Mittwoch, September 29, 2010

Die spannende Karriere von Jan Berger...

Die Diagnose war niederschmetternd. Jan Berger, Captain und Leitfigur der jungen Gossauer Mannschaft erlitt beim Spiel gegen den Nachwuchs des FC Luzern einen Kreuzbandriss. Nur wenige Tage zuvor führte ich ein Gespräch mit dem tschechisch/schweizerischen Doppelbürger. Der 34-jährige verdeutlichte darin, wieviel Spass und Freude das Zusammenspiel mit der entwicklungsfähigen Mannschaft mache. Welch bittere Ironie des Schicksals, dass ihn nun diese schwere Verletzung zur Zwangspause zwingt.

Die spannende Karriere von Jan Berger.


Jan Berger ist wohl einer der bekanntesten Fussballer die je das Trikot des FC Gossau überstreiften. Er galt als eines der grössten Schweizer Fussballtalente. Berger stand u.a. mit Viorel Moldovan und Kubilay Türkyilmaz auf dem Platz. Der Blondschopf spielte bei den Schweizer Grossclubs Basel und GC. Jan Berger ist trotz seiner langen Profikarriere ein bescheidender und zuvorkommender Mitmensch geblieben. Freundlich reagiert er auf meine Anfrage zum Gesprächstermin in einem Gossauer Cafè.

Eigentlich, ja eigentlich würde der Mittelfeldspieler gar nicht mehr Fussball spielen. Ein unerwarteter Anruf des ehemaligen FC G Trainers Alex Kern konnte ihn aber im letzten Winter umstimmen. Da er sich sowieso in der Ostschweiz niederlassen wollte, liess er sich von einem Engagement bei den Fürstenländern überzeugen. Vor kurzem hat Berger nun einen Job in der Versicherungsbranche angetreten, auch viele seiner Freunde wohnen in der Region. Kein Wunder also, dass sich der gebürtige Prager beim FC Gossau sehr wohl fühlt. Eine Art Kulturschock hatte Berger zuvor hinter sich. Durch die Vermittlung eines englischen Fussballmanagers wechselte er nach Asien. Er spielte einige Monate beim East Bengal Club in der indischen Metropole Kalkutta. Das Leben in der 5 Mio. Einwohner hinterliess beim Profifussballer einen nachhaltigen Eindruck. Das Schildern der Erlebnisse fällt Jan Berger sichtlich schwer. Er könnte 1'000 krasse Dinge nennen, die er gesehen habe, lasse das aber lieber. Am dem Tag, als er im indischen Grossstadt Moloch angekommen sei, habe er sich gesagt: "Entweder ich nehme den nächsten Flug nach Hause, oder ich ziehe die Sache hier durch."

Jan, wie muss man sich deinen Alltag in Kalkutta vorstellen?
"Natürlich war mir von vornherein bewusst, dass das Leben nicht wie in der Schweiz sein wird. Die Trainingsbedingungen waren nicht vergleichbar, und die Infrastruktur schlichtweg nicht vorhanden. Aufgrund der enormen Hitze und der grossen Luftfeuchtigkeit trainierten wir schon am frühen Morgen. Meine Freizeit verbrachte ich grösstenteils mit den anderen Legionären. Mit den einheimischen Mitspielern hatte ich kaum Kontakt, die Inder sind sehr auf die eigene Familie bezogen. "

Wandervogel? Jan Berger kann dieses Wort wohl kaum mehr hören. Bei 15 Vereinen stand er im Laufe seiner Karriere unter Vertrag. Der Sohn des ehemaligen Weltklassespieler Jan Berger Senior erlebte viele schöne Dinge in diesen Jahren. Die Zeit beim FC St.Gallen hebt er dabei besonders hervor. Er wechselte damals nach dem Meistertitel der Grün-Weissen in die Ostschweiz. Es herrschte eine tolle Moral in der Truppe, es hatte einige gute Typen in der Mannschaft.

Gab es auch sonderbare Geschichten, die du bei deinen vielen Stationen erlebt hast?
"Sonderbar waren sicherlich die Geschehnisse in Sion. Es war sehr schwierig mit Constantin. Ich glaube dieser Mann erwacht Nachts um 3.00h und entlässt einfach mal den Trainer."

Besser als im Wallis gefiel es Jan Berger in seinem Heimatland. Bei Fotbal Třinec verlebte er zwei schöne Jahre und nahm eine Schlüsselposition in der Mannschaft ein. Sein Vater ist in Tschechien gar eine Legende. 1980 gewann er in Moskau olympisches Gold mit der Fussballnationalmannschaft. 1984 wurde der Mittelfeldspieler tschechoslowakischer Fussballer des Jahres. Noch heute wird Jan Berger Senior auf der Strasse oft erkannt. Sein Cousin Patrick Berger ist noch berühmter. Der herausragende Techniker spielte u.a bei Borussia Dortmund und Liverpool. Jan besuchte zusammen mit seinem drei Jahre älteren Cousin die Sportschule in Prag. Heute sehen sie sich nicht mehr oft, der Kontakt ist aber immer noch vorhanden.

Du kommst aus einer Fussballer-Familie. Kannst du dir später einen Wechsel in die Trainerbranche vorstellen?
"Ich möchte sicherlich gerne im Fussballgeschäft bleiben. Im Dezember mache ich mein B-Diplom. Ich sehe mich später durchaus als Trainer/oder Assistent."

Mit den Augen eines Trainers sieht er auch die Entwicklung der aktuellen Gossauer Mannschaft. Man sehe täglich die Fortschritte der jungen Spieler. Olaf Sager und sein Assistent Roli Näf leisten sehr gute Arbeit mit dem Team. Zum Schluss des Gesprächs lässt sich der Mittelfeldstratege nicht davon abbringen, auch mein Getränk zu bezahlen. Bezeichnend für diesen vorbildlichen Sportler und sympathischen Menschen.


(Interview für Blau-Wiss, das FC Gossau Matchprogramm)

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