Montag, August 23, 2010

SC Buochs : FC Gossau

1.Liga
Seefeld
360 Zuschauer

"Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit." Was sich anhört wie ein Spruch aus dem Poesiealbum einer 15-jährigen Sekundarschülerin, bewahrheitete sich an diesem Tag.

Als sich die letzten wackligen Gestalten um 05.00 auf den Heimweg machten, ging es für mich bereits Richtung Berner Oberland. Inferno Halbmarathon, eine Name der endlich mal halten sollte was er versprach. So das ziemliche Gegenteil von Kindergeburtstag oder Folkloreabend im Altersheim. 21,1 Kilometer, mehr als 2'000 Höhenmeter, Zieleinlauf-Schilthorn auf 2'970 Meter über Meer. Obwohl holländische Touristen auf dem Berg durchaus das Wort "Spinner" im Zusammenhang mit den 500 Teilnehmer in den Mund nahmen, will ich bei den Startenden dieses Rennens eigentlich nicht unbedingt von Verrückten sprechen.

Verrückt war eher das was danach folgte. Während "normale" Sportler ihre Muskeln massieren liessen, ein Bad im Pool genossen, oder einfach nur bei herrlichem Wetter ein Bier tranken, drängte mich mein enger Zeitplan schon wieder Richtung Tal. Schliesslich gab ja in Buochs ein chronisch erfolgloser Fussballverein sein Gastspiel. War es die Aussicht auf eine weitere Auswärtsniederlage der Blau-Weissen, oder die spielerische Eleganz von Mario Cantaluppi die mich an den Vierwaldstättersee trieben? Beides wohl kaum. Vielleicht wollte ich ja tatsächlich einfach nur mit den Schweizer Bundesbahnen am Sarnersee und am Alpnachersee vorbeituckern. Vorüber an gefühlten 400 Haltestellen. Die idyllische Landschaft betrachtend mit temporärem Ausblick auf zwei Militär Flugplätze und die Glasi Hergiswil. Ja allenfalls war ja das mein wahrer Beweggrund.

Schöne Gegend hin oder her, sagenhafte Kantone Bern, Obwalden, oder Nidwalden seis drum. Die eigentliche Motivation für meine Odysse durch die Deutschweiz war die Hoffnung auf einen Sieg des FC Gossau. Das war wieder so etwas Verrücktes. Der FC G und 3 Punkte passten in den letzten Monaten Jahren bekanntlich so gut zusammen, wie Ketchup und Corn Flakes. Warum ist aber mein ganz persönlicher Glaube an eine Wende zum Guten, trotz Finanzproblemen und sportlicher Sorgen immer noch da? Weshalb freut man sich trotz allem wieder auf ein Spiel? Eigentlich aus rationaler Sicht kaum erklärbar.

Mit einem Spurt, die Rennerei hörte an diesem Tag wohl nie mehr auf, erreichte ich in der 25. Minute den Sportplatz Seefeld. Erwartungsgemäss konnte ich die Gossauer Fans unter den 350 Zuschauern schnell ausfindig machen. Sie wussten bereits von guten Möglichkeiten zu berichten. So stimmte ich in die Gesänge ein, in der Hoffnung es möge so bleiben. Das Überraschende war, der FC G spielte tatsächlich so weiter. Die Fürstenländer bereiteten dem SC Buochs Spielertrainer ein Dèja Vu Erlebnis. Die Chancenlosigkeit seines Teams muss ihn wohl an längst vergangene Tage beim 1.FC Nürnberg erinnert haben. Trotzdem erzielte Cantaluppi mittels Freistoss in der zweiten Halbzeit den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer. Danach geschahen weitere widersinnige Dinge. Filigrantechniker Norbert Frrokaj erzielte mit einem prachtvollen Heber aus verrückten 35 Metern das 3:1. Kurz vor Schluss folgte gar noch das 4:1.

Völlig perplex bejubelten wir zusammen mit der Mannschaft den Erfolg. Ob Vorstand, Pressechef, Trainer oder Spieler, allen sah man die grosse Erleichterung an. Eigentlich übertrieben, hatte hier doch nur ein NLB Absteiger einen 2.Liga Aufsteiger standesgemäss besiegt. Doch absolut verständlich, wenn man bedenkt was für einen sportlichen Tsunami der FC Gossau in den letzten Monaten erlebte.


Ein verrückt schöner Tag!


Der neue Co-Trainer Roland Näf freut sich über den ersten Saisonsieg. Letztes Jahr war er noch Assistent eines holländischen Erfolgscoach in der Bundesliga. "Du bist der beste Mann" *sing*

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