Montag, November 09, 2009

Damals vor 30 Jahren

(Bericht für FC G Matchprogramm)
Zufällig bekam ich vor einigen Wochen eine 30-jährige Ausgabe der Tageszeitung „Die Ostschweiz“ in die Finger. Zu meiner grossen Freude entdeckte ich darin den Bericht zu einem FC Gossau Kantersieg. Um den Gossauer Anhänger wieder einmal eine Abwechslung zu den tristen 0:7 oder 0:8 Niederlagen zu bieten, wird dieser Spielbericht nun im aktuellen Matchprogramm veröffentlicht. Der Text stammt übrigens nicht vom langjährigen FC Gossau Pressechef Karl Schmucki. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass auch er irgendwann wieder von Gossauern Erfolgserlebnissen berichten darf.

Ein Erfolg des Teamgeists
Wohl hoffte man insgeheim mit einer Fortsetzung der guten Heimbilanz des FC Gossau, doch die kühnsten Optimisten hätten der jungen Wild-Elf diesen Kantersieg nicht zugetraut. Die Fürstenländer erfreuten ihren Anhang wiederum mit einer einsatzfreudigen, schnörkellosen Darbietung und überraschten dabei vorab durch ihre mannschaftliche Geschlossenheit, und nicht zuletzt die Uneigennützigkeit im Angriff führte zu einigen herrlich herausgespielten Treffern.

FC Gossau : SC Zug 6:0
Gemeindesportplatz-400 Zuschauer
Tore: 3x Steinemann / 2xImseng / 1x Leber
Gossau mit folgender Aufstellung: Holenstein; Lehmann; Eigenmann; De Martin, Grzonka; Leber, Rajcic, Oberholzer; Aepli (73.Stadler), Imseng, Steinemann
Bemerkungen: Gossau ohne Lendi und Osta beide verletzt / glitschiges, holpriges Terrain

Glänzendes Konterspiel:
Zweifellos ist dieser Kantersieg, gemessen an den Spielanteilen, etwas gar hoch ausgefallen, denn 60 Minuten lang blieb die Partie völlig offen. Der SC Zug sah dabei keineswegs so schlecht aus, denn die Gossauer Deckung konnte sich über mangelnde Beschäftigung lange Zeit nicht beklagen. Was jedoch bei den Innerschweizern im Ansatz recht gut begann, endete spätestens in der Strafraumnähe. Wohl mitentscheidend für diese Phantasielosigkeit vor dem gegnerischen Tor war die grossartige Leistung von Captain Grzonka, der den gefährlichen Dumancic völlig aus dem Spiel nahm, seinerseits jedoch mit viel Sinn den eigenen Angriff unterstützte. Weil andererseits auch Grab von De Martin kaum je aus den Augen gelassen wurde, blieben die Abschlussversuche den Mittelfeldspielern überlassen, und da blieb es meist schon im Ansatz stecken.
Die Stärke der jungen Gossauer Elf liegt ohne Zweifel in den schnell vorgetragenen Konterangriffen, denn dank guter läuferischer Qualitäten verfügen sie meist über ein Übergewicht an Anspielmöglichkeiten. Die direkt gespielten Angriffe der Gossauer, welche über mehrere Stationen vorgetragen wurden, begeisterten das Publikum geradezu. Sicherlich kam den Fürstenländern auch in dieser Begegnung wiederum der frühe Führungstreffer zugute, waren doch nun die Gäste gezwungen, den Angriff zu forcieren, was die Gossauer geradezu zu Konterangriffen einlud. Der Führungstreffer fiel nach einem mustergültigen Angriff bereits in der 22. Minute. Lebers Pass leitete Rajcic direkt zum am Flügel postierten Imseng, und seinen Flankenball versenkte der heranstürmende Steinemann am nahen Pfosten. Die Reaktion der Zuger war heftig, und zweimal hatten die Platzherren in der Folge Glück, dass Grab knapp aus dem Hinterhalt verschoss und Hüter Holenstein einen Schuss Waltenspühls mit den Fingerspitzen um den Pfosten drehen konnte. Auf der Gegenseite war es der wirblige Aepli, der mit einem schönen Distanzschuss nur um Zentimeter übers Dreieck zielte.

Zuger Druck – Gossauer Tore
Die berüchtigten Minuten nach dem Seitenwechsel brachten den Fürstenländern wiederum einige gefährliche Situationen. Der scheinbare Ausgleich in der 49.Minute musste wegen Abseits annulliert werden. Ein schöner Angriff von Oberholzer leitete in der Folge den Umschwung für die Gossauer ein. Nach einem schnell vorgetragenen Angriff über Aepli und Steinemann übernahm De Martin auf der rechten Seite den etwas zu weit geratenen Zenter, und Imseng spurtete im richtigen Moment zum nahen Pfosten und skorte per Kopf zum 2:0. In der Folge lief das Gossauer Spiel wie am Schnürchen. Das vorentscheidende 3:0 fiel in der 70. Minute, als Leber mit einem Traumpass Steinemanns alleine auf Brügger loszog und trotz Behinderung des Hüters das Streitobjekt aus 12 Metern in die Maschen setzte. Zwei Minuten später praktisch dieselbe Situation, doch diesmal war es Leber, welcher Steinemann in die Tiefe lancierte, und das 4:0 war nur noch Formsache. In der 76.Minute fiel ein weiterer Treffer, Steinemann beförderte mit einem eleganten Kopfstoss eine Rajcic Flanke ins hohe Eck. Das hohe Resultat liess einige Gossauer etwas leger werden, die Innerschweizer standen in der Schlussviertelstunde meist in der gegnerischen Hälte. Trotzdem entwischte in der 87.Minute Steinemann seinem Gegner ein weiteres Mal, und SC Zug Torhüter Brügger konnte ihn nur noch mit einem Foul am Torschuss hindern. Imseng übernahm die Ausführung des Elfmeters, und das brutale 6:0 war Tatsache. (Text leicht gekürzt wiedergegeben)

Ziemlich genau 30 Jahre später verliert der FC Gossau sein Heimspiel gegen den FC Vaduz mit 1:4. Ich hatte nach diesem Match die Möglichkeit mit zwei Zeitzeugen des Kantersiegs gegen den SC Zug zu sprechen. Ernst Wild war damals Trainer der jungen Gossauer Mannschaft und Viro De Martin agierte als Verteidiger der Fürstenländer.

Im damaligen Bericht, wird nicht ersichtlich in welcher Liga ihr damals gespielt habt?
Viro De Martin: Ich kann mich zwar nicht mehr konkret an dieses Spiel erinnern, aber wir spielten in der 1.Liga.
Ernst Wild: Ich hingegen kann mich noch an diesen Kantersieg erinnern.

Wie verlief die weitere Saison für den FC Gossau?
Ernst Wild: Leider nicht so erfolgreich wie das Spiel gegen den SC Zug. Wir hatten eine äusserst schlechte Vorbereitung zur Rückrunde. Es war ein „strenger“ Winter in Gossau und zudem liessen die Trainingsplätze auf dem Gemeindesportplatz damals sehr zu wünschen übrig. Dementsprechend schwach starteten wir in die Rückrunde. Ich musste dann nach ein paar verlorenen Partien für einen neuen Trainer Platz machen, obwohl wir unter meiner Regie nie auf dem letzten oder vorletzten Platz standen.
Viro De Martin: Der Klassenerhalt gelang uns schlussendlich trotz einer schwierigen Saison.

Es fällt auf, dass sehr viele Gossauer im damaligen Team standen, warum ist dies heute nicht mehr möglich?
Viro De Martin: Die Zeiten haben sich geändert, damals spielten wir in der 1.Liga und nicht in der Challenge League, zudem gab es noch keine „U-Mannschaften“. Viele Spieler wechselten also direkt von den A-Junioren in die 1.Mannschaft.
Ernst Wild: Genau so ist es, deshalb wurde ich auch Trainer der 1.Mannschaft. Als A-Junioren Trainer kannte ich die Spieler schon sehr gut, da meinte der Vorstand, dass ich doch gleich die 1.Mannschaft übernehmen könne. Die Problematik ist heute sicherlich, dass viele gute Spieler von den Scouts zu den jeweiligen „U-Mannschaften“ transferiert werden.
Viro De Martin: Diese „U-Mannschaften“ sind allerdings eine gute Sache, ich sehe es am Beispiel meines Sohns der bei den Junioren des FC Wil spielt. Er wird auf hohem Niveau bis zu 5x in der Woche trainiert, er kann sich so stetig weiterentwickeln.

Der Spielbericht in der Zeitung ist sehr ausführlich. Waren solche Berichte in der damaligen Zeit an der Tagesordnung?
Ernst Wild: Solche Berichte waren für meine Spielvorbereitung als Trainer imens wichtig. Früher gab es die Zeitung „Sport“, in dieser erschienen immer mittwochs sämtliche Spielberichte der 1.Liga Partien. Im Zeitalter vor dem Internet konnte ich enorm davon profitieren. Welcher Spieler ist z.B. kopfballstark bei dieser Tessiner Mannschaft? Was sind die Stärken der Stürmer?
Viro De Martin: Ich sehe gerade der Bericht ist mit dem Kürzel RZ gekennzeichnet. Der Text stammt wahrscheinlich von unserem Ehrenmitglied Ruedi Zingg.

Viro De Martin ist bekanntlich immer noch sehr eng mit dem FC Gossau verbunden. Er ist seit längerer Zeit im Vorstand tätig. Ernst Wild trainiert immer noch, und zwar die Junioren des FC Uzwil.

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