Montag, Oktober 11, 2010

Montenegro : Schweiz 1:0


EM-Qualifikation 2012
Montenegro : Schweiz 1:0
Buducnost-Stadion
12'700 Zuschauer

Gegensätzlicher könnten zwei europäische Länder kaum sein. Auf der einen Seite, die reiche Schweiz mit ihrer florierenden Wirtschaft und den fruchtbaren Landwirtschaftsflächen. Auf der andere Seite das arme Montenegro mit kargem Boden, wo das wenige Geld vorallem im Tourismus und in der Dienstleistungsbranche verdient wird. Nur gerade 672'000 Einwohner leben in diesem sonnigen Kleinstaat an der südöstlichen Adriaküste. Da kann es kaum überraschen, dass der Cousin von Elsad Zverotic (FC Luzern), auch gleichzeitig ein Cousin von Anes Zverotic (Ex-FC Gossau, jetzt FC Tuggen) ist. Aufgrund der verwandtschaflichen Unterstützung für den Nationalspieler Elsad fliegt dieser Cousin nach Podgorica. "Er führe eine Café Bar in Zürich. Für ein paar schöne Tage in seiner Heimat konnte er sich aber ausnahmsweise freinehmen", meint der positiv gestimmte Mann aus dem Zverotic-Clan. "Ein Hotel besorge er sich aber erst vor Ort, dies sei erfahrungsgemäss zuverlässiger und günstiger."

Viele in der Schweiz geborene Montenegriner reisen für dieses Länderspiel zurück in ihr Vaterland. Die Euphorie ist gross nach zwei Siegen zum Start in die EM-Qualifikations Kampagne. Ihr Optimismus im Hinblick auf das Duell gegen die Eidgenossen ist nicht ganz unberechtigt. Verfügt das Balkan-Land doch mit Mirco Vucinic über einen Fussballer von Weltklasse-Format. Einen Status den seit längerer Zeit kein Schweizer Kicker erreicht hat. Mit viel Stolz berichtet ein Taxifahrer, der uns vom Flughafen Podgorica ins Stadion fährt, von den grossartigen Spielern seines Landes. Dejan Savicevic und Predag Mijatovic sind die sportlichen Legende dieses jungen Staates. Vucinic vs. Frei, Savicevic vs. Heinz Hermann. Der Pendel im Vergleich der Gegensätze schwenkt mit Blick auf das fussballerische Talent eindeutig zu den Südosteuropäern.

Ähnlich unterschiedlich wie die Taxifahrt-Preise in Podgorica und Zürich, sieht auch die Fankultur der beiden Nationalmannschaften aus. Während sich die Einheimischen mit Bengalen und Fackeln vor dem Stadion auf das kapitale Spiel einstimmen, läuft ein Anhänger der Schweizer im Kuh-Kostüm Richtung Gästesektor. Diese eigentümliche Verkleidung amüsiert auch die stiernackigen Polizisten im Block der Auswärtsfahrer. Vorallem der künstliche Euter vor dem Gemächt des Schweizer entlockt den Sicherheitskräften einige Sprüche. Trotz fehlender Kenntnis in der serbokroatischen Sprache, sind die zweideutigen Witze sinngemäss durchaus nachvollziehbar. Im kühlen Wind des Buducnost Stadion zaubern die Gäste den Montenegrinern auch während der Partie ein Lächeln ins Gesicht. Einer indiskutablen Leistung der Hitzfeld Elf steht ein kämpferisch herausragender Auftritt der Mannschaft von Zlatko Kranjcar gegenüber. Angefeuert von fanatischen Supportern erzielt Mirco Vucinic den Siegtreffer für die Südosteuropäer. Beim Torjubel zieht der AS Roma Legionär die Fussballhose über den Kopf. Ein modischer Kopfschmuck, der auch jedem Schweizer Spieler dauerhaft gut gestanden hätte. Das Auf und Ab unter der Ägide des Löracher Erfolgstrainer erinnert an die hüglige Landschaft in Montenegro, allerdings derzeit eingehüllt in dichtem Schweizer-Mittelland Nebel.

Einige finstere Gestalten in Trainerhosen gekleidet scheinen sich bei den Gästen für die drei Punkte bedanken zu wollen. Die Schweizer Anhänger hegen allerdings andere Interessen. Sie ziehen nach dem Spiel zum preiswerten Nikšićko-Bier in eine der vielen Kneipen des Stadtzentrum. Dort feiern Sieger und Besiegte kollektiv die launige Freitag Nacht. Die Hauptstadt von Montenegro hiess ehemals Titograd, benannt nach dem früheren jugoslawischen Staatspräsident Josip Brzo Tito. Mit sozialistischer Disziplin wird auch heute noch das Nachtleben beendet. Pünktlich um 03.00 verlassen die Einheimischen die Lokale und Clubs. Sehr zum Bedauern der angereisten Schweizer Touristen. Noch stundenlang hätten sie sich mehr oder weniger ungelenk tanzend dem Balkan-Pop hingeben können. Das abprubte Ende der berauschten Nacht verwunderte manch einen mehr, als die Niederlage gegen die kleine, aufstrebende Fussballnation. So blieb nur der Gang ins Hotel übrig, dass in einigen Fällen so nicht gebucht war, aber günstiger wurde als gedacht.

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