Donnerstag, Juni 11, 2009

Der Polteri aus dem Rheintal

Glaubt man Gerüchten, sucht der FC St.Gallen händeringend nach einem Geldgeber für Hakan Yakin. Da gibt es wahrscheinlich, wie so oft in den letzten Jahren, Stimmen die nach Edgar Oehler's Portemonnaie rufen. Wie Oehler zu Geld gekommen ist, und wie er die Karriereleiter hochstieg, um sich nun wieder auf dem Weg nach unten zu machen, ist im nachfolgenden Text sehr treffend beschrieben:

aus der Zeitschrift links-Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen
"Edgar Oehler-eine vergeigte Provinzkarriere"
Autor Ralph Hug.
Der Chef des Arboner Küchenkonzerns AFG (Arbonia Forster Holding AG) ist schwer angeschlagen. 15 Jahre nach seiner Polit- ist nun auch seine Wirtschaftskarriere am Ende. AFG-Chef Edgar Oehler (69) muss dieses Jahr noch seinen Hut nehmen---Kann das gut gehen? Das fragten sich Beobachter angesichts der wilden Expansionsstrategie der Arbonia Forster Holding AG (AFG) schon lange. Ego-Kiefer, Piatti, Miele, Aqualux – Oehler akquirierte Firmen am laufenden Meter und verleibte sie dem Arboner Küchenkonzern ein. Jetzt hat sich ein Schuldenberg von 423 Mio. Franken angehäuft. Die Kreditgeber fürchten um ihr Geld und haben Oehler gestoppt: Er muss innerhalb eines Jahres „im Sinne einer umfassenden Nachfolgeregelung“ den Sessel als Alleinherrscher räumen. Zwar bleibt der 69-Jährige Verwaltungsratspräsident, doch seine Ära ist vorbei. Vom «Sturz des Küchen-Königs» (SonntagsZeitung) ist die Rede und davon, dass Oehler in seinem Machtrausch abzockerwürdige 4,3 Mio. Franken pro Jahr beziehe.

Die Legende vom Selfmademan

Stets strickte der Rheintaler an der Legende vom Selfmademan, der vom einfachen Gipser zum Multimillionär aufgestiegen sei. Das Gegenteil ist richtig. Oehler brauchte nie zu darben. Sein Vater betrieb in Balgach ein Malergeschäft und hielt Immobilien. Dem Sohn hinterließ er ein gemachtes Nest. Als Student reiste Oehler im Porsche zu den Vorlesungen an die Hochschule in St.Gallen. Bereits mit 24 Jahren konnte er sich ein stattliches Eigenheim mit Sauna und Hallenbad errichten. Als Ziehsohn von CVP-Bundesrat Kurt Furgler standen ihm politisch alle Türen offen. 1971 wurde er mit 29 Jahren in den Nationalrat gewählt. Furgler war es auch, der ihn in den Chefredaktorsessel der katholisch-konservativen Tageszeitung «Ostschweiz» hievte, obwohl der Berufene von Journalismus keine Ahnung hatte. Oehler dankte es den Förderern, indem er sich als polternder Rechtsaußen betätigte. So gratulierte er dem chilenischen General Pinochet zu seinem Putsch gegen Allende, wurde Vorstandsmitglied des reaktionären ‚Hofer-Klubs’ Einsitz, und zog unentwegt gegen vermeintlich nützliche Idioten im Dienste Moskaus zu Felde.

Simple Parolen im Hauruckstil

Selbst eine vom Schweizerischen Buchhändlerverband organisierte Wanderausstellung mit DDR-Literatur war ihm für eine antikommunistische Attacke nicht zu schade. Als er 1980 an einem Kongress der World Anticommunist League in Taiwan ertappt wurde, behauptete er frech, er habe „mit diesen Leuten nichts zu tun“. Simple Parolen im Hauruckstil – das war Oehlers politisches Markenzeichen, mit dem er vor allem in der Ringierpresse gut ankam. Als Highlight ist sein Abstecher als Leiter einer Parlamentarierdelegation in den Irak zu Diktator Saddam Hussein im November 1990 unvergessen. Realpolitisch war der Trip zwecks Befreiung von Schweizer Geiseln zwar wenig ertragreich, doch der Boulevard hatte Oehler seither als ‚Kalif von Bagdad’ auf der Schlagzeilenliste, was dessen vor sich hindümpelnde Politkarriere am Leben hielt. Allerdings war der einstige Jungstar wegen seiner unberechenbaren Ausfälle schon zur parteiinternen Belastung geworden. 1985 wurde er aus der ‚Ostschweiz’ hinauskomplimentiert. Mit einer Fallbeil-Klausel zwang ihn die erneuerungsbedürftige St. Galler CVP 1995 nach 24 Amtsjahren zum Rücktritt aus dem Nationalrat.

Fast wie Blocher

Die Schmach des Rauswurfs und weitere Zurücksetzungen – er wurde nie für ein Regierungs- oder ein Ständeratsamt nominiert - dürfte Oehler nicht verwunden haben. Insofern gleicht sein Schicksal dem von Christoph Blocher, der vom Wirtschaftsestablishment abgelehnt wurde und darauf eine bis auf den heutigen Tag andauernde cruzada in eigener Sache startet. Auch Oehler hatte nun seine Mission: allen zeigen, dass er’s trotzdem kann. So ist sein unbedingtes Streben zum wirtschaftlichen Erfolg zu verstehen.Erste Avancen gingen in die Hose. 1985 holte ihn der Gründer der AFG, Jakob Züllig, in die Geschäftsleitung. Doch die zwei Dickschädel kamen nicht miteinander aus, einmal abgesehen davon, dass Oehler auch hier ein Leistungsausweis als Manager fehlte. Bei Saddam konferierte er nicht nur über Geiselbefreiung, sondern lobbyierte gleichzeitig für die schwer angeschlagenen Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein. Diese hatte ihn kurz zuvor als «Generalbevollmächtigten» an Bord gehievt. Auch hier reüsssierte Oehler nicht. Schließlich heuerte 1990 die Tabaklobby den Nichtraucher Oehler als Lobbyisten an – ein Fall von beschränkter Glaubwürdigkeit. Erst 1996 schaffte er aufgrund alter HSG-Seilschaften den Einstieg ins wahre Unternehmertum, indem er die Hartchrom AG in Steinach übernahm. Sowohl das patronale Alleinregime als auch die aggressive Ausbaustrategie wurden dort erprobt, bei Schönwetter. Jetzt, in der Krise, offenbaren sich bei AFG die Risiken einer solchen Haudrauf-Politik. Im Rückblick gesehen, stieg Oehler als einst wohlbehüteter CVP-Schützling nach einer medial applaudierten Irrfahrt in Politik und Wirtschaft erst spät in die Gilde der von einer kritiklosen Presse umjubelten Wirtschafsführer auf. Als rastlos herumjettender, im kleinbürgerlichen Arbeiter-Ethos gefangener Konzernchef, suchte er seinen Anerkennungsdurst zu stillen. Die kumpelhafte Art und das Fehlen jeglichen Dünkels ließen ihn in breiten Kreisen zum bewunderten Erfolgsmenschen werden. Als Sponsor des Fussballclubs St.Gallen ist er in aller Munde. Doch nun ist definitiv Götterdämmerung angesagt.

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