Mittwoch, Mai 05, 2010

FC Chelsea : Stoke City 7:0


Premier League
Stamford Bridge
41'013 Zuschauer

Nebst den über 36'000 Marathon Läufern, bogen an diesem Tag auch die Fussballer von Chelsea in die ersehnte Zielgerade ein. Im Fernduell mit den Roten aus Manchester duelliert sich die Abramowitsch Truppe um den englischen Meistertitel.

An der Fulham Road tummeln sich die Fans in blauen Trikots. Sie genehmigen sich einen Burger an einem der Imbissstände, oder begutachten die Auslage der Fanartikel Händler. "Chelsea vs. England-World Cup 2010", der Schal scheint der neuste Hit zu sein. Wer sein Pfund lieber beim Wirt lässt drängt in eins der vielen Pubs. Rein kommt aber nur wer auch ein Matchticket vorweisen kann. In einer missmutigen Laune reicht die semi-attraktive Brünette hinter der Theke Pints an das durstige britische Volk. Die Stimmung ist ausgelassen. Eine mögliche Niederlage gegen das limitierte Team aus Stoke-on-Trent, scheint so unrealistisch wie ein Comeback von Maggie Thatcher an der Downing Street 10 nach den kommenden Wahlen.
Genauso beliebt wie frischgezapftes Bier an einem Fussball-Sonntag ist bei den Chelsea Supportern ein gewisser Frank Lampard. "Super Frank, Super Frank, Super Frank! Super Frankie Lampard" hallt es durch die Stamford Bridge. Der Mittelfeldspieler ist neben John Terry das grosse Idol der Blau-Weissen. Wie so viele trägt auch mein Sitznachbar ein Trikot des 77-fachen englischen Nationalspielers. Der freundliche Asiate ist ein Mensch der eher nervöseren Sorte, wie ich schon ziemlich schnell feststelle. Zwar fallen die Tore für sein Lieblingsteam an diesem Tag schneller, als griechische Aktienkurse auf den internationalen Börsenmärkten, trotzdem kaut der leidenschaftliche Anhänger dauernd an seinen Fingernägeln. "Nice, this is Nice" murmelt er bei jedem halbwegs geglückten Pass der "Blues".

Nett ist auch die Fan-Ausstattung einiger Chelsea Anhänger auf der Gegengerade. Die Variante zwei Käppchen auf dem Kopf, wird hoffentlich ebensowenig zur "Fan-Mode" werden, wie die Ausstattung "Trikot mit Preisetikett+ zwei Fanschals mit Preisetikett". Trotz dem teilweise sehr touristisch anmutenden Publikum in der Stamford Bridge können die wahren Supporter des Vereins am heutigen Tag überzeugen. Die Lautstärke und die Intensität ihrer Fangesänge ist für Premier League Verhältnise sicherlich auf gehobenem Niveau.

Robert Huth möchte der guten Stimmung keinen Abbruch tun. Der deutsche Nationalspieler in Diensten von Stoke City stellt sich bei einigen Zweikämpfen so geschickt an, wie ein kanadischer Holzfäller als Damen-Coiffeur. Dies alles unter den Augen von Bundestrainer Jogi Löw. Allerdings liegt die Schuld an der Kanterniederlage natürlich nicht nur beim ehemalligen Chelsea Verteidiger. Die ganze Mannschaft des mutmasslich zweitältesten Fussballverein der Welt spielt geradezu desolat. Zur Pause ist die Partie bereits entschieden, es steht 3:0. Dementsprechend gelöst ist die Stimmung auf den Tribünen. Passend dazu betreten die FA Cup Sieger von 1970 den Rasen. Zusammen mit den Fans intonieren sie "Blue is the Colour, Football is the game". Dieser Song schaffte es in den Siebziger Jahren bis auf Platz 5 der englischen Charts, wie der Stadion-Speaker nicht ganz ohne Stolz verkündet. Die Legenden mit graumelierten Haar wanderen nach ihrem Ständchen über den Rasen, und der eine oder andere alteingesessene Anhänger verdrückt ein Tränchen.
"Very nice, Very nice", mein lieber Sitznachbar kommt in der zweiten Halbzeit ganz auf seine Kosten. Mit Cola und Hotdog in der Hand bejubelt er jeden der vier weiteren Treffer euphorisch. Dem ebenfalls freudenstrahlenden Mann vor uns reisst es fast das Preisetikett vom brandneuen Trikot, als "Super Frankie" in der 81.Minute das 5:0 schiesst.
Ob Tourist aus Amerika, oder bierbäuchiger Jahreskarteninhaber aus West-London. Nach dem Spiel sind sich alle Augenzeugen einig, an diesem Nachmittag hat man den zukünftigen englischen Meister gesehen.
Nach dem Match drängen die Fans Richtung U-Bahn, oder in eins der Pubs. Wohl nicht nur freudentrunken schliesst ein Chelsea Anhänger einen Polizisten in die Arme. Dieser nimmts mit Humor, weniger erfreut sehen die Stoke Fans aus. Drei junge Frauen mit ausladenden Hüften, gekleidet in rot-weisse Trikots müssen sich spöttische Kommentare von gegnerischen Supportern anhören.
Es gibt wohl beliebtere Spieler als Michael Ballack beim Londoner Spitzenclub. Dies liesen schon die Kommentare auf der Tribüne erahnen. Vielleicht auch deshalb das intensive "German Bashing" das uns im Pub entgegengebracht wird! Ein Typ, der ohne Zweifel als unehelicher Sohn von Ozzy Osbourne durchgehen würde, stimmt jedenfalls unzählige Male den Schlachtgesang "Ten German Bombers in the Air" an.
Deutsche Flugzeuge hin oder her, der Nachmittag an der Stamford Bridge war jedenfalls äusserst"Nice".

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