Sonntag, März 30, 2008

FC St.Gallen : Grasshoppers Zürich 0:2




NLA
Stadion Espenmoos
11'300 Zuschauer (ausverkauft)

Südkurve Espenmoos, das Epizentrum der treusten FC St.Gallen Fans, Schmelztigel der Emotionen, der Leidenschaft, der vielen Entäuschungen und der oftmals euphorisch gefeierten Siege. Der fast schon sagenumwobene, aber gewiss schon jetzt legendäre Fansektor der FC SG Fanatiker. Die Kurve war über Jahre der Treffpunkt, von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus St.Gallen und Umgebung, aus dem Rheintal, aus dem Toggenburg, aus dem Thurgau und sonst wo her. Hier trafen sich viele mit ihren Kollegen, hier gingen einige das erste Mal, losgelassen von den Eltern, in den Ausgang, hier tranken Leute ihr erstes Bier, hier entfachte der FC St.Gallen bei einigen die grosse Leidenschaft für den Fussball, und vorallem die Leidenschaft für die Grün-Weissen. Nicht nur Jugendliche treffen sich aber hier, obwohl manchmal Gäste-Fans gerne von einem Kindergarten oder sonstigem Singen. Es gibt auch ältere Semester die sich unter das junge Publikum mischen. Eine vollschlanke Taxifahrerin aus Gossau erzählt mir stolz, dass sie öfters hier stehe und letztens sogar mit dem Zug beim Auswärtsspiel in Bern war. Mein ehemaliger Chef steht nicht unweit von ihr, und einige Eltern haben mit ihrem Nachwus am Rande der Kurve ihren Platz gefunden. Es gibt sie aber auch immer noch, die FC St.Gallen Fans in Kutten, diesem Fanüberbleibsel aus den Achtziger Jahren, irgendwie ist die Zeit an ihnen spurlos vorbeigegangen. So spurlos wie auch an der Südkurve des Espenmoos die Zeit vorbeiging. Es hat sich kaum was verändert in den letzten Jahren...

Lange war ich nicht mir hier, die drei-vier St.Gallen Spiele die ich in einer Saison jeweils verfolge, schaue ich vornehmlich von der Gegengerade aus, wo die Zuschauer manchmal ähnlich heissblütig den FC St.Gallen unterstützen wie in der Südkurve, doch sicher einen Tick weniger fanatisch und der Alterschnitt ist im Sektor Blau auch um einiges höher, als im Süden des Stadions.
Wir zwängen uns kurz vor Spielbeginn in einen nicht so überfüllten Ecken der Südkurve, das Stadion ist ausverkauft, die Stimmung gut, das Wetter herrlich. Die GC Fans verkünden auf einem Spruchband, dass die "Heugumperplage" ausgebrochen sei. Die St.Gallen Fans produzieren ebenfalls eine Choero. Eine Mitarbeiterin verkündete mir bereits am Vortag bei der Arbeit stolz, dass ihr 18-jähriger Sohn, beim Spiel gegen die Grasshoppers, früher ins Stadion müsse, weil er noch eine Choreo vorbereiten müsse. Die Choerographie scheint zu klappen, die meisten Zuschauer halten sich an die Anweisungen "Blätter hochhalten"! die überall in der Südkurve aufgehängt wurden. Danach startet der FC St.Gallen wie die Feuerwehr, vom ausverkauften Espenmoos angefeuert kommen sie bereits nach Sekunden zur ersten grossen Torchance, die sie aber vergeben. Ein Kollege besorgt uns ein Bier. Er bestellt es durch ein Loch im Zaun hindurch, beim Bierstand 2 Meter unter uns, das funktioniert um einiges besser, als die Versorgung der durstigen Zuschauer beim letzten Länderspiel im "EM Halbfinal Stadion St.Jakob". Das Herz eines unverbesserlichen Fussballnostalgiker, schlägt natürlich beim Anblick solcher unkonventionellen Lösungen, wie hier im Espenmoos, höher. In der Zwischenzeit trifft der GC zum 1:0, Entäuschung breitet sich aus, doch die Mannschaft wird weiter angefeuert, danach folgt das 2:0 und jetzt ist wohl der Gedanke über einen möglichen Abstieg der Grün-Weissen, bei einigen Fans wieder sehr präsent. Die Stimmung flacht ab. In der Pause erblicke ich einige bekannte Gesichter, bei den provisorisch wirkenden Sanitärenanlagen und bei den stark frequentierten Bierständen nebenan. "Dä Scheiss chasch jo nöd luege, die zweit Halbzit lueg i nüme" meint einer zu mir, im gleichen Atemzug fragt er aber auch, ob ich nicht nächste Woche auch nach Neuenburg mitkommen möchte? Er hat also die Hoffnung auf den Nicht-Abstieg noch nicht aufgegeben, und wird sich wohl auch diese 2.Halbzeit noch angeschaut haben. Ich sehe weitere Leute die ich kenne, auch Personen die mal jahrenlang nicht mehr hierhin durften, aber sehnsüchtig wieder zurückgekehrt sind. In der zweiten Halbzeit, verabschieden sich die GC Fans, vom Espenmoos. Sie verkünden auf Spruchbändern "Än Figg uf de Modern Fussball" und nach einem "Goodbye Espenmoos", nehmen sie wehmütig auf die "Ultra-Art" Abschied vom Espenmoos. In der Südkurve werden noch letzte Versuche unternommen, die Mannschaft nach vorne zu treiben. Man merkt allerdings schnell, heute wird das nichts mehr. Dafür machen sich einige einen Spass daraus, Richardo Cabanas bei den Eckbällen mit einer Bierdusche zu "beschenken", auch das gehört zum Espenmoos, diese Nähe von den Fans zu den Spielern. Poralisierende Spieler wie Cabanas und Co. werden froh sein, dass sie in Zukunft nicht mehr ins Espenmoos kommen müssen, rsp. nicht mehr mit Schützengarten Bier geduscht werden.


Das Spiel ist aus, man sieht entäuschte Gesichter, denen es vor Barrage Spielen gegen den FC Wil graut. Beim Stand der St.Gallen Ultras werden Ivan Zamorano T-Shirts verkauft, einer der treusten FC SG Fans meint zu mir "Jetz wirds glaub nünd mit dem UI-Cup"...
Ja er hat Recht, es ist wohl so, es geht nun endgültig und ganz einfach nur noch darum, den Abstieg zu vermeiden. Nachher fahren wir mit dem Bus in die Innenstadt, die voller Leute mit Grün-Weissen Schals ist. Trotz der Niederlage werden die Schals noch mit einem gewissen Stolz getragen. Die Mentalität, eine ganz andere als beim Event Publikum in grossen Stadien und bei mächtigen Vereinen, desen Anhänger auch nach Siegen lechzen, aber bei Niederlagen schnell verschwinden und die Merchandising Fanartikel beiseite legen.

Am Tag nach dem Spiel gehe ich morgens Joggen, mir fällt wieder mal auf wieviele Autos mit einem FC St.Gallen Wimpel ausgestatte sind. Ich bin kein FC SG Anhänger, trotzdem wünsche ich mir das dieser Verein den Klassenerhalt schafft, nicht wegen der unfähigen Führung, und nicht wegen der teilweise arrogant wirkenden Profis, nein wegen den Fans die ansonsten nächste Saison an einem Montag Abend, zum "Sinnlos-Live Spiel" von Star TV nach Delemont reisen müssten, für diese Leute und für die Region wünsche ich mir, dass der FC St.Gallen nicht absteigen wird.


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