Mittwoch, Januar 13, 2010

Gästeblog: Das Duell der Unabsteigbaren

v.l.n.r.): Michel Avanzini, Orlando Lattmann, Diego Lattmann, Mirco Graf, Marc Lütolf, Enzo Todisco, Michael Ludäscher, Cyril Schiendorfer, Blerim Ibrahimi, Denis Simani, Jean-Pierre Tcheutchoua.

der folgende Spielbericht stammt von Haller, einem leidenschaftlichen Fussballreisenden, FC Aarau Fan und Verfasser von vorzüglichen Spielberichten auf http://blog.groundhopping.ch/.

Gästeblog: Das Duell der Unabsteigbaren

Insgesamt sechs Mal trafen Aarau und Gossau in offiziellen Bewerbsspielen aufeinander - zweimal obsiegte Aarau, zweimal war Gossau erfolgreich und ebenfalls zweimal wurden die Punkte friedlich geteilt (6:6-Tore). Dies geschah zwischen 1975 und 1978, als beide Equipen in der Nationalliga B weilten. Nun sollte es - wenn auch nur auf freundschaftlicher Basis - zu einem erneuten Duell zweier Vereine kommen, die der gemeine Fussballfan gerne als „unabsteigbar“ bezeichnet. Während Aarau als gallisches Dorf schon seit 29 Jahren in der obersten Spielklasse mitmischt, etablierte sich Gossau erst vor zweieinhalb Jahren (wieder) in der NLB. Trotz bescheidenen (Finanz-)Mitteln und einer zurückgebliebenen, aber charmanten Infrastruktur vermochte der begehrte Platz im Schweizer (Halb-)Profifussball bislang erfolgreich verteidigt werden. Dies ist ebenso eine Gemeinsamkeit zwischen den beiden Vereinen, wie die Tatsache, dass beide Clubs schon einmal auf den Zwangsabstieg von direkten Kontrahenten angewiesen waren, um den Status der Unabsteigbaren zu erhalten.

Inzwischen sieht es in Sachen Aufrechterhaltung dieses Mythos eher düster aus. Der Punktestand beträgt zur Winterpause sowohl in Aarau als auch in Gossau nur sieben magere Zähler, wobei der Schweizer Meister von 1993 dafür sogar drei Partien mehr benötigte. Auch das Torverhältnis ist nahezu identisch, weder 11:45 (Aarau) noch 12:45 (Gossau) zeugen von einer spassigen Hinrunde. Im neuen Jahr soll nun alles besser werden. Die beiden Träger der roten Laterne(n) entschieden, sich zum Auftakt der Rückrundenvorbereitung im Rahmen eines Testspiels zu duellieren, getreu dem Motto: „Geteiltes Leid ist halbes Leid“. Die Gastgeber zeigten sich dabei besonders grosszügig - und traten einen Spieler zwecks dringender Förderung der Gossauer Defensivstabilität an den Gegner ab: Der junge Innenverteidiger Michael Ludäscher wurde vom sympathischen Gäste-Trainer Alex Kern ebenso getestet wie der Mittelfeldspieler Diego Lattmann (Chiasso, ex-Slovan Liberec) und ein dunkelhäutiger Akteur namens Magouh, dessen unterirdische Leistung mit einer frühzeitigen Auswechslung belohnt wurde, nachdem er erst nach dem wärmenden Pausentee ins Spiel kam.

Entspannt - sofern dies aufgrund der winterlichen Verhältnisse möglich war - gab man sich dem Aufeinandertreffen seiner grossen Aarauer Liebe und der reizvollen (Teilzeit-)Affäre aus Gossau hin. Dass die beiden Equipen im bisherigen Saisonverlauf durchschnittlich ungefähr drei Gegentore pro Spiel kassierten, war allerdings noch lange nicht gleichzusetzen mit einer aufregenden Ansammlung an hochklassigen Strafraumszenen, die durch wacklige Abwehrreihen mitverursacht wurden. Im Gegenteil: Der Führungstreffer des Oberklassigen resultierte vielmehr durch einen glückhaften, aber berechtigten Handspenalty (Baykal, 25.). Die Szene des Tages folgte in der 39. Minute, als der heimische Captain Burki (nein, den Ruf des ewigen Talents vermochte er bislang trotz Kurzzeit-Aufgebot für die Nati noch nicht abzulegen…) nach einem Lattenschuss zum vermeintlichen 2:0 traf, doch der Treffer annulliert wurde. Wieso? Weil ein Gossau-Spieler kurz zuvor in bester Eishockey-Manier eine Verschiebung des eigenen Kastens inszenierte. Oder wie es Trainer Kern nach dem Schlusspfiff mit einem breiten Grinsen ausdrückte: „Das haben wir im Training einstudiert…“ ;-)

Aus Sicht der Ostschweizer war vor allem die offensive Harmlosigkeit zu bemängeln - nur zweimal wurde es vor dem Aarauer Gehäuse brenzlig, aber Nachwuchskeeper Studer liess sich weder von Avanzinis Direktabnahme (27.) noch vom abgelenkten Schuss Eggmanns (90.) bezwingen. Kurz zuvor war Lehtinen - einer der verspäteten Aarauer „Unser-Kader-reicht-scheinbar-doch-nicht-zum-angestrebten-Klassenerhalt“-Einkäufe, ebenso der ex-Löwe Francis Kioyo, der sich inzwischen im Aarauer Nachwuchs versuchen darf - für den gerechten 2:0-Endstand besorgt. Dass es sich beim Eintrittsgeld von fünf Franken (waren zwecks Finanzierung der anwesenden Sicherheitskräfte notwendig geworden…) um eine lohnende Investition handelte, war übrigens auch dem Aarauer Rapisarda zu verdanken, der das Publikum in der Schlussphase nach Eishockey- und Fussballeinlagen auch noch mit einer mehr als auffälligen Handballaktion verwöhnte, indem er das Leder - wohl in Gedenken an Diego Maradona und Thierry Henry - mit beiden Händen in die Maschen lenkte. Diese Regelwidrigkeit war nicht einmal für den wachsamen Schiedsrichter und seine Gehilfen zu übersehen.

Fazit des Tages? Nun ja, in grosse Jubelgesänge darf wohl (noch) keine der beiden Mannschaften ausbrechen. Immerhin lag das Runde (aus Sicht der Aarauer) mal wieder im Eckigen - und bei den Gästen aus Gossau könnte Michael Ludäscher, der die volle Distanz zum Einsatz kam, tatsächlich die gesuchte Verstärkung im Abwehrzentrum darstellen (Anmerkung: Nein, ich bin nicht im Besitz seiner Transferrechte… ;-)). Und freuen wir uns auf die Rückrunde. Es wäre schliesslich nichts Neues, wenn sowohl Aarau als auch Gossau Unmögliches doch noch möglich machen würden. Hopp Gossau!

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