig grundlos ins abendliche Gossau gelotst hatte.

Ein profanes technisches Hilfsmittel aus dem aktuellen Jahrtausend liess uns dann feststellen, dass in der Zeitung der falsche Veranstaltungsort bekannt gegeben wurde. Dass Gossau nicht New York oder London ist und wahrscheinlich nicht mal Zürich-Altstetten bewies wieder einmal die Tatsache, dass der richtige Konzertraum nur 300 Meter Fussweg entfernt lag. Beim Ticketkauf an der Abendkasse zeigte sich die freundliche Kartenverkäuferin überrascht von unseren Hinweis wegen dem falsch publizierten Veranstaltungsort. Da aber der Grossteil der Zuschauer sowieso dem veranstaltenden Kulturverein zugehörig schienen, führte unsere Information verständlicherweise nicht gerade zu Schweissausbrüchen bei den Organisatoren.

Die Zuschauer-Klientel des Konzerts bestand wenig überraschend aus vielen Personen, die langjährige pädagogische Erfahrung im Umgang mit den örtlichen Jugendlichen und Kinder aufzuweisen haben. Das restliche Publikum gehörte ebenfalls eher zu den ARTE Kulturnacht Konsumenten, als zu den "Sat 1. Wendler Clan" Zusehern.

An der provisorischen eingerichteten Bar nippten die Zuschauer vor dem Anlass an ihrem italienischen Rotwein. Mit einer Horde Fussballfans wurde wohlwissentlich nicht gerechnet. Der Biervorrat schien nach der Bestellung von drei Bier jedenfalls schon ziemlich ausgereizt. So standen die Kulturinteressierten unseres Städtchens beieinander, und der einen oder anderen bekannten Person wurde freundlich lächelnd zugenickt.

"Der Alltag, das Zwischenmenschliche ist voller kleiner Katastrophen. Das Witzige an der Sache ist, wie die Menschen sich dagegen stemmen, das Schicksal besiegen, um gleich wieder auf die Schnauze zu fallen." Dieses Credo gibt "Blues Max" auf seiner Homepage bekannt. Vor Jahren entdeckte ich seinen Humor, als ein Kollege öfters die Lieder des Zürchers zum Besten gab. "Cervelat oh Cervelat" niemals hat jemals so poetisch über das Schweizer Wurst-Heiligtum philosophiert wie Werner Widmer. Es ist jetzt nicht so, dass ich selber eine erotische Beziehung zu der braunen Wurst hege, aber der Kabarett Stil von "Blues Max" hatte es mir in der Folge durchaus angetan.

Pünktlich um 20.00 betrat dieser "Blues Max" dann die kleine Bühne. Der Saal war nicht ganz ausverkauft, aber sehr gut gefüllt. Die Veranstaltug bewegte sich im kleinen, symphatischen Bereich. Es werden wohl kaum 100 Zuschauer anwesend gewesen sein. Vor mir sass wie schon bei unserem letzten Besuch bei Werner Widmer ein Gossauer Lehrer. Dieser scheint ein wirklicher Hardcore Fan zu sein. Sein Applaudieren war jeweils ziemlich ausdauernd, und er schien sich köstlich zu amüsieren. Ob der Pädagoge in "Blues Max" Bettwäsche schlafen geht entzieht sich meiner Kentniss, verständlich wäre es allemal. Auch am heutigen Tag begeisterte Werner Widmer nämlich sein Publikum. Ähnlich wie vor einigen Jahren in St.Gallen, als die Atmospähre bei Flaschenbier und betont verrauchter, schroffer Lokalität allerdings noch etwas spezieller war.

"Wenn ich än Bonus häd so 22 Millione, würd ich in obere Zürisee im Kanton Schwyz go wohne, dän häd ich ende Johr sogar bim Stüürerklärig mache öpis z'lache. 22 Millone im Johr umgrechnet gid das 11'000 Franke i dä Stund, jo me schaffed halt scho viel ringer wenn au öpis inne chund." Die Aktualität geht an Werner Widmer jedenfalls nicht vorbei, und seine Texte vermochten sowohl die Alt-Linken im Publikum, wie auch den einen oder anderen Kleinunternehmer zu begeistern. Die Lieder über den Alltag eines Musikers vom "Znüni" mit den Büezern bis zum Enten füttern am Nachmittag, oder eben auch vom "Cervelat" liesen den Abend schnell vorbei gehen.

Nach etwas mehr als zwei Stunden beendete "Blues Max" seinen Auftritt in Gossau. Es sei dies sein letzter Termin der Tournee gewesen, meinte der Zürcher Musiker. Es freue ihn besonders, dass der Konzertabschluss in der Stadt Gossau stattfand. Der Chinese bei dem er das Abendessen genoss, sei hervorragend gewesen. Er habe sogar noch einen Dessert genommen. Zudem habe er vor 30 Jahren schon einmal einen Auftritt in Gossau gehabt. Damals im Restaurant National habe er noch lange Haare gehabt, so der begnadete Kaberettist. Die Nennung der immer noch existierenden "Beiz " brachte einige alteingessesen Gossauer zum Schmunzeln. "Gömer nochher no is Nat's?" rief jemand lachend aus dem Publikum.

Nicht ins Restaurant National, sondern ins Restaurant Hirschen ging es für uns nach dem Auftritt. Ein Bier sollte es noch sein, hier würde der Gerstensaft wohl kaum ausgehen. Das Zielpublikum war ein anderes wie beim "Blues Max". Die unterschiedlichen Frisuren der Gäste, die wahrscheinlich verschiedenen kulturellen Interessen des Besucher-Klientel. Die Bedienung, eben noch Mitte Fünfzig , mit Brille und einem braven Pullover ausgestattet, war nun Anfang Zwanzig, leicht bekleidet, und Hochdeutsch sprechend.
Eine Art "Clash of Culture" sozusagen

Montag, Februar 01, 2010

FC Bayern München : FSV Mainz 05

(Foto TW)

1.Bundesliga
Stadion Fröttmaning
69'000 Zuschauer (ausverkauft)

They never come back" hiess in früheren Zeiten ein ungeschriebenes Gesetz beim Schwergewichtsboxen. Die legendären Faustkämpfer Muhammad Ali und Floyd Patterson brachen als erste mit dieser Regel und kehrten wieder in den Ring zurück. Getreu diesen grossen Vorbildern machte ich mich auch wieder mal auf zu einem Heimspiel des FC Bayern München.

Meine erste fussballbedingte Reise in die bayrische Landeshauptstadt, nach 32 Monate Pause konnte auch gleich mit einer Premiere aufwarten. Das Autoradio, quittierte wohl in Erwartung der stillvollen Ballermann Musik, die es in den nächsten Stunden abspielen sollte den Dienst. Eine simple Verweigerung genügte dem zugegebenermassen nicht mehr aus diesem Jahrhundert stammenden Kassetenrecorder allerdings nicht. Das Ding löste sich buchstäblich in Rauch auf. So lernte ich an meiner wohl hundersten Fahrt in die süddeutsche Metropole, gleich mal eine neue Rast-stätte kennen. Der Pannenstreifen lud allerdings nicht zum Verweilen ein, Schneetreiben, und lustig hupende holländische Skitouristen machten den Aufenthalt nicht wirklich angenehm. Nach kurzer Pause gings allerdings unfallfrei weiter.

So fuhr unser Bus kurz vor Mittag schiedlich, friedlich in München Fröttmaning ein. Ganz ohne Michael Wendler, Jügen Drews und DJ Ötzi in den Boxen, dafür mit vielen bekannten und freundlichen Gesichtern aus Olympiastadion Zeiten an Bord.

Bei unserer Ankuft hiess uns ein Begrüssungskomitee der Münchner Schutzmänner willkommen. Sie liessen es sich nicht nehmen zwei unserer Mitreisenden zu einer Routine Personenkontrolle einzuladen. Wir freuten uns alle sehr, und wurden tatsächlich auch noch kollektiv mit einer kleinen Ansprache durch einen zuvorkommenden Gesetzteshüter beglückt.

Fast so sehr wie die bayrische Gendamerie vermisste ich ihn den letzten zweieinhalb Jahren das sensationelle Münchner U-Bahn Netz und natürlich das hervorragende lokale Bier. Das Untergrund Geschoss kutschierte uns also Richtung Marienplatz. Daraufhin flüchteten wir vor den ärgsten samstäglichen Touristenaufmärschen in der Innenstadt zu einem kleinen, aber überaus feinen bayrischen Restaurant. Augustiner Hell und Dunkel oder auch als Weissbier, dazu wahlweise feines Gulasch mit Knödel, oder halt doch die ortsübliche Schweinshaxe. Die lustige Reisegesellschaft liess es sich jedenfalls durchaus gut gehen. Als "Speise-Verteiler" wurde von einzelnen Exponenten in der Folge auch noch ein "Espresso con Grappa" bestellt, was die humorige Bedienung mit den launischen Worten "meinst wohl ein Espresso mit Grappa" kommentierte. Den Münchner Humor sollte man durchaus nicht unterschätzen.

Teilweise erwartungsfroh oder auch nicht, betrat unsere Gruppe gegen viertel nach Drei die rot schimmernde Arena im Münchner Norden. Vieles hat sich nicht verändert seit ich das letzte Mal vor Ort war. Gut, der umtriebige und durchaus streitbare Manager hat die operative Führung übergeben, und der Trainer kommt nicht mehr aus Lörach sondern aus Amsterdam. Die äusseren Rahmenbedingungen erinnern aber immer noch eher an einen Operreten Besuch, als an ein Fussballspiel. Bis auf ein Haufen nimmermüder Sänger in der Südkurve, nimmt das restliche Publikum das schöne Spiel der roten Zauberer etwa so emotional auf, wie eine Schwanensee Auführung. Fast schon bezeichnend, dass der riesige Banner "Südkurve-Herz und Seele des Vereins" vom winterlich strengen Wetter geradezu weggefegt wurde. Bleibt zu hoffen, dass die aktiven Fans nicht irgendwann ganz aus dieser Bundesliga Show "weggeblasen" werden...

In der Pause wärmt sich der kälteempfindliche Zuschauer, bei einem Getränk in einem Fanrestaurant auf. Vorbei die Zeiten, als man die halb erfrorenen Hände an einer warmen Heizung in den übelriechenden Stehtoiletten des Olympiastadions aufwärmte. Das Treffen von einigen altbekannten Gesichtern verhinderte meinerseits eine rechtzeitige Rückkehr zum Anpfiff der zweiten Hälfte. Allerdings war ich da in guter oder besser gesagt vielfacher Gesellschaft. Die Fankneipe war jedenfalls immer noch gut gefüllt. Beim 1:0 ertönte der Jubel dann auch ziemlich lautstark. Mit warmen Füssen und Ohren und einem Weissbierglas in der Hand lässt sich wohl euphorischer Feiern, als im kalten Stadionrund.

Zum 2:0 sass ich wieder auf meinem zugewiesenen Platz am Rande der Haupttribüne. Direkt neben mir die Umzäunung der Haupttribüne. Ein bisschen sozialer Neid kam da schon auf. Zumal die Sicht auf das Spielfeld durch das Gitter nicht die Beste war. Zu meiner Überraschung sitzen die Zuseher auf den teuren Plätzen zudem auf bequem aussehenden Stühlen. Trotzdem blieben einige davon am heutigen Tag ungenutzt, oder wurden schon viele Minuten vor Spielende verlassen.

Hurra, Hurra! 3:0!!! Der nimmermüde Stadionsprecher schreit den Namen des holländischen Torschützen euphorisch ins weite Stadion. Der Typ von der anderen Preisklasse neben mir, klatscht begeistert und zieht seine tarnfarbene Kappe daraufhin wieder tief ins Gesicht. Geschmack ist keine Frage des Geldes...

Wer noch nicht auf dem Nachhauseweg ist, macht sich nach Spielende auf eben diesen. Die Merchandising Stände ums Stadion rum sind gut frequentiert. Mein Kollege ist tief entäuscht, als seine hoffnungsvolle Nachfrage nach einem Luca Toni Trikot negativ beantwortet wird. Eins von Klose scheint er nicht zu wollen. Frustriert lässt er sich mit einem Bayern Fan auf eine friedliche aber konsequent geführte Diskussion über die Transferpolitik des deutschen Rekordmeisters ein. Ihre Meinung über den Ex-Manager, derzeitigen FC B Präsidenten und Gesellschafter einer Wurstfabrik klaffen allerdings ausseinander.

Nicht nur die Strassen auf dem Rückweg in die Schweiz haben sich in den letzten zweieinhalb Jahren kaum verändert, auch das Verhalten der Busbesatzung lässt an vergangene Fahrten erinnern. Der Fanclub Präsident gibt wie gewohnt den Schlager Barden. Mangels Boxen Beschallung im Gefährt, allerdings für einmal mit Kopfhörern im Ohr. Das Niveau der wiedergegeben Titel verläuft jedoch gegenteilig zu seinem steigenden Alkoholpegel. Zwischendurch zieht er sich auf stille Örtchen zurück, um wohl bei einem kleinen Nickerchen Songtexte auswendig zu lernen. Sein Studium scheint ausgiebig, der singende Mann muss schliesslich per "Dietrich" aus seiner Lage befreit werden. Das fahrende Volk verlangt neue Lieder.

Gegen elf Uhr erreichen wir die Ostschweiz. Sehr zur Freude des Busfahrers. Die aussteigenden Gäste laufen jedenfalls nicht Gefahr demnächst, als Mineralwasser Kunden des Jahres ausgezeichnet zu werden.

They never come back....?!?!?