Samstag, Mai 31, 2008

Schweiz : Liechtenstein 3:0





Länderspiel
Stadion St.Gallen
18'000 Zuschauer (ausverkauft)

Der Beizer der kleinen Quartierbeiz beim Bahnhof Winkeln, hatte diesen Tag wohl schon lange herbei gesehnt, denn an diesem Freitag schauten nicht nur ein paar Handwerker auf ein,zwei Feierabend-Getränke vorbei. Nein, heute war es endlich soweit. Stadioneröffnung, und hunderte Schweizer Anhänger pilgerten an seinem Restaurant vorbei, Richtung Neubau. Der Kellner kam ins Schwitzen, die Bratwürste wechselten im Sekundentakt ihre Besitzer, und dem Eigentümer der symphatischen Beiz leuchteten in froher Erwartung weiterer, umsatzstarker Fussballabende die Augen.
Die Stadionverantwortlichen hatten dagegen noch alles andere als leuchtende Augen, denn es lief noch nicht alles Rund bei der Premiere des neuen St.Galler Fussball Stadion. Stromausfall gleich beim ersten Spiel. Im Bauch der Haupttribüne blieb der Lift stecken, und im Lokal-Radio wurde bereits über eine mögliche Spielabsage spekuliert. Ganz soweit kam es dann doch nicht, denn die Stadionverantwortlichen konnten doch noch das ultimative Worst-Case Szenario verhindern.
So konnten ziemlich alle 18'000 Zuschauer, pünktlich um 20.30 ihre Sponsoren Fähnchen schwingen, und durften den merkwürdigen Anweisungen ("Mached mer doch alli d'Welle zur Eröffnig vom Stadion) des unvermeidlichen Stadionspreches Dagobert Cahannes folgen. Sofern sie bis dahin, die etwas hektischen und unübersichtlichen Eingangskontrollen, überwunden hatten.

In der zukünftigen Heimat der FC St.Gallen Fans, der Espenkurve, sah man heute nur vereinzelt Supporter die sich in der nächsten Saison hier aufhalten werden. Ein grosser Teil, des harten Kern, der FC SG Anhänger boykottierte, dieses erste Spiel in ihrem neuen Stadion. Verständlicherweise, hätten sie doch lieber gesehen, wenn der künftige Heimatverein dieses Eröffnungsspiel bestritten hätte. Die Grün-Weissen Fans, die sich trotzdem ihre neue Heimatstätte im Westen der Kantonshauptstadt anschauen wollten, mussten sich erst daran gewöhnen, dass an internationalen Spielen nur 08/15 Bier ausgeschenkt wird. Entäuschte Gesichter, als die erhoffte Wirkung des 6er Karton Bier für 30 Franken, überraschender Weise ausblieb. Die neumodische "Arena Card" verursachte ebenfalls bei einigen alteingessesenen Espenmoos Besuchern Kopfzerbrechen. "Wieso wönd die jetzt dä Füfliber nöd vo mir?" und "Wa Arena Card, häh??" diese und ähnliche Wortfetzen hörte man hier und dort. Überhaupt scheint diese Sache mit der Karte noch nicht wirklich zu funktionieren, konnte man doch einige lustige Anekdoten vernehmen, rund um das neue Zahlungsmittel. Der abrupte Wechsel vom altehrwürdigen Espenmoos in einen modernen "Fussballtempel", mit allem dazugehörigen Schnick-Schnack, scheint für die Ostschweizer Fanseele und für das Stadionpersonal doch nicht ganz einfach zu sein.
Waren die St.Galler Fans unter den Zuschauern noch mit dem "Stadion-Kulturschock" beschäftigt, versuchten sich Schweiz Supporter, aus anderen Landesteilen mit einem "Hopp Schwizz, Hopp Schwizz". Diese, dem Anlass entsprechenden Fangesänge, wurden aber ziemlich rasch von "FC St.Galle olleee, FC St.Galle olleee" Chören übertönt. Was wiederum zum stimmlichen Konter "FC St.Galle im B, FC St.Galle im B" führte.
Die Tatsache, dass sich im Fanblock nicht nur das typische "Nati-Publikum" aufhielt, hatte zwar auf die Unterstützung für die helvetische Mannschaft nicht wirklich positive Auswirkungen. Dafür merkte das Stadionpersonal schnell, dass es nicht sehr viel bringt, wenn man jahrelange Espenmoos Stadionbesucher davon abhalten will, auf der Treppe zu stehen, wenn derjenige Zuschauer auf der Treppe stehen möchte. Dafür verteidigten die Angestellten mit urtypischer Schweizer Disziplin, und Ostschweizer Humorlosigkeit, die Werbebanden im Stadion. Es wäre ja eine mittlere Katastrophe, wenn statt 476 Werbebannern eines dänischen Brauereiunternehmens nur noch 475 von diesen zu sehen wären. Unvertretbar für jeden gewieften Marketingstrategen, wenn dieser angesprochenen Werbebanner auch noch von einem letzten Überbleibsel, einer "Nationalmannschafts-Fan Kultur" überdeckt werden würde.

Das Spiel plätscherte so dahin, die Zuschauer sahen sich Satt am Stadion, nippten an ihrem dänischen Gerstensaft, und schauten Alex Frei zu, auf seiner Jagd nach Kubi's Torerekord.
Irgendwann hatte es dann, der treffsichere Captain geschafft, und rannte wie von der Tarantel gestochen Richtung Köbi Kuhn, und herzte ihn so sehr, dass man sich fast Angst um die Gesundheit des nicht mehr ganz taufrischen Zürcher machen musste.

Als sich in der zweite Halbzeit, alle Leute langsam ans neue Stadion gewöhnt hatten. Jeder das erste Mal die örtlichen Toiletten angetestet hatte. Alle Matchbesucher wohl schon lange aus den Liften befreit wurden, und auch der letzte Zapfhahn im Stadion kein Schützengarten hergab. Ja in diesem Moment fing man an, einige Schweizer Spieler auszupfeifen. Eine Unsitte, die ich bei allem Verständnis für Vereinsliebe, nie verstehen werde. Nachdem jedem nicht sonderlich beliebten Spieler, per Pfeiffkonzert und Gejohle mitgeteilt wurde, was man in der Ostschweiz so von diesem und jenem hält, kam neue Abwechslung in das Stadionrund. Petrus sendete vom Himmel einen speziellen Gruss Richtung St.Gallen-West. Im Form eines kurzen, aber heftigen Regenschauers, zeigte er auf, dass die Dachkonstruktion nicht unbedingt Regensicher ist. Jedenfalls verabschiedeten sich die Zuschauer in den unteren Reihen, ziemlich schnell von diesem Länderspiel.

Wir freuten uns unterdesen mit dem Ersatzspieler einer österreichischen Firmenmannschaft über das 3:0, und hoffen nun inständig, dass dem gebürtigen Kolumbianer nach der kommenden EM, nicht endgültig das Stigma des ewigen Talents anhaftet. Die restliche Mannschaft wurde vom Publikum bei Schlusspfiff, ebenfalls mit tosendem Applaus Richtung EM-Eröffnungsspiel verabschiedet. Marco Streller war da ja schon unter der Dusche....
Dort entschloss er sich wohl auch, aufgrund der Unmutsäusserungen des St.Galler Publikums, seine Länderspielkarriere nach dem Grossturnier in den Alpenländern zu beenden.

Nein, Es lief noch nicht alles Rund bei der Premiere des neuen St.Galler Stadions. Dafür hatte der umtriebige Wirt der St.Galler Quartierbeiz, immer noch alle Hände voll zu tun. Der Zapfhahn lief auch nach dem Spiel am Anschlag. Stromausfälle im Stadion, und zurückgetretene Schweizer Nationalstürmer waren ihm wohl in diesem Moment ziemlich egal, denn so einen Andrang hatte das beschauliche Winkeln noch nie erlebt.

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