Sonntag, Mai 09, 2010

FC Gossau : Servette Genf 1:2

NLB
Sportanlage Buechenwald
350 Zuschauer

Meine Kinder sollen nicht zwingend Fussball Fans werden. Die Gründe dafür sind vielschichtig. In Deutschland erblickte ich vor Jahren einen Vater mit seinem kaum dreijährigen Sohn. Der Erzeuger und sein Spössling trugen jeweils ein eng anliegendes T-Shirt, darauf stand in altdeutscher Schrift "Ultras". Frisurentechnisch zierten beide Kopfhäuter das Modell "Bundeswehr-Kampfbahn". Ebenfalls trugen die Beiden im Partnerlook eine Armeehose. Der Kleine hatte wohl Glück, dass ihm sein Vater nicht noch ein Tatoo "Althauer Garde Süd" verpasst hatte. Der Anblick befremdete mich.

Als Folge wurden z.B. schon Jahre vor der Familienplanung diverse mögliche Vornamen, die an legendäre Fussballer erinnern sollten, ad acta gelegt. Immer weniger Verständnis brachte ich auch für Familienväter auf, die ihrem Nachwus quasi mit dem Durchtrennen der Nabelschnur, die Mitgliedsurkunde ihres Lieblingsvereins aushändigten. So wird ja dem Sohnemann, oder der Tochter gleich mal eine wichtige Entscheidung abgenommen, nämlich die Wahl des Lieblingsvereins. Wo kann das noch hinführen? Sucht der Vater später auch die Arbeitsstelle aus? Die Frau? Die Geliebte oder die Beilagen auf der Pizza?

Ich verstehe auch nicht, wie Eltern ihre Kleinkinder in diese modernen Fussballstadien mitschleppen können. In übergrosse Trikots gekleidet verfolgen sie gelangweilt die Partie auf ihrem Sitzplatz. Rumlaufen geht nicht, und der Vater ist beschäftigt mit dem Auspfeiffen des neusten Stürmer Flops aus Südamerika. Da wäre wohl schon so machens Kind lieber mit Ruedi und Hansli beim Sandkasten vor dem Haus geblieben.

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus hoffe ich, dass meine Kinder nicht dem "Fussball-Virus" verfallen. Vieles wird im Leben leichter. Die Aufregung an Wochenenden hält sich in Grenzen. Überfallartige schlechte Launen nach missratenen Auswärtsspielen fallen weg, und zudem läuft es in der Schule um einiges einfacher. So hat z.b. das auswendig Lernen sämtlicher Kader der Europameisterschaft 1988 keine dringende Priorität. Damals hat dies im schulischen Sinne sicher für einige Wissenslücken in relevanteren Gebieten gesorgt.

An diesem veregneten Sonntag Nachmittag begleitete mich meine Tochter zum Spiel des FC Gossau. In unserer Stadt war an diesem Tag Jahrmarkt, und statt zum dritten Mal die Auslage der Marktstände zu begutachten, spazierten wir die paar Schritte zum Buechenwaldsportplatz. Als die Partie angepfiffen wurde schlief meine Tochter nach wenigen Minuten ein. Dies darf man ihr nicht wirklich verüblen. Schliesslich spielt der FC Gossau seit Monaten nicht gerade einen Fussball, der den Adrenalin Spiegel in die Höhe treibt. Zudem nutzten schon ganz andere Leute die Spiele der Blau-Weissen für ein Nickerchen. Zugegebnermassen eher auswärts und eher nach dem Genuss von zuviel nicht-alkoholfreien Getränken.

Mein Nachwus verschlief die komplette 1.Halbzeit und nach gut 60.Minuten fragte sie, ob wir uns nicht endlich auf den Heimweg machen könnten? Ich war ehrlich gesagt nicht unglücklich, dass diese Frage kam. So hatte ich vor meinen Kollgen zumindest eine Ausrede, um diese "Champagner mit Kaviar-Partie" vorzeitig zu verlassen. Die zahlreich angereisten Servette Supporter waren nämlich das einzige belebende Element an diesem kalten Frühlingstag.

Mit dem Bus fuhren wir Nachhause, wieder vorbei am Jahrmarkt. Mein Nachwus zeigte nochmals begeistert auf die Marktstände. Ich wäre doch besser ein viertes Mal rundherum gelaufen, als sie an diesen blöden Match mitzuschleppen. Diese Erkenntnis kam leider zu spät.
Sie wird bestimmt kein Fussballfan, hoffentlich jedenfalls, dachte ich in diesem Moment.

Übrigens meine Tochter schläft sonst nie in meinen Armen ein. Noch so eine ünmögliche Sache, die unsere Fussballer in der Saison fertig gebracht haben.

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