Montag, April 23, 2012

Der April macht was er will...auch in Zürich (Marathon Zürich 2012)

Vor fünf Jahren war ich schon mal am Marathon in Zürich. Eigentlich war das damalige Erlebnis nicht so faszinierend, dass ich mir die 42,195km durch die grösste Stadt der Schweiz nochmals antun wollte. Die Atmosphäre an der Strecke kann nicht mit ähnlich grossen Frühlings-Marathons mithalten (z.b.Freiburg) das Startgeld ist aber "schweizerischen" Verhältnissen angepasst…

Aus terminlichen Gründen wollte ich aber unbedingt einen Marathon am zweitletzten April Wochenende machen. Linz, London und Zürich standen zur Auswahl. In der Stadt an der Themse war ich 2010 und die Ergatterung eines Startplatzes ist dort reine Glücksache. In der Stadt an der Donau war ich 2011 und daher wollte ich dieses Jahr nicht schon wieder dahin. Blieb also nur noch die eher ungeliebte Limmat-Variante übrig. Es gab allerdings auch positive Aspekte bei dieser Wahl. Mir blieben eine lange Reise und Hotelübernachtungen erspart, zudem gilt Zürich als schnelle Strecke.

Weiterer Anreiz eines "Heimrennen" ist, dass man viele bekannte Gesichter trifft. Allerdings habe ich diesen Aspekt bei meiner zeitlichen Planung nicht mit einberechnet. Einige interessante Gespräche später, bleiben nur noch wenige Minuten bis zum Start des 10.Zürich Marathon. Das Aufwärmprogramm fällt dementsprechend kurz aus, was allerdings bei dieser Laufdistanz nicht weiter tragisch ist.


Kurz vor 8.30h, als sich die Sportlermeute vor der Startlinie besammelt, meint ein Bekannter zum mir:"Traumhafte Bedingungen für einen Marathon". Ich stimme ihm zu. Trockenes Wetter, wolkenverhangener Himmel und ca. 10 Grad, Läuferherz was willst du mehr? Nur etwa fünfzehn Minuten später sieht das Ganze schon ganz anders aus. Heftiger Wind und viel Regen sorgen bei den über 3'000 Läufer/innen für reichlich Frust. Es gelingt mir zwar einigermassen einen gleichmässigen Kilometer Schnitt zu laufen, aber der Kräfteaufwand ist immens. Anfangs laufe ich im Schlepptau von Jasmin Nunige. Die fantastische Bergläuferin (u.a. Siegerin des K-78 Swiss Alpine Marathon) scheint mit ihrem Tempo eine Zeit von 2.44.xx zu avisieren. Bewundernswert, wenn man bedenkt, dass bei der Davoserin im letzten Jahr Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert wurde.

Ich merke allerdings nach etwa 8 Kilometer, dass ich das Tempo von Nunige auf Dauer nicht halten kann. Um meine Moral ist es zu diesem Zeitpunkt nicht zum Besten bestellt. Meine Frau will mir netterweise bei Kilometer 12 ein trockenes Laufshirt reichen, ich winke aber aufgrund des Zeitaufwandes ab. Klitschnass mache ich mich also auf den Weg, den Zürichsee entlang nach Meilen. Es folgt nun die schwierigste Phase des Rennens, einerseits werde ich mehrfach überholt, anderseits sinkt mein Kilometer Schnitt auf ca. 4.00min/km. Die schwierigen äusseren Bedingungen gilt es nun möglichst zu ignorieren. Den Halbmarathon laufe ich in 1h 23min. Dies entspricht in etwa meinen Erwartungen (Endzeit ca. 2h 50min). Durch die Auswertungen meiner Trainingsergebnisse war mir vor den Rennen bereits klar, dass ich nicht ganz den Formstand des letzten Jahres habe. 2011 lief ich in Frankfurt und Linz jeweils nach 2h 47min durchs Ziel. Im diesen Frühling konnte ich aufgrund diverser Verpflichtungen meinen Trainingsaufwand nicht im gleichen Masse aufrecht erhalten (ca. 70-80 Kilometer in der Woche).


Nach 25 Kilometern folgt in Meilen der Wendepunkt des Marathon. Der Zürcher Vorort ist neben der Bahnhofsstrasse der stimmungstechnische Höhepunkt dieses Marathons. Wir Läufer durchlaufen hier ein Zelt und werden lautstark angefeuert. Der Frust folgt aber nur wenig später. Der Gegenwind auf dem Rückweg bläst sehr heftig. Ein Gefühl, als ob man gar nicht mehr vorankommt. Das kann ja heiter werden, denke ich für mich. Gott sei Dank schlägt das Aprilwetter nun um. Der Regen hört auf und auch der Wind lässt nach. Das Laufen fühlt sich ziemlich gut an. Ich überhole wieder mehrere Läufer. Auf der Gegenseite befinden sich die Läufer/innen auf dem Weg nach Meilen. Viele Gesichter sind gezeichnet von den Strapazen und Wetterkapriolen. Mein Kilometer Schnitt pendelt sich nun zwischen 4.04-4.07km/min ein. Herrliberg kommt bei Km 32, unweigerlich kommen die Gedanken auf einen Ex-Bundesrat. Ich laufe ein ziemlich einsames Rennen, am liebsten würde ich mich einer kleinen Gruppe anschliessen. Nur einmal bei Km 33 bietet sich dazu die Möglichkeit, allerdings sind die 5 Läufer zu schnell. Ich bin froh, als ich bei Km 35 meine Familie sehe. Cola, Gel und ein Isostar-Shot werden mir gereicht. Diese Unterstützung kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, die Kilometer 34-37 sind meine Langsamsten (4.10km/min). Ich laufe aber nicht in den sogenannten "Hammer". Im Gegensatz zu meinen zwei letzten Stadtmarathon Läufen bleibt mir das an diesem Tag erspart. Ab Km 38 drehe ich nochmals auf. Was für ein geniales Gefühl, unweigerlich kommen meine Gedanken an London 2010. Dort gelang mir ein ähnlicher Schlussspurt. Seit langer Zeit schaue ich nun wieder einmal auf die Uhr. Ich sehe das mit einer Effort Leistung sogar noch eine Zeit von 2h 49min xx drinliegt. Die letzten Kräfte werden mobilisiert. Ein Bekannter feuert mich kurz vor dem Ziel an. Die Sonne strahlt, die Beine schmerzen, das Ziel ist nah. In 2h 50min 09 Sek bin ich sprichwörtlich am Ende. Knapp hinter dem ehemaligen Radprofi Fabian Jeker überquere ich die Ziellinie. Unter 2494 klassierten Männern ist das der 77 Rang, in meiner Alterskategorie bin ich auf dem 15 Platz rangiert (587 Finisher).

Die Verpflegung am Ziel ist ein wenig dürftig. Wasser, Apfel und Rivella. Die meisten Schweizer Marathon Veranstalter schaffen es leider trotz üppigem Startgeld nicht, ein reichhaltiges "Buffet" anzubieten...Schade.


Meine Familie nimmt mich in Empfang, ich tausche mich mit einigen Läufern aus. Die meisten beklagen das schlechte Wetter, viele verlieren 2-3 Minuten auf ihre persönlichen Bestzeiten. Die warme Dusche entschädigt nun für die Mühsal der letzten 42,195km. Einige schlottern, für kälteempfindliche Läufer war heute kein guter Tag.

Das Schlussfazit nach meinem 19. Marathon. Negativ ist sicherlich, dass ich so knapp über 2h 50min gelaufen bin, schlecht war natürlich auch der viele Gegenwind und der Regen. Ich nehme aber mehrheitlich positive Dinge mit in das Laufjahr. Es gelang mir einen relativ ausgeglichenen Marathon zu laufen, ohne nennenswerte Krisen. Trotz schlechter Bedingungen konnte ich meine drittbeste Marathon Endzeit erzielen. Wahrscheinlich "wäre" bei normalen Bedingungen sogar eine Zeit um 2h 47min dringelegen. Es ist allerdings müssig darüber zu spekulieren.

Ich freue mich nun auf meinen 20.Marathon, dieser findet in gut zweieinhalb Monaten in Stockholm statt. Es wird ein ganz spezieller Lauf, genau 100 Jahre nach dem Olympia Marathon von 1912.

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