Donnerstag, Oktober 29, 2009

"Hey Staat"

"Hey Staat" singt der bayrische Reggaekünstler und Liedermacher Hans Söllner in einem seiner bekanntesten Liedern. Er prangert darin an, dass sich der Staat immer mehr in das Leben jedes einzelnen Menschen einmischt und den Bürger so zurecht biegt, wie es dem "Vaterland" grad passt. Söllner kritisiert weiter, dass der Staat zwar viel von den Bürgern verlangt, aber wenn sich jemand einmal gegen Ungerechtigkeit wehrt, wird er im Gegenzug sofort als Verbrecher behandelt. Der Song hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, doch war er wohl selten aktueller.

"Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat, Heit sog da i amoi, wos i, ois moch für di! Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat Und dann sag du mir moi, wos du ois mochst für mi!"

In Gossau, immerhin eine der grössten Städte im Kanton St.Gallen, hat der Bahnhofsschalter zukünftig Sonntags geschlossen. Der Bund habe der SBB den Auftrag gegeben, das Unternehmen nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen zu führen. Am Sonntag rentiere die Öffnung nicht., heisst es. Was macht nun der 80-jährige Rentner, der mit den modernen Bilettautomaten nicht zurecht kommt, und seine Enkel in Rapperswil besuchen will? Muss er die Reise schon Wochen vorher planen, oder einfach eine Busse in Kauf nehmen, wenn er ohne gültigen Fahrschein fährt? Was ist die Konsequenz daraus? Werden die Öffnungszeiten bald den Umsätzen angepasst? Montag 10.00-11.15 geschlossen? Ich bin der Meinung eine gewissse Grundversorgung an "Dienstleistungen" muss ein Land für seine Bürger aufbringen, und da scheiss ich (sorry für die direkte Redensart) auf marktwirtschaftliche Grundsätze. Wo um Himmels Willen sind den diese Grundsätze beim Ankauf von Militär Spielzeugen für unsere Armee? Da liegt nämlich der Hund begraben. Einerseits werden z.b. überall Poststellen gestrichen, der Bauer auf dem abgelegenen Dorf kann ja per Online Banking seine Rechnungen bezahlen. Andererseits fährt der Staat mit einigen Polizei Kastenwägen vor eine Fanbeiz, weil man dort potentielle Gewalttäter und Randalierer vermutet! Da wäre das Geld besser aufgehoben, wenn man stattdessen die Personalkosten für eine kundenfreundliche Betreuung an den SBB Schaltern verwenden würde. Leider werden aber im Moment alle steigenden Ausgaben für Überwachung und die "vermeintliche" Sicherheit in weiten Teilen der Bevölkerung begrüsst. Dies obwohl Studien aus London beweisen, dass z.b die flächendeckende Videoüberwachung zu keiner Verringerung der Kriminaliät geführt hat. Einzelne Medien schlachten die "Fan Problematik" und die "Jugendgewalt" dermassen aus, dass die Sicherheitsfrage von Polizei und Politik unverhältnismässig hoch gewichtet wird. Es macht gar den Eindruck, dass einige Verantwortliche langsam die Nerven verlieren…

Und jetzt, wo i aufsteh und mi weh’r, Weil i holt find, dass endlich amol longt ,Nennst mi an Grat’ler und Verbrecher .

Oh Mann, Hey Staat, Hey Staat ,Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat, Heit sog da i amoi, wos i, ois moch für di, Hey Staat, Hey Staat, Hey Staat Und dann sag du mir moi, wos du ois mochst für mi

So jetzt gehts zum Hans Söllner in die Grabenhalle St.Gallen, der spielt am Mittwochabend da und ist sicher der selben Meinung wie ich.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

KULT!!!
"Schön" das es überall die gleichen
probleme gibt...*g*


Oba alle samma Wixxa,
Gruss aus München
Krusty

gossau-fen hat gesagt…

@Krusty: mit dem Söllner hat uns der Freistaat Bayern einen grossen Künstler geschenkt, darum folgt wahrscheinlich noch einen Extra-Blog zu dem Konzert :-)

Ergänzung zum Blog:
gestern gab es massive Ausschreitungen beim Spiel in St.Gallen. Denkbar zum schlechtesten Zeitpunkt, da gerade auch in der "normalen" Bevölkerung nach dem Protestmarsch der St.Gallen Fans, die Rufe nach einer verhältnismässigen Sicherheitspolitik und einem Fanprojekt aufkamen. Nun sind wir am Tag nach dem "Kleinkrieg" (wie es eine Zeitung beschrieb) wieder gleich weit, und viele Leute fordern noch härtere Repressionsmassnahmen gegen "Fussballfans". Ich verurteile die Krawalle von gestern, bin aber überzeugt, dass man dies mit einer einheitlichen, konstanten Fanpolitik in unserem vom "Kantönligeist" geprägten Land hätte verhindern können (zumindest zum Teil...)Allerdings habe ich auch keinen "Masterplan" wie man das ganze verhindern könnte. Deshalb kann man die Ratlosigkeit der Polizei irgendwo auch ein wenig verstehen.

Einen intressanten Ansatz brachte jemand bei einer Leseumfrage in einer Zeitung "Das sei wohl nur eine Modeerscheinung und werde irgendwann vorübergehen". Ich sehe das etwas diffrenzierter, und glaube, dass ein extremes Frustpotential bei vielen Jugendlichen vorhanden ist. Einge lassen dies beim Fussball raus, was natürlich vielen echten Fans extrem schadet.

Dieses geschaftliche Problem muss wie erwähnt gemeinsam angegangen werden, und nicht gegeneinander. Die bisherige Strategie der Polizei zeigte sich dabei wenig wirkungsvoll...Der falsche Weg scheinnt jedenfalls sich wie in einem Krieg gegenüber zu stehen. "Gewalt erzeugt Gegengewalt" wusste schon vor ein paar Jahren eine andere deutsche Band.