Freitag, Mai 22, 2009

FC Wängi : FC Winkeln

Schweizer Cup-Qualifikation
Halbfinale (die beiden Sieger erreichen die 1.Hauptrunde)
Sportplatz Grosswies
520 Zuschauer

Grosser Cup Tag in der Schweiz. Die Amateur-Fussballer der beiden 2.Liga Regional Teams aus Winkeln und Wängi kämpfen um den Einzug in die 1.Hauptrunde der Saison 2009/2010. Am gleichen Abend spielen in der Hauptstadt ein Walliser und ein Berner Traditionsverein den Sieger des diesjährigen Cupwettbewerb aus. Eigentlich findet der Schweizer Cupfinal traditionsgemäss am Pfingsmontag statt. Allerdings erlaubte sich der Weltfussballverband in der gleichen Woche einen FIFA Kongress auf den schönen Bahamas anzusetzen. Da sich der "Sonnenkönig", an der Spitze des Schweizer Fussballverbands, beide Anlässe dick in seinem Jahreskalender angestrichen hatte, wurde das Finale kurzerhand auf einen lausigen Mittwoch angesetzt.

Für die Wängener und die Winkler Spieler war das Finale in Bern allerdings kein Thema. Ihre Konzentration galt ganz alleine ihrem "Spiel des Jahres". Der Karriere-Höhepunkt eines jeden Amateur Fussballers ist das Erreichen der 1.Cup Hauptrunde. Laufduelle gegen Marc Zellweger, Grätschen gegen Riccardo Cabanas, oder ein Bier nach dem Spiel mit Erich Hassli, ja davon träumen 2.Liga Fussballer, beim winterlichen Konditionstraining auf vereisten Feldwegen. Die Winkler sind eigentliche Cupspezialisten, gelang ihnen doch in den letzten Jahren schon öfters der Einzug in die Cup Hauptrunde. Leider blieb ihnen ein "Kracher-Gegner" jeweils verwehrt. Gegen die Mannschaften aus Bellinzona, Agno und Gossau war aber trotzdem in der 1.Runde Endstation.

Da die Teams in der Meisterschaft praktisch gleich auf sind, war an diesem Tag kein wirklicher Favorit auszumachen. Die Atmosphäre im ländlichen Thurgau war vor dem Spiel entspannt und gemütlich. Ein brummender Traktor und Fusball spielende Kinder prägten das Bild. Von angespannter Cup Atmosphäre nichts zu spüren. Einzig der Vereinswimpel, des ehemaligen Europapokalsieger 1.FC Magdeburg an der Wand des Clubheims, erinnerte irgendwie an die grosse, weite Welt des Fussballs.

Um halb Acht, als diese finale Begegnung angepfiffen wurde, sah die Szenerie schon ganz anders aus. Etwa 500 Zuschauer hatten sich mittlerweile auf dem Wängener Fussballplatz einfunden, und die Fans des FC Winkeln sorgten für ordentlich Stimmung. "Vollgas Jungs" stand auf dem Spruchband welches zum Spielbeginn entrollt wurde. Die Gästeanhänger gaben somit die Losung für die St.Galler Mannschaft aus. Unter dem Dauersupport der meist jugendlichen Winkeln Fans kamen die Gäste zu Beginn auch besser ins Spiel. Schon nach 5 Minuten lagen die Schwarz/Weissen mit 1:0 in Führung. Danach verfehlte es der FC Winklen die Führung auszubauen, stattdesen kassierten sie unnötigerweise noch vor der Pause den Ausgleich.

In der Pause herrschte fast schon Volksfeststimmung im Thurgauer Dorf. Das spannende und intensive Spiel gefiel den Zuschauern. Die sommerlichen Temperaturen und die günstigen Bierpreise trugen ihr übriges dazu bei. Nach etwa 70 Minuten schien der Anlass für den FC Wängi endgültig zu einem vollen Erfolg zu werden, denn da lag ihre Mannschaft plötzlich mit 2:1 in Führung. Allerdings schlug nun die Stunde des erfahrenen 2.Liga Stürmers Roger Kobler. Ihm war es vorenthalten, mit einem schönen Treffer in der 76. Minute, den Cupfight nochmals neu zu lancieren. Überschwenglicher Jubel bei den "Inferno Winkeln". Kleine, selbstgemachte "Rauchbömbchen" wurden gezündet, und einzelne Fans hüpften euphorisch über die Bande.

Es folgte das böse Wort mit V. Die Verlängerung musste über das Schicksal der beiden Mannschaften entscheiden. Würden sie bald schon dem Schweizer Fernsehen Interviews geben, oder reicht es auch in der nächsten Saison nur für den Regionalsport in der Lokalzeitung? Die nächsten 30 Minuten würden das womöglich schon entscheiden.
Die beiden Mannschaften gaben sich allerdings keine Blösse und es folgte nun das ganz schlimme Wort mit P! Penaltyschiessen, dieses infernale Wort für jeden aktiven Schweizer Fussballer.

Arm in Arm standen Betreuer und Spieler der beiden, aufopferungsvoll kämpfenden Fussballteams auf dem Spielfeld. Wer würde antreten, welcher Spieler hat die besten Nerven? Die Suche fiel beiden Trainer nicht leicht. Beim FC Winkeln entschied Trainer Jack Hörler schliesslich, dass die langjährigen Spieler Verantwortung übernehmen müssen. Als erster St.Galler Schütze trat "Mr.100%" an. Alain Häne, der schweizweit wohl sicherste Elfmeterschütze. Im virtuellen Facebook hat dieser "Mann ohne Nerven" sogar eine eigene Fangemeinde. Doch das Unfassbare trat an diesem Abend in "Mostindien" ein. Der Winkler Verteidiger vergab den ersten Elfmeter seiner Karriere. Danach verschossen auf der Gästeseite Koller, Kobler und Mosimann, bezeichnenderweise verwandelte Gavrilovic. Ein Nachname der nicht unbedingt auf urschweizerische Wurzeln schliessen lässt. Nur Goalie Tobi Martin war es zu verdanken, dass die Winkler trotzdem noch bis zum fünften Penaltyschützen des FC Wängi im Spiel blieben. Diesen entscheidenen Schuss vesenkte der Wängener Dilsiz (nicht Müller, Meier oder Hugentobler) allerdings eiskalt.

Aus der Traum! Hängende Köpfe bei den Winkler, dieses Mal zogen sie im "Finale" den Kürzeren. Ausgelassene Freude bei den Thurgauern, die wohl den grössten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte feiern durften. Bald schon verlagerte sich die Aufmerksamkeit allerdings in das Clubheim, wo ein weiteres dramatisches Finale gerade zu Ende ging...und man wieder die falschen Spieler am Boden kauern sah.

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