Sonntag, Februar 15, 2009

FC Locarno : FC Gossau 3:4

"Duo Damjanovic"
NLB
Stadio Lido
810 Zuschauer

Nach diesem äusserst denkwürdigen Spiel kam die Mannschaft zum Gästesektor und Assistenztrainer Miro Caktas fragte mich "Und, was schreibst du jetzt?"…
Für einen Moment war ich sprachlos, die letzten Minuten dieser Nachtragspartie in der Sonnenstube der Schweiz waren zu verwirrend, emotional zu anstrengend, einfach unglaublich…

Doch fangen wir von vorne an. Beim Bahnhof Arth-Goldau stieg ein Exponent unserer Fanszene ein, der körperlich nicht wirklich im besten Zustand war. Der eine oder andere Ausfallschritt, bis er sich halb schlafend, halb jammernd auf die bequeme Sitzbank platzieren konnte, machten das mehr als deutlich. Auch geistig schien er noch nicht wirklich auf der Höhe zu sein. Er sprach in wirren Sätzen von einer legendären Fasnachtsparty in einem Innerschweizer Dorf, mit dreimal soviel Publikum wie es Einwohnern gibt. Weiter erwähnte er eine Verkleidung, die sicher die Beste des ganzen Abends gewesen sei. Als "Duo Darko Damjanovic" seien er und sein Kollege aufgetaucht beim „Waldhötteball" in Meierskappel. Sein Trikot und sein Rest-Gel in den Haaren verrieten, dass er tatsächlich als Double des Gossauer Goalies seine Aufwartung in der Innerschweiz machte. Diese Kostümierung brachte ihm scheinbar in Liebesdingen den durchschlagenden Erfolg, unter anderem auch bei nicht mehr ganz so jungen Damen, was er nicht ganz unbescheiden mehrfach erwähnte.

Dem "Fasnächtler" ging es dann auch, als wir in Locarno ankamen, noch nicht wirklich toll. Lag wohl auch daran, dass er sich ein Klo als Schlafmöglichkeit für die Nacht ausgesucht hatte. Die herrlichen Sonnenstrahlen in unsere Gesichter liesen aber auch den Kater des Geschädigten ein wenig kleiner werden. Als wir feststellten, dass es sich bei dem freundlichen, stiernackigen Security Menschen am Eingang zum Stadion um einen deutschen Gastarbeiter handelt, war unser Darko Dopplgänger auch erstmals wieder zu Spässen aufgelegt. Den Arbeitsalltag des Sicherheitsmanns wird man wohl bald in einer dieser vielen Auswanderer Sendungen im deutschen Fernsehen verfolgen können, meinte er grinsend.

Erfreulich und überraschenderweise trafen wir im Stadioninnern auf äusserst viele Gossauer Gesichter. Eine stattliche Anzahl Junioren Trainer machte ein Ausflug zum Derby della Madonnina nach Mailand. Spontan entschieden sie, als Vorprogramm zu den Herrn Kaka und Adriano, den FC Gossau im Tessin zu unterstützen. So nahmen sie quasi den Dessert vor dem Hauptgang ein, oder was ist schon ein David Beckham gegen einen Mario Bigoni? Neben der Heerschar an Nachwus Ausbildern waren u.a. auch der gesperrte Longo und der nichtnominierte Roger Gmünder Richtung Süden gereist. Dies spricht sicherlich für den wiedererstarkten Charakter der Mannschaft, verdeutlicht auch durch die Aussage des Rheintaler Stürmers, der nur von eminent wichtigen 3 Punkten sprach und sich nicht über seine Nichtnomination beklagte.
Es herrschte eine Art Aufbruchstimmung, dies wurde auch sehr schnell auf dem Feld sichtbar. Nach wenigen Minuten war deutlich spürbar, dass hier eine ganz andere Gossauer Mannschaft am Werk ist, wie noch in der enttäuschenden Vorrunde. Die neuen Spieler scheinen sich gut eingefügt zu haben, dementsprechend waren die Ostschweizer den Tessinern zumindest ebenbürtig. Mit einem gerechten Unentschieden wurden dann die ersten 45 Minuten beendet. Der "Fasnächtler" war froh um die kurze Unterbrechung und sank in einen kurzen aber tiefen Schlaf. Andere Personen im Gästesektor plauderten währendessen über den umstrittenen Verbleib von Tomislav Misura beim FC Gossau. Der unglückliche Angreifer lief sich in der Pause dann schon mal warm, was gelinde gesagt nicht bei allen Gossau Fans Verzückung hervorrief. Einige wohl eher spassig gemeinte Sprüche von wegen "Dä stolperet scho no ä goal inne" waren da und dort zu hören.
Nach dem Pausentee erwischte der Tabellenletzte dann einen klassischen Fehlstart. In der 48.Minute gelang dem Heimteam das 1:0. Mehrheitlich natürlich zur Freude der ca. 800 Zuschauer im Stadio Lido. Der FC Gossau spielte aber unbeirrt weiter, und in der 71.Minute hämmerte dann Aljia (wieder mal Alija) den Ball mit Urgewalt in die Maschen. Kaum hatten wir uns vom Jubeln erholt, geschah etwas Sonderbares, etwas Mysteriöses, etwas ganz und gar Unheimliches. Der eingewechselte Tomislav Misura erzielte in der 73.Minute das 2:1 für den FC Gossau. Wo war Uri Geller? Gibt es schwarzen Schnee? Nein, es war tatsächlich der kroatische Stürmer, der sich an der Eckfahne von seinen Mitspielern feiern liess. Wahrscheinlich noch positiv geschockt, vom soeben Geschehenen kassierte Gossau zwei Minuten später allerdings gleich wieder den Ausgleich. Doch die Dramaturgie dieses wahnsinnigen Spiels hatte noch nicht seinen Höhepunkt erreicht. Wie Rocky Balboa in seinen Filmen, kam Tomislav Misura aus dem Nichts zurück, eigentlich war er schon abgeschrieben bei den Fürstenländern, schon fast vergessen, schon bei anderen Vereinen im Probetraining. Nun lief er in der 81.Minute erneut Richtung Eckfahne, nachdem er zuvor nach einem herrliche Sololauf das 3:2 für den FC Gossau erzielte. Hollywood hätte kein besseres Drehbuch schreiben können. Doch es hätte auch nicht zu diesem sonnendurchfluteten Nachmittag am Lago Maggiore gepasst, wenn das Tor unseres neuen Goalgetters der Schlusspunkt gewesen wäre. In der 90.Minute netzte der Locarno Argentinier Dante Senger das zweite Mal an diesem Tag ein, und erzielte das 3:3. Torwart Darko Damjanovic war verständlicherweise ziemlich entzürnt und entsetzt, alle Mühe umsonst?
Vier Minuten Nachspielzeit waren noch zu bewältigen, die Junioren Trainer des FC Gossau wollten sich schon in Richtung San Siro Stadion aufmachen, die Tessiner Tifosi hofften noch auf den Sieg mit einem der letzten Angriffe. Dann passierte etwas was, selbst unseren von Kopfweh geplagten Kollegen, alle Schmerzen vergessen liess. Der 21jährige Neuzugang Schiendorfer bekam im Strafraum den Ball, schoss mit jungendlicher Unbekümmertheit Richtung Locarno Tor, wir dachten erst der Ball wäre im Aussenetz geldandet, die jubelnden und schreienden Gossauer Spieler und Betreuer belehrten uns aber eines Bessern. Tatsächlich der Siegestreffer in diesem verrückten Spiel.
Ein wenig ungläubig gratulierten wir den Spielern und Trainern.Insbesondere bei Vlado Nogic spürte man die grosse Erleichterung über den Last-Minute Erfolg gegen den Abstiegskonkurrenten.

Wir wären wieder bei Assistenztrainer Miro Caktas der mich fragte "Und, was schreibst du jetzt?"…
Ich schreibe, WIR STIEGEN NIEMALS AB! (mit dieser Einstellung bestimmt nicht)
PS: vielleicht sollten unsere Kollegen öfters als "Duo Damjanovic" an die Fasnacht, es bringt Glück. Vielleicht gehen sie nächstes Jahr auch als "Duo Misura", wer weiss….

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

eifach geil


Wir steigen niemals ab !!

lg

nici

Anonym hat gesagt…

BRACHIAL!

Anonym hat gesagt…

Vielleicht solltest du das nächste mal auch den fetzen zu hause lassen, hat glück gebracht ;)

Anonym hat gesagt…

so geil geschrieben.
top

Anonym hat gesagt…

de flo wöt zum blick, wie ansonsten erkläre ich mir aussagen wie "was er nicht ganz unbescheiden mehrfach erwähnte" völlig aus der luft gegriffen!
ansonsten top-bericht!