Montag, Juni 07, 2010

Von Khakpour bis zu seltsamen Korkenziehern

Fussball Weltmeisterschaft 1998. Die erste Reise an ein sportliches Grossereignis. Tickets für beliebige Spiele konnten man beim Schweizer Fussballverband problemlos bestellen. Alles natürlich noch per Post. Internet hatten nur priviligierte Haushalte und wohl schon gar nicht der SFV. Sportlich war die Nati in diesen Jahren ebenfalls soweit entfernt von einer WM-Teilnahme, wie Menowin Fröhlich vom Amt des deutschen Bundespräsidenten.

Kurz gehupt beim Vorbeifahren an der Stammkneipe, und schon waren wir unterwegs mit einem VW-Bus Richtung "Fronkreich, Fronkreich". Im Gepäck Karten für vier WM Spiele und den unentbehrlichen WM Reiseführer vom "Kicker Verlag". In Lyon machten wir das erste Mal Halt. Bei ortsüblichen Getränken feierten wir mit Campinggästen aus diversen Nationen das schöne Wetter und nicht zuletzt uns selber. Damals konnte man nämlich noch durchaus angeben mit einem Trip an eine WM, auch wenns nur ins Nachbarland war. Jedenfalls schulde ich meinem damaligen Schulleiter immer noch eine Ansichtskarte mit einem WM Sujet drauf.

Die erste WM Nacht hatte für unsere junge Crew schon schwerwiegende Konsequenzen. Das lag nicht unbedingt am schweren Kopf, als Folge von diversen Verköstigungen verschiedenster Alkoholika aus allerlei Teilnehmer Länder. Das wahre Problem lag darin, dass ein Besatzungsmitglied in der Nacht keinen Korkenzieher zu Hand hatte, und seit diesem Moment war eines endgültig klar, Autoschlüssel sind definitv nicht zum Öffnen von Rotweinflaschen geeignet.

Dank einem hochtalentieren Schlüsselservice-Künstler aus Algerien ging die Reise dann Gottseidank doch noch weiter. In allerbester Mr.Minit Qualität kopierte er uns einen neuen Schlüssel.
Da es mit dem Wein nicht klappen wollte, versuchte jemand aus unserer Gruppe an andere "Sinnverändernde" Stoffe zu gelangen. Leider (für ihn) ging auch das daneben, und bei der Beschaffungsaktion in einer dunklen Seitengasse übergab er sein Feriengeld einigen nett dreinblickenden Gestalten, ohne dafür den erhofften Gegenwert zu erhalten.

Die Stimmung war dementsprechend auf dem Nullpunkt. Allerdings entschädigte uns das Spiel Iran:USA für die bisherigen Unanehmlichkeiten. Im Vorfeld wurden wir von einigen Personen, als völlig verrückt erklärt ausgerechnet diesen Match zu besuchen. Die zwei politischen Erzfeinde spielten hier immerhin gegeneinander. Das Polizeiaufgebot war dementsprechend, und die Stimmung war vor dem Stadion äusserst angespannt. In der Stadt hingegen sangen wir für das iranische Fernsehen noch das Lied "d'Venus von Bümpliz" und werden wohl mit diesem Song mittlerweile Kultstatus in Theheraner Karaoke Bar's besitzen. (sofern es so ewas dort gibt)
Übrigens Im Stadion war es dann um einiges ungefährlicher als in einigen dunklen Seitengasse von Lyon. Unser WM Lieblings Spieler kürten wir ebenfalls in Lyon. Khakpour der iranische Weltklasse Verteidiger und prädestinierte Werbeträger von WC-Schüsseln

Weiter gings für unsere Gruppe nach Marseille, wo die Begegnung Brasilien:Norwegen anstand. Den Tag verbrachten wir an einem wundervollen Sandstrand in der Nähe der südfranzösischen Metropole. Im Stadion trafen wir dann unverhofft auf die ersten Schweizer während dieser Reise. Natürlich in Brasilien Trikots gekleidet, und selbstverständlich ausgerechnet auch noch aus Rorschach. Ziemlich deplaziert fanden sich die Touristen aus Helvetien im Norwegen Block wieder. In ihren Ronaldo und Romario Trikots durften sie den Fans aus dem hohen Norden ziemlich betröppelt zuschauen, wie diese den sensationellen Erfolg über den mehrfachen Weltmeister feierten. Das stand dann nicht im Reiseprospekt, dass Brasilien nicht gegen diese Stolperer aus Oslo gewinnt, gell.
"HEJA NORGE, HEJA NORGE"
Nach dem Besuch eines nächtlichen Open Air Konzerts am Strand von Marseille (das waren noch die Zeiten vor diesem Public Viewing ) gings noch in der Nacht weiter Richtung Paris. Dort wartete eines der sinnlosesten WM Spiele auf uns. Rumänien vs. Tunesien, aber man wollte halt auch mal dieses "Stade de France" begutachten, von diesem Bauwerk sprach damals schliesslich die ganze Welt. Der Match war zum Vergessen, einzig die vielen Nordafrikaner sorgten für Stimmung im weiten Rund. Danach gings weiter in die Pariser Innenstadt zum "Northern Ireland-Switzerland 2002" Verbrüderungs Trinken. Bekanntlich schafften allerdings weder die Nordiren noch die Eidgenossen die Qualifikation für das Folge-Turnier in Asien. Da nützten all die Trinksprüche in jener denkwürdigen Pariser Nacht nichts.

Frankreich war am anfänglich noch kaum im WM Fieber, dies änderte sich aber nach den ersten Siegen ihrer Mannschaft. Mein Bixente Lixarazu Trikot zog ich relativ schnell nicht mehr an, und das waren noch Zeiten in denen man ein Trikot im Hochsommer fünf Tage am Stück trug. Zu nervig waren die Schulterklopfer, denen ich mit meinen rudimentären Fremdsprachen Kenntnissen Red und Antwort stehen musste. Die Fahrt zum Achtelfinale Frankreich:Paraguay sparten wir uns dann aus verschiedensten Gründen. Dank der französischen Euphorie und einigen obskuren nordafrikanischen Ticketfeilschern sparten wir uns auch gleich die Reisekosten in die Schweiz.

Eine unvergessliche Woche lag hinter uns, mit direktem Weg gings an St.Galler Open Air wo die Ereignisse in gebührender Weise ihren Ausklang fanden.

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