2--4
1.Liga
Sportanlage Loren (Witikon)
150 Zuschauer
Seefeld, am rechten Zürichseeufer gelegen, ist eines der teuersten Quartiere der Stadt Zürich, somit wohl auch eines der kostspieligsten des ganzen Landes. Aller Reichtum nützt allerdings im harten Alltag der dritthöchsten Schweizer Liga auch nichts, heute war für den heimischen Verein "Abstiegskampf pur" angesagt. Erschwerend kam für die Stadt-Zürcher hinzu, dass der Gast aus Gossau sich ein Fernduell, mit dem Tessiner Verein G.C. Biaschesi, um den letzten Platz in der NLB-Barrage lieferte.
Gespielt wurde auf der Sportanlage Loren in Zürich Witikon, da die eigene Spielstätte in Seefeld wohl nicht 1.Liga Anforderungen genügt.
Zweimal umsteigen auf Tram und Bus, und schon hat man mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln das östlichste Stadtviertel Zürichs erreicht.
Von Aufstiegskrimi und Abstiegskampf ist eine halbe Stunde vor Spielbeginn, noch nichts zu spüren. Im kargen Keller des Kabinentrakts befinden sich drei Tische und ein paar Stühle, dazu schenkt eine missmutige Frau Getränke aus, ausser ein paar angereisten Gossauer Zuschauer sitzt allerdings niemand hier unten, auch sonst scheint das Gelände wie ausgestorben.
Gegen 16.00 finden sich dann doch noch einige Anhänger, im oberhalb Zürichs gelegenen Witikon ein, anfänglich sehen sie ein nervöses und von vielen Abspielfehlern geprägtes Spiel.
"Volle Hose Jungs! Gopfridstutz!" der Gossauer Trainer Vlado Nogic, tigert nervös vor seiner Bank hin und her und versucht seine Spieler aufzuwecken. Die junge Mannschaft scheint wie gelähmt angesichts der so nahen Überraschung, der Teilnahme an der NLB Aufstiegsrunde. Prompt schiesst die eher bescheidene Mannschaft des FC Seefeld den 1:0 Führungstreffer, grosser Jubel bei den Spieler mit diesem Ergebnis würden sie sich in der 1.Liga halten. Entsetzen dagegen auf der Gästebank, Trainer Nogic wird ein Handy hingehalten, Biaschesi führt in Herisau, somit wäre die Mannschaft aus Biasca, anstatt der Fürstenländer in der Aufstiegsrunde.
"Tobias, das müssen sie doch sehen 4 gegen 3!" Angriff um Angriff rollt auf den Gäste-Torwart zu,man hört nur noch den verzweifelten Gossauer Trainer, ansonsten gespenstische Ruhe. Die blauen Trikots des FC Gossau mögen an den FC Schalke 04 erinnern, die Hoffnung bleibt, dass die Gossauer, die Versagerrolle nicht auch noch mit dem Team aus dem Ruhrgebiet teilen werden.
In der Pause wackeln sprichwörtlich die Kabinenwände in Witikon, beim Toilettengang kann jeder Zuschauer an der lauten "Pausenpredigt" von Vlado Nogic teilhaben.
Letztes Jahr noch in der 2.Liga Interregional, nun schon auf dem Weg in die NLB, man versteht den Ärger des Coaches. Es wäre wirklich bitter, würde man auf dieser auch für 1.Liga bescheiden Fussballwiese mit drei Tribünenstufen, doch noch scheitern.
Die zweite Halbzeit beginnt und innerhalb kürzerster Zeit entspannen sich die Gesichter der Gossauer Anhänger, Funktionäre und des gesamten Teams. Die Seefelder schiessen ein unglückliches Eigentor und nun spielen die Ostschweizer angeführt von den starken Knöpfel und Gmünder wie befreit auf. Schnell erzielen sie auch das 2:1. Das Ganze vor den Augen des FC Wil Trainers Uli Forte, der das Geschehen aufmerksam verfolgt und sich immer wieder für geheimnisvolle Telefonate zurückzieht. Es macht den Anschein, er habe Angst jemand könnte ihn belauschen und ihm so bei einem kommenden Transfer dazwischenfunken.
Gmünder setzt sich nun mal für mal gegen die Verteidigung des Gastgebers durch, seine Gegenspieler können ihn meistens nur mit unfairen Mitteln stoppen. "Isch das Eidgenössisches Schwingerfescht?" im breiten Rheinthaler Dialekt macht der Gossauer Stürmer seinem Unmut Luft.
Verzweifelt versuchen die abstiegsbedrohten Zürcher dagenzuhalten, allerdings ohnes Fortune. Der italienischstämmige Kartenverkäufer, der erst in der 2.Hälfte die Runde macht, scheint auch hoffnungslos:"Isch letscht Spiel i dä 1.Liga, isch hüt bis 16 Johr gratis." Diese nette Geste verleitet einen Zuschauer trotzdem zur Flucht vor dem symphatischen, einkassierenden Mann: "I zahl sicher nöd 10 Franken Itritt, wend Brotwurscht scho 6 Franke koschtet!" begründet er seinen nicht unbedingt nachvollziebaren Schritt.
Nachdem auch noch das 3:1 für den FC Gossau fällt, werden mit dem Präsidenten bereits mögliche Gegner in der Aufstiegsrunde diskutiert, dass man so etwas vor Spielschluss nicht machen sollte, zeigt der Anschlusstreffer der kurz darauf die Gossauer nochmals nervös werden lässt.
Die Seefelder kämpfen mit letzter Kraft gegen den Relegation aus der 1.Liga, dann erzielen die cleveren Fürstenländer das 4:2 und alles ist entschieden. Die Zürcher steigen ab, und die Ostschweizer treten in den Aufstiegsspielen gegen den FC Solothurn an.
Trainer Nogic kann beruhigt in die nächste Woche gehen, ist das Erreichen der Aufstiegsspiele doch schon eine kleine Sensation und jeder weitere Erfolg eine Art Zugabe.
Meinerseits bin ich froh, dass der FC Gossau nur ähnliche Trikots wie der FC Schalke hat, aber eindeutig die bessern Nerven.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen