Dienstag, November 10, 2009

FC Gossau : FC Winterthur

NLB
Sportanlage Buechenwald
660 Zuschauer (gemäss der Zeitung "Landbote", die Hälfte aus Winterthur)

Vor 20 Jahren fiel der eiserne Vorhang! Der kalte Krieg war vorbei, David Hasselhof sang "Looking for Freedom" auf der Berliner Mauer und Hans Uwe Pilz wechselte von Dymano Dresden zu Fortuna Köln. Deutschland feiert dieser Tage dementsprechend euphorisch. David Hasselhoff war auch wieder vor Ort. Er wankte in Champagner Laune und mit gehörig Seitenschlag auf die Bühne einer Musikpreisveranstaltung. "Freedom, Freedom" sprach der sichtlich angeschlagene "Knight Rider" ins Mikrofon, zum "Zmorgen" hatte der bestimmt nicht nur Buttermilch, dachte man da als Zuseher. Der Ex Baywatch Rettungsschwimmer meinte dann noch ziemlich bescheiden, dass nicht er die Mauer zum Einstürzen brachte, sondern die Ostdeutschen seien dafür verantwortlich gewesen.

Der K.I.T.T. Fahrer war es also nicht der Erich Honecker höchstpersönlich aus der DDR vertrieb, trotzdem Hasselhof war zweifeslos vor zwanzig Jahren ein grosser Star bei unseren nördlichen Nachbarn. So schrieb der Spiegel sehr humorig: "Zu den großen nationalen Traumata der Deutschen gehört neben Drittem Reich, Wembley-Tor und jetzt Opel-Verkauf sicherlich auch David Hasselhoff. ..." Doch auch wir Schweizer sangen "Crazy for You" und den "Limbo Dance" Anfang Neunziger innbrünstig mit. Auftritte des Ami Sänger beim „Supertreffer“ oder bei Wetten,Dass...versammelte Millionen deutschsprachiger Familien gebannt vor dem Fernseher. Sozusagen ein Duell des schlechten Geschmacks lieferten sich deshalb unsere beiden U-17 Nationalmannschafen in Nigeria. Das Spiel war allerdings alles andere als tiefes Niveau, und es geschah etwas, dass so selten ist wie ein islamisches Gebetsbuch an einer SVP Versammlung. Die Schweiz siegte tatsächlich gegen Deutschland. Nun freuen sich alle, wirklich alle vom Bündner Bergbauer bis zum Migros Lastwagenfahrer aus Altdorf. Hat man es den " Schwaben" nun endlich einmal gehörig gezeigt! Leute die bis vor einer Woche nicht einmal wussten was "U-17" überhaupt bedeutet fiebern nun dem WM Halbinale entgegen, als handle es sich um eine bevorstehende Liebsnacht mit Angelina Jolie und Gisele Bündchen.

„Freedom, Freedom“ alles andere als in Freiheit war letzte Woche Carl Hirschmann, Zürcher Partylöwe und Millionärs Söhnchen. Er schnupperte gefilterte Luft in der U-Haft (@Mode-Fans unserer Junioren Nationalmannschaft, das hat nichts mit „U-17“ zu tun), und summte vielleicht leise vor sich in „One morning in june some twenty years ago I was born a rich man son. I had everything that money could buy. But freedom - I had none” dies natürlich in der David Guetta Ibiza Club Version 2009. Freiheit vor dem gegnerischen Goalie suchen die FC G Stürmer auch in dieser Saison vergeblich. Dementsprechend findet man wohl häufiger keusche Klosterfrauen im Zürcher In-Club von Carli Hirschmann, als drei Punkte auf dem Konto der Fürstenländer.

Es goss wie aus Kübeln an diesem Sonntag in Gossau, dementsprechend war der Publikumsaufmarsch eher bescheiden. Böse Zungen behaupten, einzig die Winterthurer Fans zeigten dafür verantwortlich, dass die Zuschauerzahl im dreistelligen Bereich war. Sie sangen dann auch nicht ganz zu Unrecht ihr Lied vom „Heimspiel in Gossau“. Vor 20 Jahren endete das Projekt Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Gästefans sorgten mit ihren Sprechchören „Hoch den Winterthurer Fussballfans“ in Anlehnung zum sozialistischen Klassiker „Hoch die internationale Solidarität“ zumindest für ein wenig Ostalgie auf der Buechenwald Sportanlage. 1:0 für den Kapitalismus hiess das Ergebnis nach dem Mauerfall 1989, 1:0 für den FC Gossau zeigte die Anzeigetafel nach 35.Minuten. Etwas überraschender als das apprubte Ende der DDR wahr dieses Ergebnis schon. Der Tabellenletzte zeigte eine äusserst engagierte Leistung und die favorisierten Winterthurer wirkten geschockt. Im Publikum sah man ebenfalls erschütterte Gesichtsausdrücke, vor allem der Junge mit dem Winterthur Trikot beflockt Nr. 9 „Papi“ konnte einem fast leid tun. Nicht Rainer Bieli sondern der wieselflinke Emeghara war es dann, der innerhalb von sechs Minuten zwei Tore für Gastmannschaft schoss, und den kleinen Fan wieder erstrahlen liess.

Die blöden Gegentore für den FC Gossau fielen, als die zwei Mittelfeldspieler Bigoni und Holenstein verletzt vom Platz mussten. Glisic und De Lima kamen für die Beiden aufs Feld. Am Vortag schaute ich mir das Spiel FC Bayern:FC Schalke im TV an, der Uli Hoeness brauchte am Abend auch keinen Lichtschalter in seiner Arena Stube, sein roter Kopf leuchtete in den Münchner Abendhimmel. Zuerst das kritische Interview von Lahm, danach noch Marcel Reif mit bedeutungsvoller Stimme im Fernsehen „Wie ich soeben erfahre, hat Luca Toni nach seiner Auswechslung das Stadion verlassen“. Zuviel für den Münchner Manager, zumal er jetzt auch noch Mario Gomez und Miroslav Klose für die Verteidigung umschulen muss, weil Vorne im Sturm das bringt ja nichts mehr. Man lässt David Hasselhoff auch nicht in einem Schnapsladen arbeiten, beides ist in etwa gleich Ertragslos. Glisic sah zwar nach seiner Auswechslung in der 83.Minute auch nicht gerade wie Mutter Theresa beim Nachtgebet aus, trotzdem blieb er und schaute sich das Spiel bis zum Schluss an. Gossau spielte gut, die Gossauer hätten einen Punkt verdient gehabt. In der 93.Minute trat Solijc zum Freistoss an der Strafraumgrenze an. Die Winterthurer Mauer war allerdings nicht so durchlässig wie die Berliner Mauer am 9.November 1989 und so blieb es beim 2:1 für die Gäste.

„Jetzt wächst zusammen was zusammen gehört“ meinte der ehemalige Bundeskanzler Willy Brand zum Mauerfall. Es wird sich in den zwei verbleibenden Spielen noch zeigen, ob auch die Gossauer Mannschaft so wirklich zusammengehört.

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