Montag, Juni 14, 2010

England's Number One, England's Number One!

Ich telefoniere gerade mit meinen Schwiegervater. Er fragt, wer die Studiogäste beim Schweizer Fernsehen seien? Ich erkäre ihm, dass es sich dabei um den besten Freund von Köbi Kuhn, und um einen mir unbekannten ehemaligen Bundesliga Legionär handle (Johann Vogel+ein gewisser Daniel Gygax). Da sagt er aufeinmal "Da gits jo nöd!". Dabei meinte er nicht einmal die Gästeliste des Schweizer Fernsehen. Nein, seine Aussage bezog sich auf das Spielgeschehen. Der englische Goalie lässt einen harmlosen Ball passieren, selbst Elton John am Piano hätte diesen wohl locker stoppen können. "Englands Number one, Englands Number one", vor einigen Wochen war ich bei einem Heimspiel seines Clubs West Ham United. Dort skandierte der Fanblock einige Male diesen Lobgesang auf ihren Stammgoalie Robert Green.
"i was made in england" jedenfalls bleibt weiterhin kein Gütesiegel in der Torwartbranche.

Der bemitleidenswerte Keeper der Three Lions war also der Höhepunkt der bisherigen WM. Ansonsten viel magere Kost. Modisch und auch sonst fiel Diego Maradona auf. Ein elegante Mischung zwischen Mario Aadorf, Robert De Niro und einem leidenschaftlichen Fan-Capo verkörperte er am Rande des Rasens. ARD Experte Mehmet Scholl gab sich als grosser Verehrer des argentinischen Fussballgotts zu erkennen. Auf Maradonas Schwiegersohn im Team der Gauchos angesprochen, meinte der ehemalige Bayern Star. "Ich sage ja immer, Schwiegersohn müsste ich nicht mal sein, Hund von Maradona würde mir schon reichen". Überhaupt macht die Auswahl der Südamerikaner den charismatischten Eindruck am bisherigen Turnier. Mit ihren Frisuren könnten sie locker als Statisten in einer Fortsetzung von "Spiel mir das Lied vom Tod" mitwirken, wahlweise natürlich auch in einem Mafia Film. Sie verkörpern irgendwie einen Typus, der so gar nicht in dieses Konzept der Sepp Blatter Festspiele passt.

Nach dem herausragend Turnierstart ihres Erzrivalen aus Grossbritanien, wollte Deutschland ebenfalls schon von Beginn weg brillieren. Dies gelang ihnen überaus eindrucksvoll. Sprach man in den vergangenen Jahren öfters von "der Turniermannschaft" Deutschland, haben sie nun sogar noch den Begriff "Turnierspieler" erfunden. Treffen Klose und Podolski in ihren Vereinen etwa so regelmässig, wie in den jeweiligen Städten Oktoberfeste und Karneval stattfinden, überzeugten sie nun an dieser WM wieder mit Toren, Toren, Toren. Überhaupt scheint bei unseren nördlichen Nachbarn schon die grosse Euphorie ausgebrochen. Mit Bastian Schweinsteiger-the artist formerly know as Schweini- haben sie nun auch noch einen neuen Ballack.
Am Sonntag atmete ich dann richtiges WM-Feeling ein. In Konstanz stürmte eine sturzbetrunkener Slowene Nachmittags um 15.00 aus einem Döner Kebap Laden. Schreiend und jubelnd reckte er seine Fäuste gegen den Himmel. Bleibt die Frage, was um alles in der Welt einen Slowenen dazu bringt, das Spiel seiner Mannschaft auf einem kleinen Fernseher in einer Konstanzer Döner Bude zu verfolgen?

Die Schweiz spielt das erste Mal am Mittwoch. Von einer Euphorie sind wir hierzulande aber soweit entfernt wie Alex Frei vom 1.Platz in den amerkanischen Hip Hop Charts. Das Traumland vieler jungen Schweizer ist Australien. Ein längerer Aufenthalt in Down Under gehört zum hiesigen Lebenslauf wie eine berufliche Weiterbildung und der Autoprüfung mit 18 Jahren. Meine Befürchtung, am Mittwoch könnten sich die Spieler der Nati nach 90 Minuten ebenfalls anfühlen, als wären sie die Australier vom Deutschland Spiel. Es sei denn der Grandmaster Flash des Schweizer Fussballs schiesst uns doch noch zum Überraschungs Erfolg. Wer weiss...

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Meine Rede:
BERND TRAUTMANN: Ich würde Trainer Fabio Capello empfehlen: Nimm den jungen Joe Hart von Birmingham City, klopf ihm ermunternd auf die Schulter – und dann rein mit ihm ins Tor! Der Kerl wird vor Aufregung vielleicht zittern und trotzdem seine Leistung bringen. Da bin ich mir sicher.