Montag, Mai 31, 2010

WM steht an

Schon wieder bald vier Jahre her, seit jenen sonnentrunkenen Tagen im deutschen Sommer 2006. Die Vorfreude war damals gross, schon Monate zuvor wurden Reisepläne geschmiedet. Von Stuttgart bis Berlin, die Stimmung war grandios, und das "Überraschung, Überraschung" nicht nur beim modischen Public Viewing, sogar teilweise in den Stadien.

Nun also der World Cup 2010, es geht an mir vorbei, zumindest bislang. Aktuelle Berichte über den Stand der Vorbereitungen in Südafrika lese ich in etwa so interessiert wie das örtliche Kirchenblatt. Den spannensten Artikel über die kommende Weltmeisterschaft sah ich vor kurzem in der Sonntagspresse. Dort wurde je ein herausragendes Bier aller Teilnehmerländer vorgestellt. Nur Nordkorea blieb aussen vor, auch in dieser Hinsicht also der absolute Exot der WM. In unserer globalisierten Welt, stellen die Asiaten auch das einzige Überaschungsmoment des kommenden Grossereignis dar. Früher freute man sich auf die bärtigen Ungarn 1986, oder die Kicker aus Costa Rica 1990. Heutzutag weiss man ziemlich genau, was auf einen zukommt auch bei den sogenannten Paradiesvögeln. Seit Jamika 1998, oder Trinidad und Tobago 2006 kann einem da nichts mehr wirklich überraschen.

Da darf man einzig noch gespannt sein, mit was für einem stalinistisch angehauchten System die Roten Koreaner antreten werden. Vielleicht wird ja einer der sieben Spieler vom Militärverein April 25 der grosse WM-Star. Nun gut, wahrscheinlich wird ihm auch dann kaum ein Werbevertrag eines amerikanischen Sportartikel Giganten winken.

5 Gründe für fehlendes WM Fieber: (nicht ganz ironiefrei)

1) fehlende Typen! Wo sind sie geblieben, die Gullits, Effenbergs, Caniggias und Higuitas der Fussball Neuzeit. Oder sind tatsächlich Leute wie Cristiano Ronaldo und Per Mertesacker deren Nachfolger?

2) die letzten drei fussballerischen Grossereignisse sah ich Live vor Ort. Der einzige Grund für diese Reisen war, dass ich so den "Fussball-Grillpartys" aus dem Weg gehen konnte. Immer die selben Getränke, immer die selben Speisen, immer die selben Gespräche und das Wochenlang. Dazu hört man nichts vom Spiel. Dabei sind die Halbzeitanalysen und Kommentare bei Begegnungen wie z.b. Japan:Kamerun, doch die wahren WM Highlights.

3) Wieso trägt Philipp Lahm heute weisse Socken und keine Schwarzen. Was für eine Haargel Sorte benutzt Bastian Schweinsteiger. Wie verkraftete die deutsche Elf das Trainig bei 16 Grad Celsius, obwohl doch 15 Grad angekündigt waren. Diese und weitere weltbewegende Fragen werden dieses Jahr nicht beantwortet. Bundestrainer Jogi Löw möchte keine täglichen Live-Pressekonferenzen abhalten. Dabei waren diese mittäglichen Veranstaltungen weitaus interessanter, als die meisten Begegnungen der WM.

4) Sepp Blatter sprach sich höchspersönlich gegen ein Verbot der Vuvuzelas aus. Ein Mann also, der sich für reine Sitzplatzstadien einsetzt, kämpft für die Rechte der trötenden südafrikanischen Fans. Jetzt oder Nie, Vuvuzela-manie....
Das Schweizer Fernsehen wird keinen Vuvuzela Filter in ihren Übertragungen einbringen. Ein Filter wäre auch eher beim allabendlichen TV Programm angebracht.

5)Der Schweizer WM Kader ist in etwa so fanatasievoll zusammengestellt, wie ein Pizza in einer Altersheim-Kantine. Dieser Umstand muss nicht unbedingt mit einer erfolglosen WM enden. Ganz im Gegenteil, ich traue Ottmar Hitzfeld sogar die Achtelsfinal Qualifikation zu. Trotzdem, die grosse Fussballkunst darf man von den Eidgenossen nicht erwarten. Wobei man ehrlich zugegeben muss, eine grosse Auswahl an technisch hochversierten Spielern hat Hitzfeld in unserem Land auch nicht. Wenn will der gute Mann auch aufbieten?

Dienstag, Mai 25, 2010

Der Berg ruft (Teil 1)

Sie sind ein wenig verrückt, nicht allzu selten spricht man sogar von "Spinnern". Man könnte sie mit den Schweigemönchen unter den Katholiken, oder den Allesfahrern bei den Fussballfans vergleichen. Die Bergläufer sind eine spezielle, vielleicht sogar extreme Gattung der Hobby-Sportler. Ein steiler Bergweg löst bei normalen Wanderer ein Jammern und starkes Verlangen nach der nächsten "Beiz" aus. Der Bergläufer hingegen rennt mit hohem Puls vor Anstrengung schwitzend und stöhnend jeden halbwegs begehbaren Pfad hoch. Eine gewisse masochistische Ader muss man da wohl mitbringen.

Teil 1) Älpele Berglauf Feldkirch:

Saisonstart im Voralberg. Die Einheimischen schlendern bei sonnigem Wetter durch die Verkaufsstände eines Marktes. Beinahe unbemerkt davon bereiten sich etwas mehr als 100 Sportler auf den 9,2km langen Älpelelauf vor.
Hoch oben über der Statdt thront die Schattenburg. Bei der grenznahen Schweizer Bevölkerung ein Synonym für feinste, tellergrosse Wiener Schnitzel. Wie so viele Menschen aus dem Kanton St.Gallen verbrachte auch ich einige Muttertage und sonstige hochtrabende Ereignisse bei den kulinarischen Köstlichkeiten auf dieser Voralberger Ritterburg. Am heutigen Tag war aber nicht leckeres Fleisch mit Pommes-Frites das Ziel, sondern eine Skihütte oberhalb von Feldkirch.

Ein Journalist befragt mich nach meiner Renntaktik. Sogar ein Foto schiesst er noch. Man könne ja nie wissen, vielleicht habe er ja soeben mit dem späteren Sieger gesprochen. Ganz so weit werde es wohl nicht kommen, antworte ich Schmunzelnd. Ich erblicke schon beim Start den einen oder anderen Topläufer, denen das Zielband schon fast in den Augen schimmert, so schnell werden sie oben sein.

Der erste Teil ist flach, und dementsprechend wird Tempo gebolzt. Man muss ja nachher nicht noch steil bergauf. Nein, Nein der Abschnitt ohne Höhenmeter und Waldwege ist selbstverständlich der anstrengende Part dieses Rennens. Ganz so denken wohl einige wenige Läufer. Nur so sind wandernden Teilnehmer bei der ersten kleineren Steigung zu erklären. Schnaufend, als ob gerade der Mount Everest in Sichtweite wäre, stampfen sie die ersten Höhenmeter hoch. Ein Phänomen das mich bereits bei meiner Teilnahme beim Jungfrau Marathon beschäftigte. Gibt es tatsächlich Sportler, die sich das Streckenprofil nicht zu Gemüte führen, oder die einen Berglauf mit einem einem Lauf am "Fusse des Berges" verwechseln? Meinen die etwa das Jungfraujoch liege auf Meereshöhe?

Als mittlerweile schon einigermassen erfahrene "Bergziege" teile ich meine Kräfte ein. Dem ersten steilen Anstieg, folgen stetige, aber nicht allzu steile Wege. Diese Streckenabschnitte kommen meinen Stärken entgegen. Ich laufe beinahe ein einsames Rennen, ab und zu überhole ich einen anderen Teilnehmer. Der Schlussteil führt nochmals über holprige und stark ansteigende Waldwege. Obwohl mir mittlerweile einige dieser fiesen, kleinen, hechelnden Bergspezialisten auf den Fersen sind ziehe ich mein Rennen mühelos durch. Ich beende den Lauf auf dem 14.Schlussrang, es bleibt sogar noch Kraft für einen Schlussspurt.

Anstrengend, aber schön wars. Oben angekommen sind die Gedanken bereits bei meiner Familie, die im Tal auf mich wartet. Mein Frage, wie denn der Rücktransport geregelt sei? beantworten die äusserst symphatischen Veranstalter mit den Worten. "Jetz trinkmer z'erscht mol a Bier". Recht haben sie.

weitere Berglauf Bericht folgen. Dies war übrigens der 500 Blog auf dieser Seite.

http://feldkirch.vol.at/news/tp:meinegemeinde:feldkirch/artikel/superleistungen-beim-sparkasse-aelpele-lauf/cn/news-20100509-11010732

Montag, Mai 17, 2010

FC Gossau : FC Thun 2:6

NLB
Sportplatz Buechenwald
740 Zuschauer

Der letzte Vorhang fiel an diesem Abend. Zugegeben, den selben Satz habe ich schon zum gleichen Zeitpunkt im letzten Jahr geschrieben. Nun war es aber undwiderruflich. Selbst bei einer plötzlichen Abspaltung der Romandie von der restlichen Schweiz. Der FC Gossau bestritt an diesem Tag definitiv sein (vorerst) letztes Heimspiel in der zweithöchsten Schweizer Fussballliga.

Die ganz grosse Prominenz gab sich nochmals die Ehre auf dem Buechenwald Sportplatz. Hakan Yakin samt Mutter Emine (ohne Velo) unterstützten ihren Blutsverwandten beim entscheidenden Spiel in der Ostschweiz. Dazu gesellten sich weitere bekannte Fernseh-Gesichter, deren Namen mir spontan nicht einfallen. Nächstes Jahr stolzieren jedenfalls wieder die Funktionäre aus Zofingen und Eschen Richtung Haupttribüne, und nicht mehr die "Hauptakteure" von "Glanz und Gloria".

Der Gastverein selber brachte nicht die angekündigten 700-1'000, sondern etwa 450 Anhänger mit ins Fürstenland. Diese unterstützen ihren Verein jedoch dauerhaft und lautstark. Der Stadionsprecher zeigte sich wahrhaft begeistert von einer solchen Ambiance. Wer will ihm das Verübeln, sein tägliches Brot war in der vergangenen Zeit kaum geniessbar. Die Mannschaft des FC Gossau wollte den Thuner Seefestspielen auch nicht im Wege stehen. Bei ungemütlichen äusseren Bedingungen liess sich die Truppe in gewohnter Manier vom Gegner vorführen. Reinhold Messner muss sich nach der Durquerung der Wüste Gobi ähnlich gefühlt haben, wie die Anhänger der Blau-Weissen nach dieser Saison. Sage und schreibe zwei Siege erreichte das Team in dieser verschreibungspflichtigen Spielzeit. Da wäre selbst ein SVP Nationalrat bei einer GSOA Hauptversammlung besser aufgehoben, als diese Gossauer Mannschaft in der NLB.

Schnell war jedenfalls klar, dass diese Aufstiegssache nicht in Gossau entschieden wird, sondern am südlichen Zipfel der Schweiz. Das Hauptaugenmerk lag also schon nach kurzer Zeit auf den Zwischenständen aus dem Tessin. Im FC G Clubheim wurde die Live Übertragung der Partie FC Lugano:FC Vaduz gezeigt. Die Thuner Ersatzbank profitierte dabei von der unmittelbaren Nähe zum Gossauer Clubhaus und nebenbei auch vom "Littbarski Bonus". Die Liechtensteiner rangen den Luganesi tatsächlich ein 1:1 ab. Da halfen auch einzelne Anfeuerungen für die Bianconeri aus dem neutralen Publikum nichts mehr. Diese Rufe waren übrigens weniger Symphatien zum FC Lugano geschuldet, sondern eher dem Frust nach dieser Saison auch noch eine gegnerische Aufstiegsfeier miterleben zu müssen. Zudem pflegt der Gossauer Anhang bekanntlich freundschaftliche Verbindungen zu Fans eines Gelb-Schwarzen Vereins.

In den letzten Spielminuten feierten die Thuner ihren Aufstieg mit einem Wechselgesang "Super!League!". Die NLA war also schon richtig angekommen bei den Gästefans."Jetz bin ich Speaker vom ä Super League Verein", schrie ein begeisterter Berner ins Handy. Ja so ausgelassen war die Stimmung auf der altehrwürdigen Holztribüne in Gossau noch selten. Sogar eine Pokalübergabe fand noch statt. Bis anhin war der "Grümpeli Turnier" Cup der einzige wertvolle Gegenstand der jemals auf dem Gossauer Rasen übergeben wurde.

Wenn der Stadionsprecher der Berner Oberländer jemals ausfallen sollte übernimmt sein Job vielleicht der Kollege aus Gossau. Euphorisiert rief er am heutigen Abend jeden Spielernamen der Thuner auf. So wurde der goldene Kübel in den verregneten Abendhimmel gereckt. Ironischerweise erlebte ein ebenfalls vom Wettskandal betroffener Verein just in Gossau sein Happy-End. Der Abschied des Heimpublikums von der eigenenMannschaft verlief hingegen den Temperaturen entsprechend. Innige Umarmungen durften selbst die harmoniesüchtigsten Personen kaum erwarten. Der Abschied von einer schweren Grippe fällt wohl ähnlich schwer.

Für den Gastverein und Heimclub war dieses Spiel der Startschuss in eine neue Zukunft. Gewiss mit unterschiedlichen Vorzeichen. Bleibt zu hoffen, dass nächste Saison auch die Gossauer wieder mal jubeln dürfen. Unseren Stadionsprecher würde sich auch freuen, falls er nicht gerade im Berner Oberland beschäftigt ist.

Schandfleck für die Stadt?

wieder einmal ein wenig Politik auf diesem Blog. Ein Bericht über die fussballerischen Ereignisse vom letzten Samstag folgt in Kürze.

aus den St.Galler Nachrichten (Text Manuela Störi)

Aus Sicht der SP muss das Bahnhofsareal in Gossau dringend saniert werden

Für die SP ist das Bahnhofsareal ein «unwürdiges Entwicklungsgebiet». Zwar hat der Stadtrat bereits eine Neugestaltung zugesagt - mit der eingereichten Interpellation will die Partei die Arbeiten vorantreiben.
Der SP-Parlamentarier Florian Kobler ist selber viel mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Und stellt je länger je mehr fest, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht: «In den letzten Jahren hat die Stadt es versäumt, wichtige Anpassungen vorzunehmen!» Auch von Bekannten wurde Kobler bereits darauf angesprochen.
Einige Stolpersteine
Als erster Punkt, der am Bahnhof verbessert werden muss, zählt Kobler die fehlende Busbeschilderung. «Man kommt sich irgendwie ‘dumm’ vor, weil man nicht weiss, wohin die Busse überhaupt fahren», erklärt er. «Und es kann ja nicht angehen, dass man ständig um Hilfe fragen muss.» Die blaue Fahrplantafel sei leer und elektronische Anzeigen würden fehlen. Die Stadt Gossau solle sich ein Beispiel an St.Gallen nehmen, denn: «Dort ist alles bestens beschildert.» Aber nicht nur die fehlenden Anzeigetafeln stören Florian Kobler. Die Perronkante zum Gleis eins beispielsweise sei zu tief. «Der behindertengerechte Einstieg, welcher gesetzlich vorgeschrieben ist, ist so nicht möglich. Der behelfsmässige Betontritt ist für alle ein Stolperstein!»
Velofahrer und Fussgänger sollten Platz haben
Die Bahnhofunterführung ist Kobler schon lange ein Dorn im Auge. Seiner Ansicht nach ist diese viel zu eng und düster. «Das Ganze sollte verbreitert werden. So, dass auch Velofahrer Platz haben und im Schritttempo fahren können.» Bis anhin müssen diese nämlich absteigen und den Drahtesel stossen. Viele halten sich jedoch nicht daran. Umso dringender sei die Angelegenheit, seit das neue Oberstufenzentrum Buechenwald eröffnet wurde und die Schüler hier entlangfahren würden.
Stadtrat will im nächsten Jahr aktiv werden
Florian Kobler hat nun eine Interpellation beim Stadtparlament eingereicht. Darin will er vom Stadtrat unter anderem wissen, wie er den Investitionen beim Bahnhofsareal gegenübersteht und wie sich die Zusammenarbeit mit den SBB gestaltet. Zwar hat der Stadtrat bereits zugesagt, den Bahnhofplatz mit dem Bushof neu zu gestalten. Dies hat er im Rahmen einer vorangegangenen Interpellation über die Schliessung des SBB-Bahnhofschalters bekannt gegeben. «Uns ist es aber wichtig, an der Sache dranzubleiben und hartnäckig zu sein», so Kobler weiter. «Es besteht wirklich dringender Sanierungsbedarf. Die Arbeiten dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Immerhin sollte der Bahnhof ein Aushängeschild der Stadt Gossau sein. Und dies ist er momentan wirklich nicht!»

Sonntag, Mai 09, 2010

FC Gossau : Servette Genf 1:2

NLB
Sportanlage Buechenwald
350 Zuschauer

Meine Kinder sollen nicht zwingend Fussball Fans werden. Die Gründe dafür sind vielschichtig. In Deutschland erblickte ich vor Jahren einen Vater mit seinem kaum dreijährigen Sohn. Der Erzeuger und sein Spössling trugen jeweils ein eng anliegendes T-Shirt, darauf stand in altdeutscher Schrift "Ultras". Frisurentechnisch zierten beide Kopfhäuter das Modell "Bundeswehr-Kampfbahn". Ebenfalls trugen die Beiden im Partnerlook eine Armeehose. Der Kleine hatte wohl Glück, dass ihm sein Vater nicht noch ein Tatoo "Althauer Garde Süd" verpasst hatte. Der Anblick befremdete mich.

Als Folge wurden z.B. schon Jahre vor der Familienplanung diverse mögliche Vornamen, die an legendäre Fussballer erinnern sollten, ad acta gelegt. Immer weniger Verständnis brachte ich auch für Familienväter auf, die ihrem Nachwus quasi mit dem Durchtrennen der Nabelschnur, die Mitgliedsurkunde ihres Lieblingsvereins aushändigten. So wird ja dem Sohnemann, oder der Tochter gleich mal eine wichtige Entscheidung abgenommen, nämlich die Wahl des Lieblingsvereins. Wo kann das noch hinführen? Sucht der Vater später auch die Arbeitsstelle aus? Die Frau? Die Geliebte oder die Beilagen auf der Pizza?

Ich verstehe auch nicht, wie Eltern ihre Kleinkinder in diese modernen Fussballstadien mitschleppen können. In übergrosse Trikots gekleidet verfolgen sie gelangweilt die Partie auf ihrem Sitzplatz. Rumlaufen geht nicht, und der Vater ist beschäftigt mit dem Auspfeiffen des neusten Stürmer Flops aus Südamerika. Da wäre wohl schon so machens Kind lieber mit Ruedi und Hansli beim Sandkasten vor dem Haus geblieben.

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus hoffe ich, dass meine Kinder nicht dem "Fussball-Virus" verfallen. Vieles wird im Leben leichter. Die Aufregung an Wochenenden hält sich in Grenzen. Überfallartige schlechte Launen nach missratenen Auswärtsspielen fallen weg, und zudem läuft es in der Schule um einiges einfacher. So hat z.b. das auswendig Lernen sämtlicher Kader der Europameisterschaft 1988 keine dringende Priorität. Damals hat dies im schulischen Sinne sicher für einige Wissenslücken in relevanteren Gebieten gesorgt.

An diesem veregneten Sonntag Nachmittag begleitete mich meine Tochter zum Spiel des FC Gossau. In unserer Stadt war an diesem Tag Jahrmarkt, und statt zum dritten Mal die Auslage der Marktstände zu begutachten, spazierten wir die paar Schritte zum Buechenwaldsportplatz. Als die Partie angepfiffen wurde schlief meine Tochter nach wenigen Minuten ein. Dies darf man ihr nicht wirklich verüblen. Schliesslich spielt der FC Gossau seit Monaten nicht gerade einen Fussball, der den Adrenalin Spiegel in die Höhe treibt. Zudem nutzten schon ganz andere Leute die Spiele der Blau-Weissen für ein Nickerchen. Zugegebnermassen eher auswärts und eher nach dem Genuss von zuviel nicht-alkoholfreien Getränken.

Mein Nachwus verschlief die komplette 1.Halbzeit und nach gut 60.Minuten fragte sie, ob wir uns nicht endlich auf den Heimweg machen könnten? Ich war ehrlich gesagt nicht unglücklich, dass diese Frage kam. So hatte ich vor meinen Kollgen zumindest eine Ausrede, um diese "Champagner mit Kaviar-Partie" vorzeitig zu verlassen. Die zahlreich angereisten Servette Supporter waren nämlich das einzige belebende Element an diesem kalten Frühlingstag.

Mit dem Bus fuhren wir Nachhause, wieder vorbei am Jahrmarkt. Mein Nachwus zeigte nochmals begeistert auf die Marktstände. Ich wäre doch besser ein viertes Mal rundherum gelaufen, als sie an diesen blöden Match mitzuschleppen. Diese Erkenntnis kam leider zu spät.
Sie wird bestimmt kein Fussballfan, hoffentlich jedenfalls, dachte ich in diesem Moment.

Übrigens meine Tochter schläft sonst nie in meinen Armen ein. Noch so eine ünmögliche Sache, die unsere Fussballer in der Saison fertig gebracht haben.

Mittwoch, Mai 05, 2010

FC Chelsea : Stoke City 7:0


Premier League
Stamford Bridge
41'013 Zuschauer

Nebst den über 36'000 Marathon Läufern, bogen an diesem Tag auch die Fussballer von Chelsea in die ersehnte Zielgerade ein. Im Fernduell mit den Roten aus Manchester duelliert sich die Abramowitsch Truppe um den englischen Meistertitel.

An der Fulham Road tummeln sich die Fans in blauen Trikots. Sie genehmigen sich einen Burger an einem der Imbissstände, oder begutachten die Auslage der Fanartikel Händler. "Chelsea vs. England-World Cup 2010", der Schal scheint der neuste Hit zu sein. Wer sein Pfund lieber beim Wirt lässt drängt in eins der vielen Pubs. Rein kommt aber nur wer auch ein Matchticket vorweisen kann. In einer missmutigen Laune reicht die semi-attraktive Brünette hinter der Theke Pints an das durstige britische Volk. Die Stimmung ist ausgelassen. Eine mögliche Niederlage gegen das limitierte Team aus Stoke-on-Trent, scheint so unrealistisch wie ein Comeback von Maggie Thatcher an der Downing Street 10 nach den kommenden Wahlen.
Genauso beliebt wie frischgezapftes Bier an einem Fussball-Sonntag ist bei den Chelsea Supportern ein gewisser Frank Lampard. "Super Frank, Super Frank, Super Frank! Super Frankie Lampard" hallt es durch die Stamford Bridge. Der Mittelfeldspieler ist neben John Terry das grosse Idol der Blau-Weissen. Wie so viele trägt auch mein Sitznachbar ein Trikot des 77-fachen englischen Nationalspielers. Der freundliche Asiate ist ein Mensch der eher nervöseren Sorte, wie ich schon ziemlich schnell feststelle. Zwar fallen die Tore für sein Lieblingsteam an diesem Tag schneller, als griechische Aktienkurse auf den internationalen Börsenmärkten, trotzdem kaut der leidenschaftliche Anhänger dauernd an seinen Fingernägeln. "Nice, this is Nice" murmelt er bei jedem halbwegs geglückten Pass der "Blues".

Nett ist auch die Fan-Ausstattung einiger Chelsea Anhänger auf der Gegengerade. Die Variante zwei Käppchen auf dem Kopf, wird hoffentlich ebensowenig zur "Fan-Mode" werden, wie die Ausstattung "Trikot mit Preisetikett+ zwei Fanschals mit Preisetikett". Trotz dem teilweise sehr touristisch anmutenden Publikum in der Stamford Bridge können die wahren Supporter des Vereins am heutigen Tag überzeugen. Die Lautstärke und die Intensität ihrer Fangesänge ist für Premier League Verhältnise sicherlich auf gehobenem Niveau.

Robert Huth möchte der guten Stimmung keinen Abbruch tun. Der deutsche Nationalspieler in Diensten von Stoke City stellt sich bei einigen Zweikämpfen so geschickt an, wie ein kanadischer Holzfäller als Damen-Coiffeur. Dies alles unter den Augen von Bundestrainer Jogi Löw. Allerdings liegt die Schuld an der Kanterniederlage natürlich nicht nur beim ehemalligen Chelsea Verteidiger. Die ganze Mannschaft des mutmasslich zweitältesten Fussballverein der Welt spielt geradezu desolat. Zur Pause ist die Partie bereits entschieden, es steht 3:0. Dementsprechend gelöst ist die Stimmung auf den Tribünen. Passend dazu betreten die FA Cup Sieger von 1970 den Rasen. Zusammen mit den Fans intonieren sie "Blue is the Colour, Football is the game". Dieser Song schaffte es in den Siebziger Jahren bis auf Platz 5 der englischen Charts, wie der Stadion-Speaker nicht ganz ohne Stolz verkündet. Die Legenden mit graumelierten Haar wanderen nach ihrem Ständchen über den Rasen, und der eine oder andere alteingesessene Anhänger verdrückt ein Tränchen.
"Very nice, Very nice", mein lieber Sitznachbar kommt in der zweiten Halbzeit ganz auf seine Kosten. Mit Cola und Hotdog in der Hand bejubelt er jeden der vier weiteren Treffer euphorisch. Dem ebenfalls freudenstrahlenden Mann vor uns reisst es fast das Preisetikett vom brandneuen Trikot, als "Super Frankie" in der 81.Minute das 5:0 schiesst.
Ob Tourist aus Amerika, oder bierbäuchiger Jahreskarteninhaber aus West-London. Nach dem Spiel sind sich alle Augenzeugen einig, an diesem Nachmittag hat man den zukünftigen englischen Meister gesehen.
Nach dem Match drängen die Fans Richtung U-Bahn, oder in eins der Pubs. Wohl nicht nur freudentrunken schliesst ein Chelsea Anhänger einen Polizisten in die Arme. Dieser nimmts mit Humor, weniger erfreut sehen die Stoke Fans aus. Drei junge Frauen mit ausladenden Hüften, gekleidet in rot-weisse Trikots müssen sich spöttische Kommentare von gegnerischen Supportern anhören.
Es gibt wohl beliebtere Spieler als Michael Ballack beim Londoner Spitzenclub. Dies liesen schon die Kommentare auf der Tribüne erahnen. Vielleicht auch deshalb das intensive "German Bashing" das uns im Pub entgegengebracht wird! Ein Typ, der ohne Zweifel als unehelicher Sohn von Ozzy Osbourne durchgehen würde, stimmt jedenfalls unzählige Male den Schlachtgesang "Ten German Bombers in the Air" an.
Deutsche Flugzeuge hin oder her, der Nachmittag an der Stamford Bridge war jedenfalls äusserst"Nice".