Sonntag, August 17, 2008

FC Lugano : FC Gossau 4:0

NLB
Stadio Cornaredo
895 Zuschauer

Reisen ins Tessin gehören für Herr und Frau Schweizer sicherlich zu den Lieblings Beschäftigungen. Die Distanz zu schönem Wetter, kleinen Grottos, Tessiner Merlot und Formaggio Ticinesi ist ziemlich gering und trotzdem muss nicht auf "lebenswichtige" typische Schweizer Produke wie Ovomaltine, Aromat und den Cervelat vom Migros verzichtet werden. Das kurz zusammengefasst wohl die Gründe für die Sehnsucht der regenüberdrüssigen Deutschweizer nach dem südlichsten Kanton. Deshalb war es auch nicht weiter verwunderlich, dass bereits der freundliche Kondukteur der Appenzeller Bahn einen gewissen Neid auf mein Reiseziel verlauten liess.

Zugreisen in den Süden, und das im Ferienmonat August sind etwas Spezielles. Die Stimmung ist ausgelassen und von Vorfreude geprägt. Amerikanische Rucksacktouristen nehmen merkwürdige Schlafpositionen wahr, deutsche Touristen versuchen sich an italiensichen Wörterbüchern und von südländischen Mädchen werden einem Ricola Bonbons angeboten.
Ausgelassen war auch der Gemütszustand meiner Kollegen, die bereits am Freitag Richtung Tessiner Hauptstadt gereist waren. Den Samstag hatten sie wahlweise beim exessiven Konsumrausch im grössten "Factory Outlet" in Mendrisio oder beim Weisswein Trinken verbracht. So kamen sie also daher in Lacoste Pullis "weisch 150 statt 300 Stuz" oder mit Kopfweh geplagt "die cheibe Wyy isch au nünd gsi". Nachdem ich ebenfalls in die touristische Atmosphäre der Stadt Lugano eingetaucht war, hatte ich allerdings gleich mal Mühe unseren Treffpunkt wieder zu finden. Wenn ein altes Sprichwort besagt, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht, gilt das selbe in Lugano mit den Banken und der von mir gesuchten Vinotheka. Die Sucherei wurde aber entschädigt mit dem nachfolgenden Genuss von herrlichen Antipasti und einem Tröpfchen Roten.
Als die letzten euphorisierten Roger Federer TV-Fans (Peking, Olympiasieg) auch noch eintrafen, gings dann Richtung Stadio Cornaredo.

Ob Reisen ins Tessin auch für die Mannschaft des FC Gossau zu den Lieblingsbeschäftigungen gehört, weiss man nicht so genau. Der Bilanz ist zwiespältig, bitteren Niederlagen in Bellinzona folgten in der letzten Saison Punktgewinne gegen Lugano und Chiasso. Bestimmt hatten die Fürstenländer aber eine gehörige Portion Respekt vor dem Aufstiegsaspiranten vom Lago di Lugano. Der FC Lugano will es nämlich nochmals wissen, und nicht nur aufgrund des vorzüglichen Spielermaterials ist man in Aufbruchstimmung. In der ganzen Stadt hängen Plakate mit einem kleinen Jungen in Bodybuilder Pose und der Aussage "100% Lugano", und auch das "konkursbegründete" AC im Namen wurde wieder durch das traditionelle FC ersetzt. Die Zuschauer scheinen ihr Interesse an den Schwarz-Weissen ebenfalls wieder entdeckt zu haben, wobei das allerdings auf bescheidenem Niveau geschehen ist. Die Anzahl der Spattatori beschränkte sich auf 800, was immerhin eine Verdoppelung zum letzten Gastauftritt der Ostschweizer im Cornaredo bedeutete.
Der harte Kern der Lugansi schien auch wieder um einige Leute angewachsen zu sein, auf einem Transparent verkündeten sie dann auch optimistisch "Lugano mas Porno" und schwenkten ihre überdimensionalen Schwenkfahnen. Wir hatten dagegen schon Mühe, unsere Fahnen überhaupt ins Stadion zu bringen. Ein freundlicher, braungebrannter, aber sämtlichen Klischees eines Bodybuilder entsprechender Security, meinte unsere Fahnenstangen seien zu lang. Nach einigen typisch südländischen Diskussionen klappe es dann logischerweise doch noch.

Es konnte also losgehen, kurz darauf kamen die Minuten 13.-21, und die Heimmanschaft hatte drei Tore geschossen. Das Spiel war entschieden. Ein Gossauer Punktgewinn im Tessin war nun in etwa so realistisch wie eine Ehrenbürgerschaft Wladimir Putins in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Die Stimmung war dementsprechend auf dem Tiefpunkt, doch schnell kam die Erkenntnis, dass wir die Punkte ja verdammt nochmal nicht gegen die "High Society" der Liga holen müssen, sondern in La Chaux de Fonds, Nyon und Locarno.
So feierten wir unser eigenes "Festa Ticinesi" unter dem abendlichen Himmel des südschweizerischen Touristen Mekka. Da kamen keine Gedanken auf, wie masochistisch man eigentlich veranlagt sein muss, gegen ein 0:4 (es gab noch ein Eigentor in Minute 82) anzusingen, da wurde die Mannschaft trotzdem gefeiert, und Fahnen wurden geschwungen, und die letzten 15 Minuten sangen wir durchgehend das selbe Lied. Diese ganz spezielle Schluss-Viertelstunde in dem grossen Auswärtsblock in Lugano, war sinnbildlich für das einzigartige "NLB-Feeling" und rief bei einigen erhebliches Suchtpotential hervor.

Nachdem sich die Mannschaft am Schluss von uns verabschiedete, und wir sie für die kommenden Aufgaben aufzumuntern vesuchten, zogen wir noch in die Innenstadt von Lugano. Dort verköstigten wir auf der Piazza das eine oder andere überteuerte Touristen Bier, und liesen den Tag bei musikalischen Klängen langsam ausklingen, denn einige waren schon sehr, sehr, sehr Müde.

Sonntag Früh gings für uns Fussballfans zurück in die Ostschweiz, begleitet von einer anderen lustigen Spezies, den "Metallica Fans". Diese befanden sich auf dem Weg ans Konzert nach Jonschwil. Gekleidet waren sie in meist in Schwarz und verschiedentlich in T-Shirts mit Aufschriften wie z.b. "Schnupfer" oder "Metallica Red Lightning Tour 1994". Bepackt waren sie dementsprechend mit viel Schnupftabak, und natürlich wie es sich für Hardrock Fans gehört, mit einer gehörigen Menge Bier.

Doch zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehören keine Rockkonzerte in der Ostschweizer Provinz, auch kein "St.Galler Fest", das an diesem Wochende stattfand, aber auch kein "150 Jahre Stadtbühler Fest", das ich ebenfalls verpasste. Zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehören Fussball Reisen ins Tessin, auch wenn es dieses Mal eine deftige "Klatsche" gab.

PS: Dank an die Unterstützung aus Bern, Appenzell und aus dem Rheintal.Gossau Support ist Multikulti :-)
PS II: Ein Dank an die Leute vom FC G




4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der Hauptort (Hauptstadt) vom Tessin ist Bellinzona.

Gruss, der Klugscheisser

gossau-fen hat gesagt…

da sass wohl jemand bei der "pöstler-geografie" ganz weit vorne in der schule :-)

hast natürlich recht lukas, aber lugano ist halt irgendwie der "gefühlte" hauptort des tessin :-)

Anonym hat gesagt…

Die anonymen Klugscheisser sind die schlimmsten :-)

Lüku hat gesagt…

da will man nicht als klugscheisser dastehen und macht es extra anonym, ist aber trotzdem so fair es dem verfasser des blogs mitzuteilen und was folgt, ja genau, klares mobbing! ich mache nächstens einen gästeblog über internetverleumdung ;-)