Sonntag, April 18, 2010

FC Winterthur : FC Gossau 3:1


NLB
Stadion Schützenwiese
2'500 Zuschauer

Ein Bekannter erzählt seine Erlebnisse von einer Kundgebung gegen Kulturlandverlust beim Hardturm Zürich. Die Gewerkschaft Uniterre pflanzte auf dem brachliegenden Grundstück Kartoffeln und säte Sonnenblumen. Dass uns jemand bei einem Match des sozial engagierten FC Winterthur von einem Demonstrationszug berichtet, kann nicht wirklich überraschen. Der Club gilt als St.Pauli der Schweizer Fussballlandschaft. Obwohl der Vergleich mit dem Reeperbahn-Verein mittlerweile so abgelutscht ist, wie ein Erdbeer Glace an einem heissen Sommertag.
Schon beim Spaziergang zum Stadion fällt dem Besucher auf, dass hier kein ganz gewöhnlicher Verein spielt. Nicht nur die vielen individuell gekleideten Menschen, auch die exhorbitant grosse Anzahl Fahrräder vor den Toren der Schützenwiese fallen sofort auf. Dass hier nebst dem "benzinfreien" Verkehr auch Fussballkultur eine grosse Bedeutung hat wird ebenfalls schnell deutlich. In der Stadionbar liest man keine Boulevardzeitung mit grossen Buchstaben, sondern ein vorzügliches österreichisches Fussballmagazin. Zudem liegen "hippermoderne" Geldkarten und verkaufsfördernde Merchandising Shops an diesem Ort so fern, wie der "Discman" von einer grossen Zukunft.
Dieses alternative Ambiente vermochte die Gossauer Fussballer in den letzten Jahren allerdings nicht zu beflügeln. An einen Fürstenländer Punktgewinn erinnern sich wohl nur Leute, die auch noch Reden von General Guisan am Radio mitverfolgten. Am heutigen Tag wurde es auch nichts mit einem Sieg, oder einem Unentschieden. Nebst der Unfähigkeit des Gossauer Offensivpersonal lag das auch an einer starken Winterthurer Leistung in der zweiten Halbzeit.
So begutachten wir vom Gästeblock, am Fusse des Sulzer Hochhaus, die dritte Gossauer Niederlage auf der Schützenwiese seit dem Aufstieg 2007. Das heute leerstehende und ehemals grösste Hochaus der Schweiz entlockte unserem Bekannten die eine oder andere Anekdote. So wusste der langjährige, treue Winti Fan von einer Hausbesetzung zu berichten. Damals aus "Protest gegen die Luxussanierung von Wohnraum". Solche und andere Geschichten waren der wunderbare Start in einen launigen Abend.
Die "Libero Bar" wird von einer Genossenschaft getragen, und ihr Gewinn geht vollumfänglich in den Lohn der Mitarbeitenden und an den FC Winterthur. Fast schon selbstredend, dass man hier auf nette Menschen trifft. Da gab es Marko, einen gebürtigen Esten. Ein grosser Winterthur Anhänger und St.Pauli Fan. Sein Dialekt-Einschlag und sein grosser Durst konnten seine Herkunft aus der ehemaligen Sowjet Republik nicht ganz verbergen. Wie man aus Estland in die Schweiz kommt und ein fast schon verrückter Fan eines Zweitligsten wird, erklärte uns der symphatische Blondschopf natürlich ausführlich. Ein FC W Fan aus Deutschland erzählte weitere lustige Geschichten, ebenso wie unser Bekannter mit der legendärsten Frisur der NLB.
Ein Bier gab sich das Nächste, man hätte eine dritte Hand gebraucht. Gastfreundschaft ist bei diesem Verein nicht nur ein Wort aus dem letzten Türkei Urlaub. Fast schon peinlich berührt nahm jemand von unseren Leuten die Kollekte von 20.--Franken entgegen. Die Winti-Fans sahen, dass der Gossau Supporter einen rot-weissen Schal in der Libero Bar kaufte. Sie sammelten daraufhin und erstatten dem verduzten FC G Allesfahrer den Geldbetrag wieder zurück.
Irgendwann gegen Mitternacht machten wir uns mit einem wehmütigen Herz auf den Nachhauseweg. Sicherlich werden wir in der NLB die Kanterniederlagen nicht vermissen, auch Partien vor 150 Zuschauer gegen Le Mont sind kein Grund für sehnsüchtige Träume in der Nacht. Die Spiele auf der Schützenwiese, und die Begegnungen mit den Anhänger dort, daran werden wir uns allerdings schmerzvoll zurückerinnern, wenn wir nächsten November in Schötz unsere Aufwartung machen.

3 Kommentare:

Dänu hat gesagt…

ey, nichts gegen schötz! wobei selbst da die alte kilchmatte einem neubau weichen musste...

aber ganz klar, ich mag winti auch und vermisse die "schützi" von ganzem herzen.

D. hat gesagt…

Man muss aber noch erwähnen, dass die Kollekte für den Wintischal umgehend in einen 2. Wintischal investiert wurde. Nicht dass danach weniger Kopfschütteln herrschte, es musste einfach sein :-)

Abteilung für Tourismus und Gästebetreuung hat gesagt…

Ihr seid also jederzeit auf der Schützenwiese herzlich willkommen. Der FCW ist ja international ausgerichtet und deshalb auch für die Osterweiterung ;-) Vielleicht spielen wir ja in der 1. Liga mit unserer U21 in der gleichen Gruppe...