Montag, Mai 17, 2010

FC Gossau : FC Thun 2:6

NLB
Sportplatz Buechenwald
740 Zuschauer

Der letzte Vorhang fiel an diesem Abend. Zugegeben, den selben Satz habe ich schon zum gleichen Zeitpunkt im letzten Jahr geschrieben. Nun war es aber undwiderruflich. Selbst bei einer plötzlichen Abspaltung der Romandie von der restlichen Schweiz. Der FC Gossau bestritt an diesem Tag definitiv sein (vorerst) letztes Heimspiel in der zweithöchsten Schweizer Fussballliga.

Die ganz grosse Prominenz gab sich nochmals die Ehre auf dem Buechenwald Sportplatz. Hakan Yakin samt Mutter Emine (ohne Velo) unterstützten ihren Blutsverwandten beim entscheidenden Spiel in der Ostschweiz. Dazu gesellten sich weitere bekannte Fernseh-Gesichter, deren Namen mir spontan nicht einfallen. Nächstes Jahr stolzieren jedenfalls wieder die Funktionäre aus Zofingen und Eschen Richtung Haupttribüne, und nicht mehr die "Hauptakteure" von "Glanz und Gloria".

Der Gastverein selber brachte nicht die angekündigten 700-1'000, sondern etwa 450 Anhänger mit ins Fürstenland. Diese unterstützen ihren Verein jedoch dauerhaft und lautstark. Der Stadionsprecher zeigte sich wahrhaft begeistert von einer solchen Ambiance. Wer will ihm das Verübeln, sein tägliches Brot war in der vergangenen Zeit kaum geniessbar. Die Mannschaft des FC Gossau wollte den Thuner Seefestspielen auch nicht im Wege stehen. Bei ungemütlichen äusseren Bedingungen liess sich die Truppe in gewohnter Manier vom Gegner vorführen. Reinhold Messner muss sich nach der Durquerung der Wüste Gobi ähnlich gefühlt haben, wie die Anhänger der Blau-Weissen nach dieser Saison. Sage und schreibe zwei Siege erreichte das Team in dieser verschreibungspflichtigen Spielzeit. Da wäre selbst ein SVP Nationalrat bei einer GSOA Hauptversammlung besser aufgehoben, als diese Gossauer Mannschaft in der NLB.

Schnell war jedenfalls klar, dass diese Aufstiegssache nicht in Gossau entschieden wird, sondern am südlichen Zipfel der Schweiz. Das Hauptaugenmerk lag also schon nach kurzer Zeit auf den Zwischenständen aus dem Tessin. Im FC G Clubheim wurde die Live Übertragung der Partie FC Lugano:FC Vaduz gezeigt. Die Thuner Ersatzbank profitierte dabei von der unmittelbaren Nähe zum Gossauer Clubhaus und nebenbei auch vom "Littbarski Bonus". Die Liechtensteiner rangen den Luganesi tatsächlich ein 1:1 ab. Da halfen auch einzelne Anfeuerungen für die Bianconeri aus dem neutralen Publikum nichts mehr. Diese Rufe waren übrigens weniger Symphatien zum FC Lugano geschuldet, sondern eher dem Frust nach dieser Saison auch noch eine gegnerische Aufstiegsfeier miterleben zu müssen. Zudem pflegt der Gossauer Anhang bekanntlich freundschaftliche Verbindungen zu Fans eines Gelb-Schwarzen Vereins.

In den letzten Spielminuten feierten die Thuner ihren Aufstieg mit einem Wechselgesang "Super!League!". Die NLA war also schon richtig angekommen bei den Gästefans."Jetz bin ich Speaker vom ä Super League Verein", schrie ein begeisterter Berner ins Handy. Ja so ausgelassen war die Stimmung auf der altehrwürdigen Holztribüne in Gossau noch selten. Sogar eine Pokalübergabe fand noch statt. Bis anhin war der "Grümpeli Turnier" Cup der einzige wertvolle Gegenstand der jemals auf dem Gossauer Rasen übergeben wurde.

Wenn der Stadionsprecher der Berner Oberländer jemals ausfallen sollte übernimmt sein Job vielleicht der Kollege aus Gossau. Euphorisiert rief er am heutigen Abend jeden Spielernamen der Thuner auf. So wurde der goldene Kübel in den verregneten Abendhimmel gereckt. Ironischerweise erlebte ein ebenfalls vom Wettskandal betroffener Verein just in Gossau sein Happy-End. Der Abschied des Heimpublikums von der eigenenMannschaft verlief hingegen den Temperaturen entsprechend. Innige Umarmungen durften selbst die harmoniesüchtigsten Personen kaum erwarten. Der Abschied von einer schweren Grippe fällt wohl ähnlich schwer.

Für den Gastverein und Heimclub war dieses Spiel der Startschuss in eine neue Zukunft. Gewiss mit unterschiedlichen Vorzeichen. Bleibt zu hoffen, dass nächste Saison auch die Gossauer wieder mal jubeln dürfen. Unseren Stadionsprecher würde sich auch freuen, falls er nicht gerade im Berner Oberland beschäftigt ist.

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